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Same same but Kegnæs

Kegnaes

Gegenüber meiner Lieblingsbank, unter einer Kastanie an der Flensburger Förde, liegt Kegnæs. Bei guter Sicht lassen sich dort drüben ein Leuchtturm und zwei gewaltige Windräder ausmachen. Dazwischen sieht man nachts manchmal (sehr selten) die Scheinwerfers eines Autos über die Insel wandern.

 

Flensburger Foerde

 

Die Luftlinie zwischen meiner Lieblingsbank und Kegnæs beträgt zwölf Kilometer. Auf dem Landweg sind es 100. Warum ich überhaupt auf meiner Lieblingsbank herumreite: Wer sie kennt, erlebt das dänische Gegenüber als kleine Spiegelwelt, in der alles so ähnlich ist wie in Deutschland. Aber ganz anders.

 

 

Um sich in Kegnæs zu verlieben, muss man meine Lieblingsbank aber nicht kennen. Es reicht, von der größeren Insel Als über den 700 Meter langen Nehrungshaken Drejet zu rollen. Dort thront auf der Steilküste im Südosten der Insel ein Leuchtturm, wie man ihn sich schöner nicht denken könnte.

 

Leuchtturm KegnaesKegnaes Fyr leuchtet seit 1896 über Flensborg Fjord und Ostsee. In den Sommermonaten ist das Schmuckstück täglich geöffnet; kostenfrei zudem (gleich zwei Dinge, die in Deutschland quasi undenkbar sind). Im Inneren erzählen Infotafeln Turm- und Inselgeschichten. Alles hübsch übersichtlich. Kegnaes ist klein. An einem Tag gut zu erobern. „Infrarstrukturell abgelegen“ fügt wikivoyage hinzu. (Etwas, das Menschen am Meer interessanter Weise selten zu Wutbürgern macht – sondern in der Regel feiern. Aber das ist ein anderes Thema.)

 

Kegnaes Fyr

 

Durch eine Luke bloß klettert man auf die Leuchtturm-Galerie. Der Blick reicht weit über die Insel hinaus, die bis vor ein paar hundert Jahren als „Birk Kekenis“ zum Herzogtum Schleswig gehörte. Birk meint Bezirk (Gerichtsbezirk um genau zu sein).

Birk Kegnæs und Geltinger Birk

Da staunt, wer sich drüben in Angeln auskennt. Denn dort ist vor allem die Birk bekannt, die Geltinger Birk nämlich, die früher mal eine Insel war und heute ein Naturschutzgebiet auf einer Landspitze. Sie liegt dem Leuchtturm direkt gegenüber.

 

 

Die Südküste erstreckt sich zehn Kilometer vom Leuchtturm bis Kegnæs Ende. Eben dort rotieren die beiden eingangs erwähnten Windräder an exponierter Stelle. Die wetterwilde Westspitze kann auf einem sieben Kilometer langen Wanderweg erkundet werden. Aber Vorsicht!

 

Kegnaes Ende

 

Der Sage nach treibt sich an Kegneas Ende eine Jötunfrau herum, mit der nicht besonders gut Kirschen essen ist. Einmal wurde sie so zornig auf eine andere Jötunfrau, dass sie einen riesigen Findling nach ihr schleuderte. Sie nutzte ihre Schürze als Schleuder. Die Schürze riss jedoch – und seitdem liegt der Brocken hier am Strand bei Grønmark.

 

Groenmark

 

Drüben in Deutschland erzählt man sich eine ähnliche Geschichte. Zwar geht es dort um ein Riesenweib und ein Strumpfband als Zwille und die deutsche Variante führt noch zu weiteren Verwicklungen. Aber ansonsten haben der Grønmarksten und der Fünenstein viel gemeinsam. Und sie liegen einander ziemlich direkt gegenüber.

Grønmarksten und Fünenstein

Die Kirche, die bei der Sage vom Fünenstein ins Spiel kommt, lies Herzog Johann der Jüngere etwa einen Kilometer entfernt errichten und als ich sie das erste Mal sah, bloggte ich (im Beitrag: Das Schönste ist Angeln im Mai), die Kirche von Neukirchen  „könnte so auch in Dänemark stehen“. Ich wusste damals nicht, dass sie es im Grunde auch tut.

Neukirchen und Sønderby

Die Kirche auf Kegnæs wurde etwa zeit- und baugleich unter Herzog Johann dem Jüngeren erbaut. Sie steht in Sønderby – womit wir uns jetzt langsam meiner Lieblingsbank nähern. So wie die „Hauptstrasse“ von Sønderby direkt aufs Meer zuläuft, tut sie es auch drüben in Deutschland in Steinberghaff.

 

Soenderby

 

Wenn Wasser Balken hätte, würden sich die Hauptstrassen von Sønderby und Steinberghaff mitten in der Flensburger Förde treffen. So wie die Dinge aber liegen, enden sie am Strand und zwar – die Systematik ist ja langsam klar – einander direkt gegenüber.

 

 

Natürlich, am Strand in Dänemark bekommt man Pølser serviert und in Deutschland gutbürgerliche Küche. Auch streckt sich Kegnæs wagemutig in die stürmische Außenförde und Steinberghaff schmiegt sich in die Geltinger Bucht. Gemeinsam aber haben sie das Zeug zum Lieblingsplatz. Und sie eignen sich beide hervorragend, um ein Wochenende lang der Realität zu entfliehen.

 

Oesterby Kegnaes

 

Bis vergangenen Herbst hätte ich Kegnæs genau wie Steinberghaff vor allem Weiterwander:innen empfohlen. Und zwar auf den vielleicht schönsten Wanderwegen von Schleswig-Holstein bzw Südjütland. Doch die Sturmflut im Oktober 2023 führt zu erschreckenden Zerstörungen entlang des deutschen Fördesteigs und des dänischen Gendarmstiens.

 

Sturmflut 2023
In Dänemark schreiten die Aufräumarbeiten meiner Beobachtung nach etwas schneller voran. Und die Infos für Wandernde auf dem Gendarmstien werden ständig aktualisiert. Der deutsche Fördesteig gibt sich da bedeckter. Für beide Wege würde ich aber raten, sie aufs nächste Jahr zu verschieben. Und in diesem Frühling, Sommer oder Herbst auf eine schöne Unterkunft zu setzen.

Übernachtungstipps in Kegnæs & Steinberghaff

Wer immer schon mal mit einem Tiny House geliebäugelt hat, findet ein ganzes Tiny SeaSide Resort zum Ausprobieren im Inseldorf Østerby auf Kegnæs. Darüber berichtet Birgit auf Lumao.

Die Betreiber des Tiny Resorts sitzen interessanterweise nicht in Dänemark – sondern, Du ahnst es, gegenüber; ganz in der Nähe von Steinberghaff. Dort wiederum findet sich auch mein Wochenend-Tipp: Hof Norderlück – das Ostseehotel unter Reet.

 

 

12 Kommentare

  1. Tamara sagt

    Da kommt Reiselust auf. Jetzt habe ich mir mal das Hotel Norderlück angeguckt! Das ist ja sehr einladend. Und mit Hund! Prima.
    Vielen Dank liebe Steffi!

  2. Christine Heinken sagt

    Danke für Deinen tollen Bericht. Kegnaes ist wunderschön. Wir waren dort schon öfter und vor über 25 Jahren. Man kann Dänemark nicht mit Deutschland vergleichen und das sollte man auch nicht tun, finde ich. Deutschland hat eine ganz andere Bevölkerungsdichte und eine ganz andere Problematik als Dänemark. Deutschland hat auch wunderschöne Ecken und auch noch nette Menschen. Man muss nur mal genau hinschauen. Und auch in Dänemark ist nicht alles nur schön. Aber dieses enorme Vertrauen in die Menschen, die gibt es nur noch in Dänemark, hoffentlich noch lange. Aber auch hier sind schon die ersten Übergriffe passiert. Dass der Besitzer der Tiny Houses in Deutschland sitzt, wundert mich nicht. Die Tiny Houses sind sehr teuer -und warum braucht man in Däenmark eigentlich ein „Fitnesstiny“? Warum braucht man dort Action? Das ist doch gerade das Besondere, dass es dort so schön entspannt ist. Nichtsdestotrotz freue mich über weitere so interessante Berichte von Dir! Liebe Grüße

    • Liebe Christine,

      da läufst Du bei mir mehrere offene Türen ein. Deutschland hat eben sehr wenig Küstenlinie für sehr viele Menschen und in Dänemark ist es anders herum. Das ist einfach eine andere Weite. Um Kopenhagen herum ist das ja zum Beispiel anders und da scheinen mir manche Ferienhausgebiete genauso zugeschlossen und zugebaut wie in den deutschen Seebädern. An der Flensburger Förde wiederum gibts in Deutschland genauso niedliche Verstecke wie in Dänemark. Danke für Deinen langen Kommentar und Grüße aus der großen Stadt, Stefanie

  3. Ellen sagt

    Es ist das Licht… die Küste von Kegnæs liegt zum größten Teil in Südausrichtung,
    es scheint dort viel heller und strahlender zu sein als bei uns hier gegenüber… Ich finde es auf Kegnæs am schönsten im Frühling, weil dort sehr viele Knicks (Wallhecken) mit duftendem Flieder und Goldregen bepflanzt wurden, dazu Rapsblüte und blaues Meer immer in Sichtweite… für alle Sinne ein Fest…!!!

    • Liebe Ellen, das ist interessant. (Mir kommt die Sonne bei Euch auch immer sehr strahlend vor. Und ich kann auch nicht sagen, welches Ufer ich schöner finde. Beide – auf ihre Art.) Grüße in den Norden, Stefanie

  4. Inga sagt

    So schön! Kindheitserinnerungen! Meine Großeltern hatten ein Ferienhaus zur Miete, von einem Bauern das ganze Jahr über. Und danach meine Tante und Onkel. Wird sind dann immer im Schlafanzug und in Gummistiefeln in den Kuhstall zu den Kälbchen. War vor 3 Jahren 😱 das letzte Mal da. Und dabei ist es gar nicht so weit weg von mir. 💚

  5. Liebe Stefanie.
    Du fährt bei uns einfach so vorbei ? :-))
    Kegnæs wäre fast wieder zu Insel geworden. Der Damm war weitgehend zerstört.
    Ich denke, den Gendarmstien wird man im Sommer wieder gut wandern können. Da wird mit Hochdruck gearbeitet. Ich bin schon wieder teilweise auf ihm unterwegs gelaufen. Die nötigen Umwege sind sehr überschaubar. Manches wird sogar schöner als vorher.
    Spannend sind insgesamt auch die Fahrradfähren quer über die Flensburger Förde.
    Für mich ins Kegnæs so ein wenig wie Sylt. Nur entspannter. Ohne reiches Proll-Gehabe. In diesem Sommer gehts für mich mit dem Boot zum Leuchtturm Kalksand mitten auf die Förde. War schon lange geplant und wird endlich Realität.
    Die Kirche in Neukirchen ist für uns auch eine der schönsten Plätze. Und stand tatsächlich schon mal auf unserer kleinen potentiellen Hochzeitsortliste.

    Liebe Grüße

    Kai

    • Lieber Kai, das mit Kalkgrund ist ja spannend (wenn Du dran denkst, gib doch mal ein Zeichen, sobald Deine Fotos online sind). Liebe Grüße, Stefanie
      PS.: Es war eine Geburtstagstour nach Kegnaes – aber ich hab tatsächlich unterwegs nach dem Haus Ausschau gehalten, dass Du mal auf Deinen Seiten gezeigt hast (allerdings nicht entdeckt :-))

  6. Ellen sagt

    Hallo Kai, wie kannst du Sylt und Kegnæs vergleichen…? Nicht nur, dass es „entspannter“ ist, es ist GANZ ANDERS…! Tausendmal schöner…!

    • Hallo, Ellen.
      Doch Sylt ist von Natur aus schön. Wäre da nicht Geld und Gier und Proll:-) Aber derzeit wird geprüft, ob auf Sylt nicht einige tausend (!) Feriendomizile illegal sind und geschlossen werden müssen. Im Kreis kniet sich da gerade richtig rein und entwickelt sich zum kleinen Messi, was persönliche Feinde betrifft 🙂
      Aber auch in Dänemark gibt es leider Potential, schöne Küstenstreifen zu versauen. Jüngste Planungen auf Röm oder der Wal in Apenrade lassen mich gerade schaudern. Irgendwann wird das auch Kegnæs erreichen. Spätestens, wenn von Fyn aus ein neuer Tunnel die Fähre ersetzt. Die Kommune Sønderborg läuft sich gerade warm ….

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