Norddeutschland, Ostsee, Reisen, Schleswig-Holstein
Kommentare 26

Das Schönste ist Angeln im Mai

Neukirchen. Nur mal so als Beispiel. Um zu zeigen, warum wir hingerissen sind von Angeln. Man könnte auch jeden anderen Ort nehmen. Aber nehmen wir einfach mal Neukirchen. Weil man ja irgendwo anfangen muss. Und Neukirchen ein guter Ort für einen Anfang ist.

JaIch bin schon ziemlich oft an der Abzweigung nach Neukirchen vorbeigefahren, ohne den Ortsnamen auch nur zu registrieren. Habe mich nie gefragt, was in Neukirchen so geht. Habe mir noch nie Zeit genommen, um Angeln so wahrzunehmen, wie ich fremde Landschaften wahrnehme. Wenn ich im Urlaub bin. Im Ausland. Irgendwo ganz weit weg.

Eben nicht mehr zielgerichtet irgendeinen Punkt ansteuern. Sondern sich treiben lassen. Und in Neukirchen halten. Beim letzten Haus im Dorf den Wagen abstellen. Um mal zu gucken. Nur mal so als Beispiel.

NeukirchenAngeln

 

Am meisten erstaunt mich, dass ich so erstaunt bin. Ich sollte wohl gar nicht so verzaubert sein, so überwältigt, so über die Maßen geflasht von der Schönheit Angelns.

Ich bin hier nämlich geboren. Meine gesamte Familie ist hier verwurzelt. Ich dachte auch, ich kenne die Gegend. Einigermaßen. Aber jetzt merke ich, dass eigentlich ahnungslos bin.

Von Neukichen zum Beispiel habe ich noch nie etwas gehört.

Strand Flensburger Foerde

 

Ich hatte keine Ahnung, dass Herzog Johann der Jüngere 1618 aus der „Wildnis am Strande“ einen Handelsplatz in Konkurrenz zu Flensburg errichten wollte. Ich wusste nicht, dass er darüber verstarb. Dass seine Erben sich zerstritten und Neukirchen vergaßen. Dieses Dorf, das abgeschieden von der Welt 360 Jahre ums Überleben kämpfte. Bis 1978 Butterfahrten nach Dänemarkt einen kurzen Aufschwung brachten, von dem heute nur noch die Reste der Anlegestelle erzählen. Und dass das Dorf 1994 erneut in einen Dornröschenschlaf fiel. Das war mir alles unbekannt. Dabei habe ich jahrelang nur 25 km entfernt gelebt.

 

AnlegerNeukirchen

 

Angeln liegt ganz oben in Deutschland. In einem Dreieck zwischen Kappeln, Flensburg und Schleswig. Die Südgrenze der Region ist die Schlei. Östlich reicht Angeln an die Ostsee. An die „offene“ Ostsee sagen die Leute hier. Denn weiter nördlich schmiegt sich die Landschaft an die Flensburger Förde. Und danach kommt nur noch Dänemark. („Dein gelobtes Land“, macht Volko sich über mich lustig.) Manchmal ist die dänische Küste so nah, dass man glaubt, rüberspucken zu können.

 

StrandNeukirchen

 

Sechs Tage lang waren wir an der Küste Angelns unterwegs. Und abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen musste ich gar nicht so tun, als sei das Alles neu für mich. Weil das meiste tatsächlich neu für mich ist. Die Naturstrände an der Flensburger Förde etwa – die haben mich früher überhaupt nicht interessiert.

 

Naturstrand

 

Strände müssen weiß und breit sein, dachte ich früher. Mit Steinen, Tang, Quallen (eigentlich mit allem was typisch ist für die Ostsee) konnte ich wenig anfangen. Wie kommt es nur, dass ich jetzt genau anders herum denke? Vielleicht hat das was mit dem Alter zu tun. Vielleicht guckt man nicht so hin, wenn man jünger ist.

 

Austernfischer

 

Angeln ist von einer zurückhaltenden Schönheit. Die Gegend protzt überhaupt nicht. Die haut mich trotzdem aus den Socken. Und ich möchte das unbedingt festhalten. Kann den Blick gar nicht abwenden. Und Volko gehts genauso.

Für uns ist Angeln das Schönste, was wir bisher in Norddeutschland gesehen haben.

Man möchte hier ja ewig stehen und der Stille lauschen. Dem leisen Wellenschlag der Ostsee und dem Wind in den Bäumen. Gleichzeitg zieht es einen immer weiter. Man will wissen, was hinter dem nächsten Steilufer liegt, was am nächsten Strand los ist, wie es in der nächsten Bucht aussieht.

 

Heiraten in Neukirchen

 

Einen knappen Kilometer von Neukirchen entfernt liegt die „Neue Kirche“ von 1622. Die könnte auch in Dänemark stehen, finde ich. Überhaupt ist in Angeln alles so dänisch. Nur diesen gewissen schleswig-holsteinischen Tick lieblicher.

 

Kirche Neukirchen

 

Vom Kirchhof windet sich eine Holztreppe die Steilküste hinunter zum Strand.

 

Neukirchen-Quern

 

Und falls hier einer mitliest, der gerade mit dem Gedanken spielt, auf Hawaii, in Las Vegas oder jedenfalls auf Sylt zu heiraten: Denk noch mal drüber nach. Guck Dir mal den Trauplatz am Strand von Neukirchen an. Nur mal so als Beispiel. Weil das ein echt guter Ort für einen Anfang ist.

 

Heiraten am Strand

 

26 Kommentare

  1. Verena Kleffner sagt

    Da Angeln ja auch meine Heimat ist, macht dieser Text ganz gewaltig etwas mit mir. Sofort ist sie da, die Sehnsucht nach „zu Hause“ , wobei ich Neukirchen auch nicht kenne.
    Der Trauplatz ist so entzückend, das man sofort nochmal heiraten möchte. Aber mit unserer Schifferkirche in Arnis waren wir zu unserer Hochzeit auch ganz zufrieden. Der Strand lag ja auch nur 10 Meter entfernt…;-)

    • Ach Gott, ja, die Schifferkirche in Arnis. Noch so eine Pole Position. Abgesehen davon hast Du ja auch oft genug geheiratet 🙂 Eenmol in´t Leev und so.

    • Verena Kleffner sagt

      Oft genug? Liz Talor hat mir was voraus. Und ausserdem: einmal nur richtig, nä? Zweimal ist sowieso Deutscher Durchschnitt. Ich musste ja für Dich mitheiraten.

      • Das ist auch meine Beobachtung: Die Leute heiraten mehrmals oder gar nicht. (Vielen Dank dann, dass Du es für mich mit erledigt hast :-))

  2. Tamara sagt

    So schön, da war ich auch noch nie. Mach ich aber diesen Sommer.

    Wo sind die Bilder vom Bauwagen?

    Liebe Grüße
    Mari

    • Na sowas, jetzt hast Du Dich schnell noch zwischen meine Antwort an Verena gedrängelt 🙂

      Wann bist Du denn im Sommer in der Ecke? Und wo?

      Bilder vom Bauwagen folgen. (Wir haben so viel Bilder mitgebracht wie noch von keinem Kurztrip zuvor.)

      Liebe Grüße zurück – und viel Spaß auf Sylt!

  3. Liebe Stefanie,
    ich kann dich nur zu gut verstehen. Diese wundervolle Landschaft ist der Grund, warum wir uns in Angeln verliebt haben und vielleicht für immer bleiben werden.
    Herzliche Grüße,
    Claudia

  4. Is ja meistens so, dass man die Ecken vor der Haustür nicht so kennt…Wunderschöne Gegend finde ich…(Hach)
    Übrigens habe ich Deinen Kommentar bei mir eben gelöscht aus Versehen. Ich wollte noch antworten, dass ich auch gern auf Friedhöfen bin und der stillste und schönste, der mir da einfällt, ist der in Prag. Kennst du den zufällig?

    • Falls Du den jüdischen meinst: Ja. Den habe ich auch ganz intensiv in Erinnerung. (Prag ist ohnehin voller stiller Ort, finde ich).

  5. Hmmmmm …. ich war ja mit meiner Insel Møn sooo glücklich … aber nun kriege ich glatt wieder Heimweh nach Angeln! Muss mich dort auch viel mehr umschauen! Als Kind bekommt man irgendwie doch immer nur einen Ausschnitt mit – was die Eltern interessiert, wo man mit der Schule oder Vereinen hinkommt, wo halt etwas ansteht … aber jetzt … vielleicht mal Fahrradurlaub im Frühling?

  6. Fahrradurlaub im Frühling scheint mir eine sehr gute Idee. Früher hättest Du ja direkt von Seeland nach Gelting mit der Fähre kommen können. Schade, dass es die nicht mehr gibt. Liebe Grüße auf Deine Zauberinsel, Stefanie

  7. […] Obwohl ich sicher mehr als zwanzig Mal in Dänemark Urlaub gemacht habe, finden sich im Band für Einsteiger jede Menge Ziele, dich ich noch nicht kenne. Neben Jütland auch auf Ostseeinseln und an der grenznahen Ostseeküste – also schwupp-di-wupp von Hamburg zu erreichen. Das sichert dem ersten Band einen Ehrenplatz in meinem Bücherregal. (In einer einzigen Frage bin ich anderer Meinung als die Autorin. Im Kapitel über die Flensburger Förde schreibt sie, die dänische Seite sei eine Spur schöner als die deutsche. Und das sehe ich genau anders herum.) […]

  8. […] belanglosen Kilometer. So ist es im Prinzip auch egal, wo man sich einquartiert. Vielleicht ist Angeln (das ist die Landschaft am nördlichen Ufer) einen winzigen Tick schöner als Schwansen auf der […]

  9. […] Sei´s drum: Die Existenz des Fünensteins kann ich bestätigen. Das mit dem Querner Leuchtturm allerdings nicht aus eigener Erfahrung. Zwar hatte ich mir fest vorgenommen, mal nachzusehen, wenn ich in der Gegend bin. Aber als ich es dann neulich war, bin ich doch lieber wieder zum Fünenstein spaziert. Und dann – ein paar Stunden später – sogar noch mal. Der größte Findling der Flensburger Förde liegt nämlich vor einem ganz herrlich wilden, ruhigen Naturstrand. Ich starte am liebsten am kleinen Parkplatz Mühlendamm nördlich von Neukirchen. […]

Du hast was zum Thema beizutragen? Darüber freue ich mich sehr.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.