Norddeutschland
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Und nun zum Wetter

Es gibt viele schreckliche Formulierungen in norddeutschen Wetterberichten. Eine meiner Schlimmsten: Für die Jahreszeit zu kühl. Noch bin ich nicht so weit, mein Geld in praktische Funktionsklamotten zu investieren. Aber ehrlich: ich habe schon mal drüber nachgedacht.

Die Bild behauptet nämlich schon seit März: Der Sommer fällt ins Wasser. Das nenne ich unseriös. Denn wie man weiß, weiß im März kein Mensch, wie das Wetter im Sommer werden wird.

Aber man kennt das ja: Oft wiederholt die Bild Unseriöses so lange, bis es stimmt. Selbstverfüllende Prophezeiung und so. Und hinterher waschen sie dann ihre Hände in Unschuld, weil sie ja schließlich nur schreiben, was die Leute lesen wollen.

Ich kenne zwar keinen, der versessen auf Schlechtwetter-Prognosen wäre. Doch schon haben glaubhaftere Publikationen nachgezogen. Jedenfalls was das Pfingstwetter betrifft.

So die SHZ: Pfingsten wird es „verhalten frühlingshaft“  (ein Synoynm für „zu kühl für die Jahreszeit“). Das Hamburer Abendblatt glaubt an „ein Wetter wie im April“ (geschickt; denn damit hat man natürlich immer Recht). Privatradiosender sprechen von „Sonne-Regen-Mix“ (albernste aller Wortschöpfungen).

Mmh.

 

Vorsaison Helgoland

 

Aprilwetter Ende Mai.  Mmh. Mmh. Mmh.

Ausgerechnet wenn wir das erste Mal glampen. Kein Tippfehler. Glamping meint Glamouröses Camping. Ein aufgewärmter Reisetrend aus düsteren Kolonialzeiten. Glamping-Unterkünfte sind schick bis ultra-schick – mit einem winzigen Quäntchen Luxusverzicht, so dass man sich ganz abenteuerlich fühlt. Und natürlich glampt man ökologisch korrekt. Auch das ja ein Trend.

 

Whatever the weather: Pfingsten wird geglampt

 

Gleich gehts los. Wir kampieren bzw glampieren in einem stylo-Bauwagen in Ostseenähe; ganz weit oben in Schleswig-Holstein. Was mich nachhaltig beschäftigt, ist nicht der angekündigte Regen an sich, sondern die Tatsache, dass Spinnen es nicht gern feucht haben. Meine Theorie: Sie werden sich in unserem Glamping-Wagen einrichten. Großer Gott.

 

Schleimuende

 

Abgesehen davon muss man das mit dem Regen an der Küste nicht so tragisch sehen.

 

Warum ich auch bei Regen gern an der Küste bin

 

Ich bin dem Regen einige Jahrzehnte ziemlich konsequent und erfolgreich aus dem Weg gegangen. Inzwischen lass ich das. Denn er hat auch seine Vorzüge. Zum Beispiel:

  • Bei schlechtem Wetter bleiben die Tagesausflügler aus Hamburg und Berlin zuhause. Was gut ist. Tagesausflügler aus Hamburg und Berlin sind nämlich die Heuschrecken unter den Küstentouristen. Sie haben meistens ihre Lieblingsstrände, an denen sie sich 1a auskennen. Und so besetzen sie beim ersten Sonnenstrahl sämtliche Spitzenplätze: In Bars, Restaurants, Parkplätzen, Zeltplätzen und am Strand sowieso. Bleiben sie weg, ist es eigentlich viel schöner in Norddeutschland. Meine Meinung.
  • Wenn es regnet, hat man richtig viel Platz am Strand. Dann findet man die Weite, wegen der man ja eigentlich ans Meer fährt (die aber bei Überfüllung oft fehlt).
  • Die Luft fühlt sich herrlich an nach einem Regenschauer. Und alles riecht ganz intensiv.
  • Man bekommt keinen Sonnenbrand. Sondern eine gesunde Gesichtsfarbe.
  • Falls man in einen Wahnsinns-Regen gerät, ist das auch irgendwie cool. Mal wieder so richtig durchnässt nachhause rennen, unter die heiße Dusche springen und sich dann aufs Sofa kuscheln. Das mag ich sehr.
  • Am Strand ist es nie matschig. Und es gibt keine Pfützen. Strände funktionieren in etwa wie Katzentoiletten. Schon Sekunden nach dem Regen sind sie wieder trocken.
  • Wenn die Sonne nicht scheint, kann man liegenbleiben. Es gibt Dinge, die ich nur im Urlaub und nur bei Regen mit gutem Gewissen tun kann: Ausschlafen. Denken. Lesen. Gar nichts tun. Noch mal auf die andere Seite drehen. Ist doch herrlich. Zuhause fallen mir immer langweilige Sachen ein, die ich stattdessen tun sollte (aufräumen, arbeiten, zum Sport gehen etc.). Nicht dass ich´s dann auch täte, aber allein die Gedanken können mich schon stressen.

Unterm Strich hat Regen also einen echten Mehrwert. Und vermutlich habe ich sogar noch ein paar Pluspunkte für Schietwedder vergessen?!

 

Die Wahrheit über norddeutsches Wetter

Falls eine Pfingstreise Richtung Norden bei Euch ansteht: Nicht vermiesen lassen. Das wird super! Wahrscheinlich sogar das Wetter. Denn seit heute morgen sagt wetter.de: Das Wochenende wird doch gar nicht so schlecht in Norddeutschland. Wetter.com sieht es düsterer. Wetter.online wärmer.

Und die Wahrheit ist: Sie wissen es nicht

Die Wetterberichte stimmen eigentlich nie. Höchstens mal zufällig. Das Wetter in Norddeutschland ist unbeständig. Und Unbeständigkeit ist keine Einbahnstraße. Am Meer wird der Himmel nicht nur sehr plötzlich dunkel. Er wird auch genauso plötzlich blau. Und manchmal hat man ihn dann ganz für sich allein.

In diesem Sinne: Schöne Pfingsten!

 

10 Kommentare

  1. Ich habe mich wieder köstlich amüsiert beim Lesen…..alles so stimmig, was du schreibst! 🙂

    Glamping??? Noch nie gehört 🙂

    Tröstet dich sicher nicht, dass es hier auch regnet und starke Gewitter mit Sturm angekündigt sind (bei auch nur 18-20 Grad). 🙁

    Habt ein tolles Pfingstwochenende!

    • Ich wusste auch nicht, dass ich glampen werde – bis mich eine Freundin letzte Woche aufklärte. (Ich bring natürlich Fotos mit – könnte mir vorstellen, dass es Dir gefällt).

      Ganz liebe Grüße in den Süden (Ich drück die Daumen, dass es sich Kroatien noch auf Deine Wohlfühl-Temperatur erwärmt).

  2. Klasse Text! Trotzdem hoffe ich auf einen klumpstreufreien Strand, wenn wir übernächste Woche nach Zingst fahren…

    Schöne Pfingsten

    Stefan

    • Oh, wie toll, der Zingst! Ich drück die Daumen (diese Woche war der Strand an der Ostsee weitestgehend pudrig :-))

  3. Thomas sagt

    Also mein liebster Satz im NDR-Wetterbericht ist ja „Im Oberharz auch als Schnee“ 🙂 Was hab ich es gehasst, als ich noch da lebte – Schnee im April, während im Rheinland schon T-Shirt angesagt war…

    Viel Spaß an der Küste wünscht Herr M.

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