Allgemein, Neulich im Norden, Norddeutschland, Ostsee, Ostseeküste, Reisen, Schleswig-Holstein, Wandern
Kommentare 16

Einmal im Leben: die Ostseeküste von Schleswig-Holstein

Ostseekueste

Was würde ich jemandem empfehlen, der nur einmal in seinem Leben an die Ostseeküste von Schleswig-Holstein reist? Darüber habe ich wahnsinnig lange nachgedacht. Es war kniffliger als die Top 10 an der Nordseeküste von Schleswig-Holstein. U.a. weil die Ostsee vielfältiger ist und durch  Förden, Buchten und Halbinseln auf eine Küstenlinie von 536 km kommt (von denen sich zudem schrecklicherweise beinahe jeder Meter lohnt).

Aber alles geht ja nicht. Laut aktueller Tourismusanalyse der Stiftung für Zukunftfragen, verbringt der klassische Ostseeurlauber in Schleswig-Holstein 11 Tage. Daran habe ich mich orientiert. Den 11. nehme ich zur Hälfte für Lübeck, wo´s los geht und zur anderen Hälfte für Flensburg, wo die Reise ihr Ende findet. Dazwischen spielt sie sich dann also ab, meine vollkommen subjektive

 

Top Ten an der Ostseeküste von Schleswig-Holstein – ein Abenteuer

 

Nicht jeder hat Schleswig-Holsteins Ostseeküste direkt vor der Haustür. Genau wie nicht jeder den Norden als Lieblingsrichtung definiert. Falls ein Urlaub hier oben für Dich also eine „once in live time“-Sache ist, empfehle ich Dir, zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen. An der Ostsee ist das, was zwischen den Hot-Spots liegt, das Allerbeste und da kommt man nicht immer mit dem Auto ran; selbst mit dem Rad nicht. Du kannst Dich gleich zu Beginn Deiner Reise davon überzeugen. Sie startet am Strandbahnhof von Travemünde.

 

Tag 1: Wanderung von Travemünde nach Timmendorf et al.

 

Wenn Du am Strandbahnhof von Travemünde geradeaus der Lindenallee folgst, erreichst Du nach einigen hundert Metern die Kurpromenade. Dort wendest Du Dich nach links – und gehst ab sofort nur noch geradeaus, d.h. an der Wasserkante, was wiederum bedeutet, dass Du Dir wenig Gedanken um die Wegführung machen musst. (Praktisch: Du musst Dir diese Wegbeschreibung nur einmal merken. Sie gilt nämlich für fast alle Wanderungen in den kommenden 10 Tagen).

 

Travemuende

 

Am Anreisetag ist es ja immer nett, nicht allzu weite Strecken vor sich zu haben, darum reichen für heute 10 – 15 km, je nachdem, wo Du Unterkunft nimmst. Bis dahin hast Du einen wunderbaren Panormaweg vor Dir – oberhalb des Brodtener Steilufers.

 

 

Nachmittag, Abend und Nacht verbringst Du eher familiär in Niendorf, etwas schicki-micki-mäßiger in Timmendorf oder mit richtig viel Halli Galli in Scharbeutz. Wobei für alle drei Orte gilt: nirgends ist Schleswig-Holstein so überlaufen wie in diesem Teil der Lübecker Bucht.

Sie gehört trotzdem und gerade dazu, wenn man einen authentischen Eindruck haben möchte. Und das will man ja in der Regel auf Reisen. (Es ist auch gar nicht so verkehrt, am ersten Tag noch die volle Auswahl an Unterkünften und Nightlife vorzufinden – und Restaurants, deren Küchen nach 21.00 Uhr noch geöffnet haben. So bleibt es nämlich nicht.)

 

 

Du solltest dennoch nicht zuuuuuu spät zu Bett gehen, denn auf Deine ersten Nacht an der See, folgt der erste Morgen – und der ist überhaupt das Größte, weil Du in den Sonnenaufgang schwimmen kannst. Etwas, das Du unbedingt zum täglichen Ritual auf diesem Trip machen solltest.

 

morgens am Meer

In den Sonnenaufgang schwimmen

 

Mach Dich danach – idealerweise vor 09.00 Uhr (also bevor der Strand sich wieder füllt) – auf die Socken zum nächsten Bahnhof und nimm den nächsten Zug auf die Halbinsel Wagrien; konkret nach Oldenburg. Dort steigst Du in den Bus. Du schneidest jetzt leider Fehmarn ab, was bedauerlich ist, aber es geht hier ja um die Küste und nicht um Inseln. Und überhaupt: hang loose.

 

Tag 2: Chill mal dein Leben in Holyharbour

 

Heiligenhafen verwandelte sich in den letzten Jahren vom leicht verschnarchten Urlaubsort zum Hot-Spot für Surfer, Kiter, Segler und andere Beachbewohner. Lass es Dir hier einen Tag lang gut gehen. Unbedingt lohnen sich kurze Abstecher zum Hafen, dem Graswarder und der Seebrücke.

 

Graswarder

Blick auf den Graswarder

 

Du hast Fehmarn übrigens von Heiligenhafen ganz gut im Blick, so dass die Insel Dir sicherlich auch im Sinn bleiben wird – bis Du sie irgendwann mal selbst bereist. Es mag nämlich sein, dass Dir jetzt schon dämmert: Du wirst eventuell doch noch ein zweites Mal in Deinem Leben an die Ostseeeküste von Schleswig-Holstein reisen wollen.

 

Heiligenhafen

Ausblick

 

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass Du Dich am nächsten Morgen mit einigem Bedauern auf den Weg machst. Aber das gibt sich, wenn Du über den Steinwarder zur Steilküste gelangst. Denn jetzt wird es endlich deutlich einsamer. Es kann Dir passieren, dass Du über längere Zeiträume kaum eine Menschenseele triffst. Wie viele der insgesmat 32 km Du wanderst, ist von Deinem Fitnessgrad abhängig. Es kann beschwerlich sein, am Strand zu laufen und Militärgelände zwingen hier und da zu Umwegen ins Landesinnere, was auch nicht ganz ohne ist, da hügelige Ausläufer die Holsteinische Schweiz ankündigen.

 

Tag 3: Bis nach Hohwacht oder so weit die Füße eben tragen

 

Du hast an verschiedenen Punkten die Möglichkeit, einen kleinen oder größeren Teil der Strecke mit dem Bus zu fahren. Du kannst Dich auch gleich ganz kutschieren lassen. Hauptsache Du landest irgendwann in Hohwacht, einem der beliebtesten „Geheimtipps“ der Ostseeküste. Somit ist Hohwacht zwar Nullkommanull geheim – liegt aber eben etwas ab vom Schuss (bzw. der Autobahn) und deshalb geht es dort ruhiger zu.

 

Howacht

 

Daneben ist Hohwacht mit seiner bewaldeten Steilküste auch superschön und überaus charmant. Noch immer gilt die Bauvorschrift: kein Haus darf die Bäume überragen. Ein wunderbarer Ort für einen kleinen Nachtspaziergang in einem der Naturschutzgebiete, die an Hohwacht grenzen.

 

Reiher

 

Nach so viel Training für die Beinmuskulatur ist am folgenden Tag Kontrastprogramm angesagt. Rudern, Paddeln oder irgendetwas anderers, das unterwärts schont und die Arme kräftigt. Daher steht ein Exkurs in das Land der 200 Seen an. Mit dem Bus geht es über Lütjenburg in die Holsteinische Schweiz; wenn man nur einen Tag hat, am besten nach Plön.  Die Sommerresidenz des dänischen Königs Christian VIII verfügt über alles, was herrlich altmodisches Seevergnügen ausmacht.

 

Tag 4: Ab auf den Großen Plöner See

 

Die Holsteinische Schweiz wird von Vielen nicht angemessen geschätzt. Das wiederum freut die Wenigen geradezu diebisch, die sich an, auf und in ihren Seen bewegen. Schwimmend, im Kanu, auf dem SUP-Board oder im Rahmen der beliebten 5-Seen-Rundfahrt auf einem old school-Ausflugsdampfer; hier solltest Du den Tag regelrecht vertändeln.

 

Ploener See

 

Noch so eine gute Sache an Plön: Es gibt einen Bahnhof (was längst nicht selbstverständlich in Schleswig-Holstein ist). Umso besser für die Weiterfahrt, mit der man sich am nächsten Tag auch gar nicht groß stressen muss. Es reicht, wenn Du gegen Mittag in Kiel einläufst.

 

Tag 5: Marineblau: Kieler Förde und Laboe

 

Aus dem Hautbahnhof stolpert man im Grunde direkt auf den Anleger der Fähren, die hier zum ÖPNV gehören. Ihre gigantischen Kollegen, die sich Nacht für Nacht nach Schweden, Norwegen oder Litauen aufmachen, ankern in der Nachbarschaft und wecken Lust auf große Fahrt zu gehen. Wie überhaupt ganz Kiel Fernweh generiert, wie keine andere Stadt im Land.

 

u-boot-ehrenmal

 

Ich empfehle Dir trotzdem nur die Schiffsreise nach Möltenort. Vom dortigen U-Boot-Ehrenmal (Besuch kostenfrei) bis zum brachialen Marine-Ehrenmal in Laboe (kostenpflichtig, aber eben auch absolutes must-see) liegen 5 tolle Fördeuferkilometer, die Du Dir nicht entgehen lassen solltest. Übernachte am besten direkt in Laboe.

 

Tag 6: Zurück in die Einsamkeit – der Dänische Wohld

 

Pünktlich zur Halbzeit verlässt Du Holstein und lässt Dich von der Fähre ins Herzogtum Schleswig schaukeln. Konkret nach Strande, einem kleinen Ostseebad auf der Halbinsel Dänischer Wohld. Hier kannst Du eine richtig tolle Etappe auf dem Fernwanderweg E1 nach Eckernförde laufen. Ein Sahneschnittchen, weit weg von Autolärm, mit Stränden und Steilküsten, Knicks, Wiesen, Wäldern und Feldern und immer mal wieder Kleinst-Badeorten.

 

 

Superduperwahnsinnswanderer schaffen die gut 35 km an einem Tag. Normale Menschen brauchen zwei. Über Nacht zu bleiben, wäre ohnehin eine gute Idee. Nur grenzte es schon an ein Wunder, wenn Du eine nette Unterkunft für eine Nacht finden würdest. Es gibt hier fast gar nichts – außer Campingplätze. Deshalb hältst Du es am besten so, wie schon zwischen Heiligenhafen und Hohwacht. Die Busse fahren zwar nicht gerade im 10-Minutentakt auf dem Dänischen Wohld, aber die Strände sind so schön, dass die Wartezeit keine große Last darstellt. Übernachtung in Eckernförde.

 

Tag 7 An den Ufern der Schlei

 

Der Tag beginnt mit einer Busreise nach Sieseby, wo meiner Meinung nach Rosamunde Pilcher geboren sein muss. Oder zumindest der ZDF-Location-Scout für die Pilcher-Verfilmungen. Über einen Rad- und Wanderweg läufst Du 8 km immer am Ufer der Schlei (bei der es sich nicht um einen Fjord handelt, sondern um einen Meeresarm) bis nach Sundsacker. Dort setzt die Fähre nach Arnis über; kleinste Stadt im Land, zauberhaftester Ort an der Schlei und exzellenter Platz zum Bleiben.

 

Lebensfreude

Lebensfreude

 

Kappeln ist aber auch nicht schlecht. Am besten machst Du es von Deinem Bio-Rhythmus abhängig, ob Du in Arnis bleibst oder weitere 4 km – nun am anderen Schleiufer – in die kleine Hafenstadt wanderst. Langschläfer entscheiden sich in jedem Fall für letzteres: Du musst am folgenden Morgen nämlich um 11.00 Uhr im Kappelner Hafen parat stehen.

 

Tag 8: Freu Dich, Du bist in Angeln

 

Falls Du heute so seltsam beseelt aufwachst, ist das kein Wunder. Als Du gestern nach Arnis übergesetzt bist, hast Du allerschönste Ecke von allen erreicht: Angeln. Und der Tag beginnt dann auch gleich großartig – mit einer Schiffstour auf die Lotseninsel von Schleimünde. Dort hast Du 30 Min Landgang, bevor der Dampfer wieder ablegt. Du fährst aber nicht zurück nach Kappeln, sondern gehst bereits in Maasholm von Bord.

 

 

Das Fischerdorf Maasholm ist eine längere Pause wert. Ein Fischgericht. Und den obligatorischen Spaziergang „de Maas rund“, der direkt Deine letzte Wanderung für heute einläutet. Ich würde empfehlen, gute 12 km bis zum Leuchtturm von Falshöft zu marschieren. Du kannst es aber auch kürzer halten und in Oehe, Kronsgaard oder Golsmaas ein Quartier suchen. Dabei bewegst Du Dich übrigens auf dem Fördesteig, einem Fernwanderweg des NABU, der bis nach Flensburg führt.

 

Tag 9: Die Geltinger Birk

 

Falshöft habe ich vor allem empfohlen, weil es  am Rande der Geltinger Birk liegt. Das wunderschöne Naturschutzgebiet zieht sich weit in die Ostsee hinein und wird von Wildpferden in Schuss gehalten. Es gibt keine eigene Bushaltestelle. Wenn Du aber von Falshöft den Panoramaweg am Wasser läufst und jenseits des Birkkiosk weiter Richtung Gelting, kommst Du auf machbare 12 km. Falls Du mehr Energie hast, läufst die große Runde und bist nach etwa 20 km am Bus.

 

Koniks

 

Mit dem Bus geht es zum letzten Etappenziel. Hier kommt mein einziger Verkehrsfehler im Konzept, denn Du musst nach Flensburg (45 min) und von dort quasi wieder zurück nach Glücksburg (40 min). Das ist eigentlich viel zu viel Zeit auf der Straße, die man doch lieber am Strand verbringen möchte. Aber vermutlich bist Du ja inzwischen sowieso schon so entspannt, dass Dir kleine Misslichkeiten auf keinen Fall die Petersilie verhageln können.

 

Tag 10: Einfach mal glücklich sein und so

 

Außerdem verbringen klassische Ostseeurlauber ja 11 Tage in Schleswig-Holstein. D.h. Du kannst insgesamt 2 Nächte in Glücksburg verbringen. Was eine große, wunderbare Sache ist. Und ein ziemlicher guter Abschluss, wenn man nur einmal im Leben die Ostseeküste von Schleswig-Holstein bereist.

 

Gluecksburg

 

16 Kommentare

  1. Liebe Stefanie,
    was für ein Privileg. Mir reichen die 365 Tage fast nicht, um all das Schöne zu entdecken und ich weiß, Euch geht es nicht anders:-) Der Norden ist schon ziemlich toll!

    Liebe Grüße

    Kai

  2. Da hast Du Recht, Kai – uns gehts genauso. Wir wohnen ja auch weiter weg von all der Herrlichkeit – und sind nicht ganz viel unterwegs wir Du/Ihr. Ich staune immer, dass quasi ALLES auf weites.land zu finden ist. Liebe Grüße zurück, Stefanie

  3. Sehr schöne Ziele hast Du ausgesucht für Deine Wandertour. Und wenn dann auch noch das Wetter mitspielt, kann es nirgends schöner sein als in Schleswig-Holstein (ok, in Dänemark vielleicht ?).

    Liebe Grüße, Martina

    PS: Holy Harbour merke ich mir. Herrlich! ?

  4. erika stumm sagt

    Liebe Steffi, wenn ich doch bloß so fit wäre,sofort würde ich dir auf deinen Wanderwegen folgen.Aber der ewige Streit ist die Schlei nun ein Fjord der ein Meeresarm und was ist eigentlich genau der Unterschied-das hat mir noch niemand erklären können.Ist aber auch egal, sie ist einfach wunderschön, was ich in dieser Woche endlich bei strahlendem Sonnenschein auf einem Spaziergang zwischen Fleckeby und Missende genießen konnte.Liebe Grüße Erika

    • Da musst Du mich mal mitnehmen, Erika – an der Ecke bin ich noch nicht spaziert. (Abgesehen davon hat Mama letztens wieder vom Island-Roadtrip angefangen. Steter Tropfen hölt ja den Stein usw. Wir müssen am Ball bleiben :-))

      • Erika Stumm sagt

        Das mit Island ist wirklich verlockend und sollte unbedingt im Kopf bleiben.Und sobald du Zeit hast und dich hier oben befindest ,machen wir den Spaziergang an der Schlei. Die Schwansener Seite hat nämlich durchaus auch wunderschöne Ecken.Ganz liebe Grüße Erika

  5. Hubert Voß sagt

    Hallo Stefanie , wenn Du Glücksburg erwähnst soltest Du noch eine Wanderung rund Holnis aufnehmen, die Halbinsel ist zwar kleiner aber ebnso sehenswert , wie die Birk

  6. Anke sagt

    Liebe Stefanie,
    bei der schönen Zusammenfassung kommt doch ein wenig Wehmut bei mir auf, wenn ich an die Jahre zurückdenke, die ich in Kiel gewohnt habe. So viele schöne Ausflüge im Sommer! Aber auch viele nasskalte Winter – plus ein ganz großartiger, als die Ostsee zufror (woran man erkennt, es ist schon ein paar Jährchen her). Ja, es ist einfach schön da oben. Gut, dass es nicht so weit ist hinzufahren 🙂
    Liebe Grüße
    Anke

    • Ja, ja – die nasskalten Winter. Dieser ist ja eher nass-fast-warm. Ist auch nicht besser. An den Winter, als die Ostsee zufror, kann ich mich erinnern. Muss Ende der 90er gewesen sein 🙂

  7. Da ich ja mal in Lübeck wohnte so dort in der Röntgenstraße so man hinner dem Krankenhaus Süd hast du mir dem Qeetscher mal wieder die Landschaft nahe gebracht und Sehnsucht erzeugt aber was fehlt ist die liebe …………

  8. Perfekte Vorschläge, Stefanie.
    Dein 1.Tipp ist auch mein Favorit, machen wir in letzter Zeit häufiger, wenn spontan etwas Meerbriese benötigt wird. Ist ja vom Wendland oder Lüneburg sogar als Tagesausflug schnell erreichbar. Für Euch Hamburger natürlich noch besser. Vielleicht laufen wir uns dort ja mal über’n Weg, wäre toll.
    Lieben Gruß, Helmut

Du hast was zum Thema beizutragen? Darüber freue ich mich sehr.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.