Holsteinische Schweiz, Norddeutschland, Ostsee, Reisen, Schleswig-Holstein
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Im Epizentrum der Holsteinischen Schweiz

Kellersee

„Die Gäste, die drei Wochen bleiben, gibts nicht mehr“, sagt Elisabeth Scheer vom Ferienhaus Uklei in Sielbeck. Damals, als ihr Urgroßvater das Logierhaus von Witwe Brasch übernahm und zu einem Hotel ausbaute, sei das noch ganz anders gewesen. 1894 war das. Die Zeit, als die Holsteinische Schweiz noch als Touristenmagnet galt. Und ihr Herz am Kellersee schlug.

„Es ist nicht leichter geworden“, berichtet Frau Scheer. Die Urlauber blieben nicht nur kürzer heutzutage, sondern seien auch ganz allgemein weniger geworden. Dafür sei das Publikum inzwischen internationaler.  Es kämen viele Skandinavier. „Viele sind aber in den letzten Wochen vorzeitig abgereist. Denen war´s zu heiß bei uns. Mir auch. Das kann ich Ihnen sagen. Solche Temperaturen kennen wir hier eigentlich gar nicht.“

 

Zimmer mit Ausblick: Am Ostufer des Kellersees in Sielbeck

 

4 Tage haben wir uns bei Frau Scheer eingemietet, um die Holsteinische Schweiz zu erkunden. Zwar ist das „Hotel zum Uklei“ des Großvaters längst nicht mehr in Familienbesitz. Bereits 1975 wurde es verkauft und nach zweimaligem Betreiberwechsel inzwischen geschlossen.

Gehört jetzt einer Immobilienfirma aus Hamburg„, sagt Frau Scheer. „Keine Ahnung, was die vorhaben. Es tut einem ja in der Seele weh.

Sie betreibt in direkter Nachbarschaft ein Appartementhaus im Retrolook, für dessen Innenaustattung man durchaus einige Robustheit mitbringen muss. Die Aussicht vom Balkon ist dafür kaum zu toppen.

 

 

Abgesehen von den Urlaubsgästen scheint sich in dem kleinen Erholungsort Sielbeck gar nicht so viel verändert zu haben. Und von unserem Balkon aus haben wir sie alle im Blick: Die geschichtsträchtigen Plätze rund um den Kellersee.

 

In einem Land vor unserer Zeit: Am Nordufer des Kellersees

 

Nur einen Katzensprung entfernt eröffnete 1890 der Kaufmann Johannes Janus das „Hotel Holsteinische Schweiz“. Er folgte damit einer Mode des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Viele der 200 „Schweizen“ weltweit verwiesen damals mit dem Namenszusatz an die Reisen der Wohlhabenden in die echte Schweiz.

Janus lockte mit diesem Marketing-Schachzug so viele Ausflügler an, dass bald die ganze Region als Holsteinische Schweiz verstanden werden wollte. Sie umfasst ungefähr das Gebiet zwischen Kiel und Lübeck und ist mit ihren alten Alleen, sanft geschwungenen Hügeln und rund 150 Seen lieblicher als jede andere Gegend Schleswig-Holsteins. Und eins hat die Holsteinische der echten Schweiz voraus: Man ist nie weiter als 25 km vom Meer entfernt.

Das ehemalige Hotel „Holsteinische Schweiz“ existiert noch. Es befindet sich an der höchsten Stelle des Nordufers. Heute beherbergt es quasi das Gegenteil von Sommerfrische: die Landesfinanzschule. Um sich in die Atmosphäre von 1900 hineinzudenken, braucht es trotzdem nur ein bisschen Phantasie und den Abstieg durch die ehemaligen Parkanlagen hinunter zum Kellersee.

 

 

Auf der dem Kellersee abgewandten Seite der Landesfinanzschule führt ein Waldweg zu einem der für Holstein typischen Toteisseen: Dem Krummsee. 84 m über dem Krummsee thront das ehemalige Berghotel Bruhnskoppel. Von Weitem eine Schönheit. Aus der Nähe ein Trauerspiel. Kaum zu glauben, dass das Ensemble erst seit 2011 verfällt.

 

 

Damals kaufte es eine „Immobilienfirma“. Statt die vorgelegten Sanierungspläne umzusetzen, schlachtete man die Räumlichkeiten bis zur letzten Jugendstil-Paneele aus. Selbst Bäume wurden unerlaubter Weise gefällt, um ein paar Euro mit Brennholz zu machen.

 

Seit 7 Monaten reisen wir jetzt in die Nähe. Und überall treffen wir auf sterbende Schönheiten, die von irgendwelchen Immobilienfirmen aufgekauft und sich selbst überlassen werden. War das schon immer so? Haben wir die Ruinen vorher nur nie gesehen? Oder nimmt das zu?

 

Immenhof am Kellersee

 

Am Kellersee jedenfalls mangelt es nicht an betrüblichen Beispielen. Das einzige Hoffnungsschimmer liegt am  Südufer des Kellersees. Der kleine-Mädchen-Traum schlechthin: der Immenhof; eigentlich Gut Rothensande. Derzeit wird das Anwesen renoviert und in (jawohl) ein Ponyhotel umgewandelt. Aktuell geht man von einer Eröffnung 2020 aus. Den Bauarbeiten nach wird es großartig werden.

 

In Malente ist man hin- und hergerissen

 

Dick und Dalli sind im Kur- und Kneippbad genauso präsent wie der Mythos von Malente. Mag sein, dass Ethelbert mit dem nächsten Zug in Gremsmühlen einfährt. Mag genauso gut sein, dass gleich Helmut Schön die legendäre Elf von 1974 durch den Kurpark scheucht. Möglich, dass Malente noch mal den Anschluss findet. Denn das Potential des kleinen Örtchens ist gewaltig.

 

 

Genauso gewaltig ist aber auch die Treffsicherheit, mit der Malente sich selbst in die Pfanne haut. (Aktualisierung 2019: Das ist gerade erst wieder geschehen. Bis 2018 konnte man an der namensgebenden Mühle vom Malente Gremsmühlen noch davon träumen, dass die Gemeinde hier am Dieksee die Kurve kriegt. Dann wurde eine zentrale, alte Villa in bester Lage abgerissen und durch entsetzlich hässliche Neubauten ersetzt.)

 

Ukleisee
Befürchtungen sind also durchaus angebracht, wenn erst einmal die Ruine des „Hotel am Uklei“ in Sielbeck abgerissen ist. Das wird seit Jahren angekündigt.

(Aktualisierung 2019: Inzwischen gehört das Ganze wieder zwei Einheimischen. Der Presse nach sollen dort Wohnungen entstehen. Und es könnten wunderbare Wohnungen werden. Denn im Rücken liegt der Ukleisee.)

Der Ukleissee gilt als romantischster See der Holsteinischen Schweiz. Man kann ihn in etwa einer Stunde umwandern, womit er sich auch ideal zum Joggen eignet. Ausgangs- wie Höhepunkt ist das Jagdschlösschen von Eutin.

 

 

Nach vorn würde man aus den Wohnungen auf den Kellersee blicken. Für uns ist das der schönste See in der Holsteinischen Schweiz. Mindestens einen Tagesausflug wert. Besser aber noch eine Übernachtung.

 

Abendstimmung Kellersee

 

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