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Mole

Lettlands Küste: Roadtrip in Kurland

Roadtrip in Kurland. Etappe 1 von 3: Von Jurmala die Küste hinauf zum Kap Kolka. Zurückgelegt: knapp 150 km. Zeit genommen: 2 Tage. Wetter: grieselgrauer Himmel, warm. Innerer Soundtrack: Twin Peaks Intro. Erster Eindruck: Endlose Strassen. Schluchten aus Kiefern. Kiefern. Gewaltigen Kiefern. Hintern den Kiefern die Rigaer Bucht und kilometerlange, menschenleere Strände.

 

 

Parkt tatsächlich mal ein Auto am Seitenstreifen, dann sicher nicht, weil der Fahrer zum Baden gegangen wäre. Die Letten schlagen sich in die Wälder, um Pfifferlinge und Blaubeeren zu sammeln. Sie gehen direkt von der Hand in den Verkauf. Ebenso Zivis. Fische. Das einzige lettische Wort, das ich mir merken kann.

 

Radfahrer

 

Ab und zu öffnet sich die Kiefernschlucht und wir passieren kleine Dörfer, die wie aus einem anderen Jahrhundert wirken. Typische Holzarchitektur und wunderschöne, irgendwie altmodische Gärten, die bis an die Ostsee reichen. Selten zäunt jemand sein Grundstück ein, das fällt uns auf.

 

 

In Kaltene, an der „steinernen Küste“ sehen wir die erste Unterkunft, die uns spontan gefällt. Das Hotel Rederi im Eco-Style bietet schlichte, großzügige Zimmer mit schönem Bad für 45 Euro die Nacht. Zum Strand schlendert man zwei Minuten über Wiesen und unter rauschenden Bäumen.

 

 

Vorbuchen ist in Kurland nicht notwendig

 

Zugegeben: meinem Naturell nach bin ich eher … ähm … ausgeglichen, wenn ich weiß, wo ich abends schlafe. In Kurland ist es aber schon gut, sich zunächst ein eigenes Bild zu machen – die Beschreibungen der Touristenverbände decken sich nicht immer mit der persönlichen Wahrnehmung.

 

Roja

 

Hätte ich uns eine Unterkunft von Deutschland aus gebucht, wären wir wohl im nahegelegenen Roja gelandet; das von sich behauptet, ein großes, modernes Fischerdorf zu sein und den schönsten aller Strände zu besitzen. Beides würden wir so nicht unterschreiben.

 

Roja

 

Roja; Kurlands Hauptstadt des Sommers

 

Kurland (lettisch Kurzeme) ist die westlichste der vier historischen Landschaften Lettlands. Weite Teile der Küste galten in der UDSSR als Sperrgebiet. Sie sind bis heute kaum besiedelt. Die Natur ist dementsprechend intakt. Andernorts forcierte man die Industrialisierung, was mit massiver Ansiedlung russischer Arbeiter verbunden war. So wie in Roja.

 

Ocean Hill III

Sommerkino: In Roja findet seit einigen Jahren das internationale Film-Festival ROJAL statt.

 

Trotzdem (oder gerade) zieht die selbsternannte „Hauptstadt des Sommers“ jede Menge Künstler an. In Rojas abgewrackten Hafenanlagen stolpert man ständig über Kunst im öffentlichen Raum. Und natürlich hat das Sowjeterbe auch einen ganz bestimmten Charme. Nicht unspannend für ein paar Stunden.

 

Meerjungfrau

Kunst an der ehemaligen Fischfabrik. In der Touri-Info gibts einen Flyer mit den Kunstwerken in und um Roja.

 

Bei diesem Wetter gehen Letten nicht an den Strand, erzählt das Mädchen von der Beachbar. Sie kämen dann nur kurz zum Schwimmen. Und am Abend zur Beachparty. Dann würde es  brechend voll werden. Sie spricht das für junge Letten typisch perfekte Englisch. Das unterscheidet sie von den Russen, die oft weder englisch noch lettisch sprechen (können oder wollen).

 

Hoffnungsferkel

1 Badender, 1 Hoffnungsferkel und jede Menge Abfalleimer: Letten sind das ordentlichste Volk der Welt

 

Russen stellen mit knapp 30% die größte Minderheit der lettischen Bevölkerung. Als Lettland 1990 seine Unabhängigkeit zurückerlangte, wurden alle Russen, die nach 1940 eingewandert waren, zu Nichtbürgern erklärt und waren damit staatenlos. Um sich einbürgern zu lassen, müssten sie lettisch sprechen und einen Test zur Kultur und Geschichte des Landes bestehen. Das lehnen bis heute mehr als 250.000 russischsprachige Menschen ab. Sie leben unter erschwerten Bedingungen; dürfen weder Beamte werden noch wählen oder ohne spezielle Genehmigungen ausreisen oder Land erwerben. Logisch, dass das zu Spannungen führt.

 

Roja

 

Im Rojas Kurss, einem Gartenlokal zwischen Strand und Hafen, bestellen wir fantastische Reibekuchen mit frischen Pfifferlingen und blättern uns durch die Broschüre der Touristeninformation. Im Umkreis von 40 km werden 17 Unterkünfte empfohlen; inkl. Privatzimmern, Wochenendhäusern und Campingplätzen. Das ist keine Auswahl sondern das komplette Angebot der Gegend. Und für kurländische Verhältnisse irre viel (weil wir ja in der Hauptstadt des Sommers sind.)

 

Roja Beachbar

 

Es ist trotzdem nicht schwierig, einen Ort zum Bleiben zu finden. Selbst für mich, die in Lettland festgestellt hat, dass ich endgültig aus der Hostel-Nummer raus bin. Ich brauche ein nettes Zimmer mit angenehmen Bad und einen (möglichst einsamen) Strand vor der Tür für den Morgenspaziergang. So was findet man in Kurland immer. Bei Roja nur ein paar Kilometer nördlich im Nirgendwo von Dzintarkrasts; DZ 45 Euro. Aufgrund des flächendeckend großartigen WLANs kann man schön im Vorwege die Vakanzen abchecken. (Über booking.com sind die Preise übrigens meist höher; also lieber selber vorsprechen.)

 

Treffen sich zwei Meere: Kap Kolka

 

40 km nördlich befindet sich der nordwestlichste Punkt Lettlands: das Kap Kolka. Hier treffen sich die Rigaer Bucht und die offene Ostsee. Das kleine und das große Meer, wie die Letten sagen. Und das ist so ein Spot, wo man gern das typische Foto knippst, mit einem Bein in je einem Meer.

 

Kap Kolka

 

Das Kap Kolka gehört zum Slitere Nationalpark, einem nahezu unberührten Naturschutzgebiet, das während der Sowjetzeit aus militärischen Gründen streng abgeschirmt war und so eine besondere Vielfalt an Pflanzen und Tieren bewahren konnte. Besonders schön ist der Weg durch einen hundertjährigen Pinienhain zum Strand.

 

Kap Kolka

 

Normalerweise wäre ich nicht begeistert, in einem Fass zu schlafen. Doch am Kap Kolka könnte ich mich breitschlagen lassen. Die Houses of Happiness sind innen ganz gemütlich, draußen rauscht die Ostsee und das Besondere ist, dass man durch die verspiegelten Scheiben den Sonnenaufgang und den Sonnenuntergang genießen kann.

 

 

„Nächstes Jahr vielleicht“, hören wir, „falls Ihr Euch schnell genug entscheidet.“ Bis August 2017 sind die Hobbithöhlen bereits ausgebucht. Das leicht hippieske Team von Laimes Majas betreibt außer den Houses of Happiness auch das Café Maize in der Nähe des Besucherzentrums. In der improvisierten Küche schwingen lettische Hausfrauen die Kochlöffel. Und wer je glaubte, Deutsche wären Spezialisten für Sauerkraut, wird hier eines sehr viel Besseren belehrt.

 

 

Wie wir da so sitzen, mitten im Wald, fehlt eigentlichen nur noch der Tango um sich wie in Finnland zu fühlen. Was kein Wunder ist, denn Finnland ist tatsächlich nur 300 km entfernt. Und die Sauna ist auch schon da.

 

Sauna

Als ich das Hinweisschild zur mobilen Sauna sah, hatte ich sie mir so mobil gar nicht vorgestellt.

 

Wirklich, wir hätten ganz gern eine Nacht hier verbracht. Auch wenn mit einem Sonnenunter- und –aufgang nicht zu rechnen ist. Noch immer ist der Himmel bedeckt. (Wer die Wälder mal bei Sonnenschein sehen möchte, schaut bei den Cruising Campers vorbei.) Interessanterweise kühlt es abends aber nicht ab wie bei uns. Und ich greife schon mal vor: Wir werden an keinem Abend in Kurland eine Jacke benötigen. Der Himmel allerdings wird aufreißen – morgen, wenn wir über Ventspils nach Jurkalne fahren und einen Abstecher zum breitesten Wasserfall Europas machen.

 

Kap Kolka Denkmal

Kap Kolka, Denkmal fuer die vom Meer genommenen

 

Edit. Hier gehts weiter: http://www.indernaehebleiben.de/was-man-in-lettland-gesehen-haben-muss/

An der großen Kreuzung links: Landhaus Börmoos in Habernis

Mitte der 80er Jahre ließ Klaus Voormann einen hundertjährigen Bauernhof in Habernis herrichten. Voormann ist einer dieser Allround-Künstler, die man nicht unbedingt dem Namen nach kennt, obwohl er tausend Dinge getan hat, die das eigene Leben bereichern. Unter anderem entwarf Voormann das Cover für das Beatles-Album Revolver, produzierte mit Trio Da Da Da, spielte mit Mando Diao das MTV-unplugged-Konzert und schuf eben dieses Idyll an der Geltinger Bucht; das Landhaus Börmoos.

 

Landhaus Boermoos

 

Heute lebt Voormann längst woanders. Und Börmoos ist eine tolle Adresse, wenn man mal nichts als seine Seelenruhe will. Das Landhaus liegt uneinsehbar am Ende einer Birkenallee. Wie das mit vielen Künstlerrefugien so ist, schlägt das Herz gleich einen Takt verträumter, sobald man das riesige Grundstück betritt.

 

Alkoven

 

8 Ferienappartments befinden sich in Vermietung. Sie sind alle mit einer kleinen Küche ausgestattet und fast alle mit Alkovenbetten. Die große Diele mit Kaminraum darf genauso genutzt werden wie der romantische Garten mit vierlei Sitzmöglichkeiten und das wunderbare Lesezimmer voller Coffee-Table-„Literatur“ (also richtige Bücher selbst mitbringen).

 

Lesezimmer

 

Das perfekte Wochenende im Landhaus Börmoos

 

Auf Wunsch kann man im Haupthaus frühstücken und sich ein paar Tipps für den Tag geben lassen. „Zum Strand von Habernis geht es an der großen Kreuzung links“; sagt Heike Brandenburg, die das Landhaus Börmoos seit kurzem leitet. „Geradeaus kommen Sie zum Strand von Norgaarholz. Das ist ein paar Hundert Meter weiter, aber schöner. Nicht so viele Steine.“ Und dann muss sie selbst lachen. Denn nur die wenigstens Menschen würden die (einzige) Kreuzung von Habernis wohl als groß bezeichnen.

 

Grosse Kreuzung von Habernis

 

Die Strände kenne ich beide. Vorvergangenen Frühling haben wir eine wunderbare Woche gar nicht weit entfernt in einem Bauwagen verbracht. Damals legten wir uns fest: Angeln ist die schönste Region Schleswig-Holsteins. Und Habernis ist ein besonders schönes Stück von Angeln.

 

Strand von Norgardholz

 

 

Strand von Habernis

 

Habernis

 

Was ich noch nachzuholen hatte, war ein Spaziergang am Fuße der Habernis Huk, einem bis zu zehn Meter hohen Kliff, das die Strände von Norgaardholz und Habernis trennt. Der Begriff Huk stammt aus dem Friesischen – Hoeck – und bedeutet Winkel oder Ecke, meint im Haberniser Fall soviel wie Vorsprung an der Küste.

 

An der großen Kreuzung geradeaus: Habernis Huk

 

„Oben rum“ ist die Huk komplett in Privatbesitz. Einige Anwohner vermieten Ferienwohnungen, so dass es durchaus Menschen gibt, die in den Genuss des großartigen Ausblicks kommen. Als normale Spaziergängerin kann man höchstens mal zwischen Wäscheleinen und Gartenmöbeln hindurchluschern. Also versuchte ich es am Strand.

 

Habernis Huk

 

Es ist ehrlich gesagt eine ziemlich blöde Idee, die Huk an der Wasserkante umwandern zu wollen. Ab einem bestimmten Punkt hab ich´s nur noch durchgezogen, weil das Umkehren schlimmer schien als das Weitergehen. Auf Geröll zu balancieren, geht einem ja nach einer Weile auch auf die Nerven.

 

Steinstrand

 

Fazit: Falls man noch alle beisammen hat, lässt man´s lieber. Falls nicht, sind Gummistiefel Pflicht. Es gibt ein paar Stellen, an denen man durchs Wasser muss.

 

 

Viel leichtfüßiger ist man auf den Wanderwegen durch das Haberniser Moor unterwegs. 5 Routen unterschiedlicher Länge starten an der Schleuse, wo die Habernis Au in die Flensburger Förde fließt.

 

Habernis Au

 

Wandern im Haberniser Moor

 

Habernis Moor

 

Die Routen wären eigentlich ganz gut ausgeschildert, hätten die Schilder-Verantwortlichen auf den gut platzierten Wegekarten den jeweiligen Standort markiert. Weil sie´s nicht gemacht haben, habe ich mich verlaufen (mein Orientierungssinn ist zugegeben nicht der beste).

 

 

Wäre ich richtig gelaufen, wäre ich direkt am Landhaus Börmoos angekommen. Stattdessen mäanderte ich von einer Route auf die andere, wusste irgendwann gar nicht mehr, wo ich war. Aber was soll´s. Erstens verlaufe ich mich ganz gern (wenn´s schön ist). Und zweitens führen ja doch alle Wege letztlich zur großen Kreuzung von Habernis.

 

Speisen & Getränke mit Blick aufs Meer

 

Angeln ist nicht gerade eine touristische Hochburg. Daher muss man meist auch ein bisschen fahren, wenn man (gut) essen möchte. Insofern ist das Südwesterhaus ein Glücksfall. Vom Landhaus Börmoos sind es nur ein paar Schritte zu dem kleinen Bistro am Strand von Habernis.

 

Suedwesterhaus

 

Das Südwesterhaus konzentriert sich auf deutsch-französische Weine und hält eine kleine Karte mit passenden, regionalen Spezialitäten bereit. Erstaunlich für Angeliter Verhältnisse ist die gute Auswahl an Aperitifen. Da mag man sich durchaus durchprobieren, denn im Südwesterhaus scheint einem die Abendsonne direkt ins Gesicht.

 

 

An der großen Kreuzung rechts: Wackerballig

 

Ein Glücksfall anderer Art ist Wackerballig. Von Habernis sind es etwa 13 km, die man am besten mit dem Rad fährt. Es geht auf weiten Teilen direkt am Wasser entlang. (Räder werden ins Landhaus Börmoos übrigens gern vom Verleih in Steinbergkirche geliefert.)

 

Wackerpulco

 

Was Wackerballig besonders macht: Es gibt gleich 2 gute Restaurants. Das ist nicht selbstverständlich in der Gegend und eine gute Sache, falls man in einem der beiden Restaurant keinen Tisch mehr bekommt. Das Wackerpulco liegt auf dem Ponton des Yachthafens, so dass man sich wie auf einem Schiff fühlt. Das Strandhuus befindet sich direkt vorn am Steg und kann ebenfalls mit großartigem Ausblick punkten. Es wäre ein Fehler von der Inneneinrichtung im Strandhuus aufs Essen zu schließen. Die Steaks sind ganz phantastisch; der Fisch frisch.

 

Wackerballig

 

An der großen Kreuzung links: Unewatt

 

Ein kulinarisches Highlight ist das Landhaus Unewatt, etwa 10 km vom Landhaus Börmoos entfernt. Das Essen ist super, das Restaurant traumschön (ganz Unewatt ist traumschön; ein bewohntes Freilichtmuseum). Spezialität des Hauses sind Bröselfetzen – superduperleckere Wiener Schnitzel.

 

Unewatt

 

Abzüge in der B-Note gibt’s für eine 80er-Jahre-Zickigkeit im Service. Wie wir beobachteten, wurden Gäste um 20.30 Uhr abgewiesen, weil „die Küche um 21.00 Uhr schließt“. Ich vermute, es ging um´s Prinzip. Wir haben nämlich noch lange danach gegessen (wobei ich zugebe, dass wir ab 20.40 Uhr die letzten Gäste waren.)

 

Neukirchen Anleger

 

Das ist sowieso so eine Sache in Angeln. Um 22.00 Uhr ist Schluss mit lustig. Überall. Aber irgendwas ist ja immer. Und außerdem bietet sich dadurch die Möglichkeit, ganz allein am Strand zu sitzen. Bis es stockdunkel ist und still und die Mücken einen letztlich vertreiben.

 

Flagge Lettland

Ist Riga das neue Berlin?

Es erstaunte mich, auf diversen Blogs zu lesen, Riga sei das neue Berlin. Denn ich glaubte, Riga sei eine raue Hafenstadt am eiskalten Meer.

Beides stimmt nicht, wird mir klar, als wir den Mini-Bus (2 Euro, 20 Min) vom Flughafen in die City nehmen. Erstens liegt die Hauptstadt Lettlands überhaupt nicht am Meer; sondern gute 20 Kilometer die Daugava hinauf. Zweitens ist der Busfahrer freundlich (also kein Berliner, wa?!)

Nur der Sommer ist wie in Berlin: stabil. 30 Grad, blauer Himmel.

 

Akademie der Wissenschaften Riga

Das Erbe der Besatzer: mittig die Akademie der Wissenschaften im Stil des sozialistischen Klassizismus der 1950er Jahre. Davor die Markthallen; errichtet aus deutschen Luftschiffhallen.

 

Der Bus spukt uns nahe des Bauchs von Riga aus: dem Zentralmarkt, einem der größten Märkte Europas. Für den Bau der Markthallen wurden zwei deutsche Zeppelinhallen genutzt. Walhalla und Walter heißen die mobilen Luftschiffhallen aus denen die Letten fünf Pavillons konstruierten, in denen heute – hübsch voneinander getrennt – Fisch, Fleisch, Milch, Gemüse und Gastronomiebedarf verkauft wird.

 

Zentralmarkt Riga

 

Geht es in den Hallen monothematisch zu, laufen einem draußen Ohren, Nase und Augen über. An 364 Tagen im Jahr bieten Bauern, Hobbygärtner und Handwerker ihre Waren auf dem Gelände an. Zwischen 80.000 und 100.000 Menschen besuchen täglich den Zentralmarkt.

 

Riga, die größte Stadt des Baltikums

 

Und jetzt ist es da, dieses Hauptstadtgefühl, das sich nur in großzügig angelegten Städten einstellt (also z.B. nicht in Hamburg sondern in Berlin. Oder Riga.) Nur ein paar Schritte und wir sind im Herzen von Riga, das sich in Neustadt und Altstadt gliedert.

 

Riga

 

Für den Look der Neustadt war Michail Eisenstein zuständig; ein jüdischer Deutsch-Balte, der den russisch-orthodoxen Glauben angenommen hatte. Geboren in St. Petersburg wurde der „Architekt des Jugendstils“ 1893 Leiter der Rigaer Bauverwaltung. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Neustadt zum wichtigsten Jugenstilensemble der Welt.

 

 

Mehr als 700 prunkvolle Gebäude kann Riga aufweisen; über 50 hat Eisenstein selbst entworfen. Fantastische Fabelwesen mit weit aufgerissenen Mündern und mürrischen Minen blicken von verschwenderischen Fassaden. Eisensteins Architektur zielt direkt ins Innere des Betrachters. Mit der Gigantonomie von Berlin hat seine Kunst nichts zu tun. Sie erinnert in ihrer Feinheit eher an Wien oder Paris.

 

Riga, die Jugenstil-Metropole

 

Wir reden an diesem Tag (in diesen Zeiten) viel über die zerstörerische Kraft politischer Systeme. Wie sie Familien trennt. Städte. Länder. In Lettland ist das sichtbar wie kaum irgendwo sonst. Riga stand in seiner langen Geschichte unter deutscher, polnischer, schwedischer und immer wieder russischer Herrschaft. Auch zu Eisensteins Zeiten war Riga dem Zarenreich zugehörig.

 

Riga

 

Da Eisenstein sich nicht mit der Oktoberrevolution identifizieren konnte, wanderte er nach Berlin aus. Sein Sohn Sergej hingegen ging nach Moskau und wurde mit dem Film Panzerkreuz Potemkin einer der größten Regisseure aller Zeiten.

 

Die Neustadt endet jenseits der Parks und Grünanlagen, die auf den früheren Stadtbefestigungen entstandenen sind. Autos müssen draußen bleiben. Das macht Riga zu einer leisen, entspannten Stadt.

Auf dem Freiheitsboulevard ist eine der wichtigsten Sehenswürdigkeit Rigas zu finden: Das Freiheitsdenkmal. Es symbolisiert die Unabhängigkeit Lettlands.

 

Freiheitsdenkmal

 

Die Freiheitsfigur blickt zur Altstadt, die noch viele Gebäude aus ihren Gründungsjahren aufweist. Es war übrigens ein Bischoff aus Bremen, der 1201 den Grundstein legte. Er kam als Missionar; was ja in der Regel nichts anderes als Kolonialismus ist.

 

KatzenhausRiga wurde von einem Bremer gegründet

Die Altstadt ist aufgemöbelt und wunderschön. Aber auch ganz schön touristisch. In Gruppen pilgern die üblichen Japaner, Europäer und Amerikaner durch enge Gassen. In mittelalterlicher Kulisse speist man Burger zu Live Musik. Die Deutschen besetzen mal wieder alle Plätze in den Restaurants, die von der Süddeutschen empfohlen werden. Altstadt RigaVieles ist wirklich uralt. Manches Rekonstruktion. Etwa das gotische Schwarzhäupterhaus. 1941 wurde das Schwarzhäupterhaus von deutschen Besatzern beinahe zerstört. Was übrig blieb, sprengten die russischen Besatzer 1948. In den 1990er Jahren wurde es originalgetreu wieder aufgebaut.

 

 

Als wir nicht mehr auf Asphalt laufen mögen, unternehmen wir eine Bootstour auf der Daugava, dem Schicksalsfluss, wie die Letten sagen. Es ist eigentlich die langweiligste Bootstour der Welt, denn Riga versteckt sich irgendwie – vom Fluss gesehen. Andererseits ist Wasser natürlich das Wichtigste in einer Stadt. Und überhaupt.

 

Riga

 

Riga, das neue Berlin? Das können wir nicht finden. Dafür ist alles zu adrett und sauber und schön. Natürlich, es gibt ein Hippsterviertel und Schrabbelecken. Besonders am anderen Ufer. Aber wo gäbe es das nicht?! Riga ist das neue Prag, meint Volko. Und das trifft es ziemlich gut.

 

 

Aber eigentlich ist Riga natürlich Riga. Unbedingt einen Besuch wert. Vor allem weil Riga eine Ostseemetropole ist. Und was die Bademöglichkeiten betrifft mindestens so gut wie Kopenhagen, Stockholm oder Helsinki.

 

Riga ist Riga. Und Riga Strand: Jurmala

 

1920 wurden einige Badeorte zur Stadt „Rigas Jurmalas“ zusammengefasst; Strand von Riga. Jurmala zieht sich über 26 Kilometer (!) an der Ostsee entlang. Jurmala ist weißer Sand und dichter Kiefernwald und ein Durcheinander aus prächtigen Villen, Sommerhäusern in klassischer Holzbauweise und vereinzelten Sowjet-Scheußlichkeiten. Das ist bezaubernd.

 

 

Jurmala erreicht man mit öffentlichen Verkehrsmitteln vom Flughafen aus in 20 min; von der City braucht man eine knappe halbe Stunde. Gefühlt jedoch reist man 100 Jahre in der Zeit zurück. Dort Quartier zu nehmen, wäre schön praktisch für Leute, die ein Städtetrip zeitweise stresst. Also z.B. für mich.

 

Ostsee

 

Aber wir sind ja nicht nur für einen Kurzbesuch nach Riga gekommen. Wir sind im Urlaub in Lettland. Und der geht jetzt erst so richtig los. Denn nördlich von Jurmala beginnt die Einsamkeit. Wer sich dafür interessiert: Klick.

 

Lettland

Manchmal muss man weiter weg: Lettland

Wir kommen gerade aus Lettland. Es war großartig. An 3 von 8 Tagen zeigte sich der Himmel bedeckt. Ansonsten schien die Sonne. Warm war´s immer. Geregnet hats nie. Und in die Ostsee sind wir auch gesprungen.

Es klingt im Prinzip so ähnlich wie das, worüber wir sowieso ständig berichten. Es war aber wunderbar anders. Manches erlebt man eben nur weiter weg. Also, was ist es, das eine Reise nach Lettland so fabelhaft macht?

Die Stille von Lettland

Grillenzirpen auf staubigen Straßen. Wind in den Baumkronen. Das ewige Rauschen der Ostsee. Nicht einmal Flugzeuge am Himmel. Lettland kann so still sein, dass man selbst ganz ruhig wird. Beinahe so ruhig wie die Letten. Schon Kinder lernen, leise zu spielen.

 

Kaltene

 

Letten geben sich derart zurückhaltend, dass es als Emotionslosigkeit durchgehen würde – schimmerte da nicht eine enorme Sensibilität und Selbstvergnügtheit durch. Und genau so ist eigentlich das gesamte Land. Lettlands Stärke ist Sanftheit.

Lettlands Weite

Lettland ist etwa so groß wie Bayern. Hat aber nur etwas mehr als ein Zehntel der Einwohnerzahl des Freistaats. Von 1,9 Mio Letten konzentrieren sich gut die Hälfte auf den Großraum Riga. Das lässt viel Raum für Landschaften, in die sich kaum mal jemand verirrt.

 

Lettland

So faehrt man in Kurland ewig, ohne dass je ein Haus auftauchte.

 

Fast die Hälfte des Landes ist bewaldet. Über Lettland verteilen sich mehr als 700 Naturschutzgebiete und vier große Nationalparks. Sie bieten Heimat für Rehe, Füchse, Elche, Luchse, Biber, Wölfe und seit einigen Jahren sogar wieder Braunbären. Außerhalb der Schutzzonen spielen andere Tiere die Hauptrollen.

Die Katzen von Karosta

Katzen in Parks. Katzen auf der Straße. Katzen im Amüsierviertel. Katzen in Gärten. Katzenversammlungen vor Plattenbauten. Katzen auf alten Villendächern. Katzen am Strand. Katzen. Katzen. Katzen. Manchmal streicht einem eine um die Beine; will vielleicht kurz gestreichelt werden. Bis etwas anderes ihre Aufmerksamkeit weckt. Und sie elegant ihrer Wege geht.

 

 

Unserer Beobachtung nach ist die Population am größten, wo viel russisch gesprochen wird. Die meisten Katzenversammlungen haben wir in Karosta beobachtet. (Karosta ist auch in anderer Hinsicht ein unbedingtes Must-see. Davon hier mehr.)

Die Entdeckung der Langsamkeit

Obwohl der Lonely Planet Lettland zum Top Reiseziel 2016 kürte, legte er keinen „extra“ Reiseführer auf. Wie viele Verlage frühstückt auch der australische Rucksacksepezialist das Baltikum in einer einzigen Publikation ab. Uns scheint das kontraproduktiv. Verführt es doch zum Hot-Spot-Hopping. Dabei will die mittlere der baltischen Republiken gemächlich entdeckt werden.

 

Waldcafe

Waldcafe im Nirgendwo

 

An langen, langsamen Sommertagen, scheint sich die Zeit zu relativieren. Wie spät? Egal! Welches Jahrhundert? Keine Ahnung. Der Plan? Kein Plan. „Best enjoyed slowly“ empfiehlt die offizielle Tourismusseite. Zu Recht.

Der Norden im Osten

Menschen, die am liebsten in den Norden reisen, haben ja oft einen Tick mit dem Licht. (Fotografen sowieso). Wie überall im Norden ändert sich das Licht in Lettland ständig und man kann schwer sagen, wann es am schönsten ist. Vielleicht am späten Nachmittag, wenn die Sonne die Ostsee glitzern läßt?

 

Meer

 

Die östliche Ostsee

Die lettische Küste ist knapp 500 km lang. Auf weiten Strecken scheinen die Strände nahezu unberührt. Einmal ging ich nahe Roja, der selbsternannten „Hauptstadt des Sommers“, 2,5 Stunden spazieren und traf: keine Menschenseele. Im Juli. Die Ostsee scheint weiter in Lettland. Kaum, dass je ein Schiff am Horizont auftauchte. Gibt ja auch nicht viel in der Nähe, wohin sie steuern könnten.

 

Jurkalne

 

Wer so viel Einsamkeit bedrückend findet, kann in Lettland auch lebendigere Badeorte ansteuern. Vor allem nahe der Städte. Dort spürt man dann so richtig, dass Lettland zwischen den Kulturen liegt.

 

 

Das Beste vom Westen und Osten

Viele Städte Lettlands wurden von deutschen Missionaren gegründet. Sie spiegeln die mittelalterlichen Orden genauso wie den Reichtum der Hanse oder die Eleganz des russischen Zarenreichs. Aber es gibt auch Zeugen deutscher Zerstörungswut während der Weltkriege und der Ausrottung jeglicher Schönheit in den Jahrzehnten sowjetischer (völkerrechtswidriger) Okkupation.

 

Jugendstil Riga

Riga, die elegante Jugendstilmetropole

 

Kuldiga Museum

Romantisch: Kuldiga (ehemals Goldigen)

 

Karosta

Raue Hafenstadt Liepaja (ehemals Liebau)

 

Lettland hat als Spielball zwischen den Mächten über die Jahrhunderte viel Leid erfahren. Umso überzeugter treten Letten für Freiheit und Frieden ein. Das Land gilt als Musterschüler der EU. EU-Gegner müssten in Lettland ins Grübeln kommen (falls sie dazu in der Lage sind). Die Brüchigkeit dessen, was wir als selbstverständlich betrachten, ist im Baltikum ebenso greifbar wie der Segen des europäischen Gedankens.

 

Lettland ist preis-wert

Wer seinen Urlaub am liebsten im Norden verbringt, muss ja tendenziell kräftig in die Tasche langen (oder seine Ansprüche extrem herunterschrauben). Im Baltikum urlauben Nordsüchtige allerdings weit über deutsche Verhältnisse. (Mal abgesehen von Riga.)

 

Pilsbergi

Lettland-Style: Ein bisschen Schweden, ein wenig altes Russland, etwas Finnland und einen Hauch Vorkriegs-Deutschland: Letten haben ein Talent, sich auf das Beste zu konzentrieren.

 

Für feine Unterkünfte in grandiosen Lagen zahlten wir zwischen 45 und 70 Euro fürs Doppelzimmer. Es ginge noch viel, viel günstiger. Wie alles in Lettland sind Gästehäuser, Pensionen, Hotels etc. blitzsauber und bieten selbst in einsamster Lage kostenlosen, superschnellen WLAN-Zugang.

 

Die Verpflegung belastet das Urlaubsbudget minimal. Kleine Gerichte (Omeletts, Suppen, Salate etc.) liegen zwischen 2 und 4 Euro. Hauptgerichte etwa bei 5 bis 8. Aber das ist nicht das Wichtigste an der lettischen Küche.

Die lettische Küche

Wir behaupten: Die baltische Küche ist die beste Küche im Norden. Wobei es natürlich auch in Dänemark, Schweden, Island, Irland, England usw gutes Essen gibt – aber in Lettland muss man nicht nach guten Dingen suchen – sondern alles schmeckt immer und überall.

 

 

Wer sein Essen lieber selbst zubereitet, wird sich auf den Märkten wie im Himmel fühlen. Davon erzählen wir noch genauer, wenn wir mit unserer Reiserouten und konkreten Tipps um die Ecke kommen. Dieser Bericht versteht sich nämlich nur als lettischer Appetizer. Beim nächsten Post werden wir gehaltvoller.

 

Beeren

 

5SeenFahrt

Kann man mal machen, meint Frau Z.: die 5-Seen-Fahrt

Auf einem Ausflugsbewertungsportal schreibt Frau Z. aus H. über die 5-Seen-Fahrt: „Kann man machen. Die Fahrt dauert zwei Stunden, eine hätte aber gereicht, denn viel gibt es nicht zu sehen, außer: Seen, Wälder, Wasservögel, Anleger und ein paar Villen.“ Dafür verteilt Frau Z. drei von fünf möglichen Sternen.

Dem gibt´s auch gar nicht viel hinzuzufügen, denn so ist sie nun mal – die Holsteinische Schweiz. Nichts als Seen…

 

5 Seen Fahrt

 

… Wälder …

 

 Malente Holm

 

… Anleger ….

 

Segelboot

 

… und Villen.

 

Dieksee

 

Maximale Villendichte herrscht am Edebergsee in Plön. Beim Ausflugslokal Fegetasche startet die Weiße Flotte stündlich auf kleine Fahrt. Die Fegetasche hat ihren Namen einer mittelalterlichen Zollstation zu verdanken; einst wurden Reisenden am Edebergsee die Taschen ausgefegt. Die 5-Seen-Fahrt ist mit 10 Euro allerdings erschwinglich.

 

Edebergsee

Immer das Gleiche in der Holsteinischen Schweiz: See, Wald, Anleger, Villa.

Um eine Sache muss ich Frau Z.´s Aufzählung doch noch ergänzen: Bootshäuser. Sie präsentieren sich beinahe ebenso unterschiedlich wie die Seen der

5-Seen-Fahrt: Edebergsee, Höftsee, Behlersee, Langensee und Dieksee.

Der flachste See ist 8 m tief, der Tiefste über 40. Der Kleinste erinnert an den Hamburger Feenteich. Der Größte lässt von kanadischer Weite träumen. (Wenn man zum Träumen neigt.)

 

 

Apropos kanadische Weite: Toll muss die Tour auch im Herbst sein, wenn die Wälder sich färben. Unter Deck wird dann geheizt. Ob man dann aber die gleiche Vielfalt an den von Frau Z. erwähnten Wasservögeln beobachten kann, weiß ich nicht. Jetzt im Sommer tummelt sich der Nachwuchs vor allem auf den kleinen, romantischen Inseln. Die Möweninsel im Langensee etwa ist ein wichtiges Brutgebiet.

 

Angler

Insel Langenwarder

 

Falls einem Seen,  Inseln, Wälder, Wasservögel, Anleger mit Bootshäusern und Villen nun nicht so viel geben, macht das gar nichts. Man ist nicht gezwungen, die ganze Zeit zu gucken. Man kann sich ebenso gut sein Lieblingsgetränk bestellen, die Augen schließen, die Sonne auf dem Gesicht spüren, den Wind in den Haaren, solche Dinge.

 

Liebesinsel Malente

Liebesinsel

 

Noch was, das man auf der 5-Seen-Fahrt sieht: 1 (in Worten: ein) schlimmes Haus. Die Bruchbude des ehemaligen Intermar-Hotels in Malente-Gremsmühlen.

 

Angler

 

Wer zwei Stunden auf einem Schiff langweilig findet, kann an jedem Haltepunkt aussteigen, um sich die dazugehörigen Luftkurorte anzusehen. Sie lohnen sich alle.

5-Seen-Fahrt: Plön, Timmdorf, Malente und Niederkleveez

Man kann auch ein Stück wandern, um an einem anderen Anleger wieder an Bord zu gehen. Denn die 5-Seen-Fahrt funktioniert wie die Hop-on/Hop-off-Busse der Metropolen dieser Welt.

 

Wunderbare Geranien :-)

Wunderbare Geranien 🙂

 

Am besten steigt man in Malente-Gremsmühlen aus. An die Promenade schließt sich ein wunderschöner Spazierweg an. Es geht in den Holm-Wald mit seinen geheimnisvollen, glasklaren Spiegelteichen; einer ehemaligen Fischzuchtanstalt. Dort befindet sich auch eine Natur-Kneippanlage (wo schon Onkel Pankratz Wasser trat, falls sich noch jemand erinnert?!)

 

Spiegelteich

Spieglein, Spieglein in dem Wald

 

Knapp 5 km führt der Uferweg bis zum Fährhaus von Niederkleveez. Der Garten am Dieksee ist eine Wucht. Ein Stück selbstgebackener Kuchen kostet 2,50. Wer danach nicht mehr laufen mag, nimmt das nächste Schiff zurück nach Plön. Wer noch ein bisschen Energie in sich spürt, spaziert ca. 2 km weiter zum Anleger von Timmdorf.

 

Niederkleveez Faehrhaus

 

Timmdorf ist vielleicht das idyllischte Dorf der Welt; inkl. Landgasthaus und einigen Galerien. Wobei zugegeben auch in Timmdorf die Hauptsache wieder Seen, Villen, Anleger, Bootshäuser, Wälder und Wasservögel sind. Und Gut Trollholm. Allein für den Namen geben wir schon ein Extra- Bewertungssternchen.

 

Timmdorf

Richtig doof fotografiert: immerhin zeigt es die tolle Lage von Timmdorf

 

Insgesamt landet die 5-Seen-Fahrt bei 6 von 5 Punkten. Sollte man mal machen, finden wir. Mit genügend Zeit im Gepäck: so vier, fünf Stunden. Alles Wichtige findet Ihr hier: alles Wichtige.

 

5-Seen-Fahrt

 

PS.: Wie immer freuen wir uns über Kommentare – allerdings werden wir nicht so zügig freischalten und/ oder antworten können wie normalerweise. Wir sind jetzt nämlich erst mal off-line für eine gute Woche. Bis dahin: Ahoi und eine schöne Zeit. Angeblich steht Norddeutschland ja ein Blitzsommer ins Haus.

 

Elberadweg

Unterelbe und Auenland: Radtour von Wedel nach Glückstadt

Vergangenen Sonntag sind wir auf dem Elberadweg von Wedel nach Glückstadt gefahren; immer am Deich lang, etwa 37 Kilometer. Nach Wedel kamen wir mit der S-Bahn. In Glückstadt nahmen wir den Zug zurück nach Hamburg. Unterm Strich war´s das, was wir einen absolut gelungenen Sonntagsausflug nennen würden. Besonders wenn man sich langsam, langsam treiben lässt.

 

Wedel

 

Die Entscheidung, mit der S-Bahn nach Wedel zu fahren, war super. So sind wir den Touristenmassen zwischen Landungsbrücken und Blankenese ausgewichen – und (noch besser) waren sofort auf dem platten Land.

 

Deich

 

Wenn man in die Elbmarschen einbiegt ist Ruhe im Karton. Die letzten Spaziergänger hat man bald hinter sich gelassen. Der Blick darf weit werden. Die Gedanken auch.

 

Deich

 

Auf weiten Strecken kann man beidseitig des Deichs fahren (also buten und binnen). Wobei sich der elbseitige Weg meistens rumpelig darstellt. Hätten wir vorher gewusst, dass uns im weiteren Verlauf noch genügend Elbblick erwartet, wären wir gleich binnendeichs geblieben.

 

Elberadweg

 

Der Deichverteidigungsweg ist viel besser in Schuss. Asphaltiert und fernab der Straßen mäandert er durch das Süßwasserwatt der Haseldorfer Binnenelbe; ein wunder-, wunder-, wunderschönes Naturschutzgebiet und Refugium von Graureihern und Kormoranen.

 

Haseldorf

 

Eine Rennstrecke ist der Elberadweg im Auenland der Unterelbe nicht. Wie immer am Deich muss man sich alle naselang umständlichlichst durch Schafsgatter schlängeln. Die Schafe sind die Chefs; da gibt es keinen Zweifel.

 

Schafe

 

Die Ortschaften zwischen Wedel und Glückstadt ahnt man mehr, als dass man sie wirklich sieht. Einzige Ausnahme: Kolmar. Kolmar ist ein richtiger Urlaubsort. Mit Strand und Hafen und Pipapo. Dass es so etwas an der Elbe überhaupt gibt, wussten wir gar nicht.

 

Kolmar

Faehrhaus Kolmar direkt auf dem Deich

 

(Wer gar keine Lust zum Radfahren hat, mag vielleicht einfach mal so nach Kolmar fahren. Und dann die letzten 6 oder 7 km bis Glückstadt spazieren. Lohnt sich; unserer Meinung nach.)

 

 

Tipps für den Elberadweg zwischen Wedel und Glückstadt

 

Der Elberadweg ist so toll, weil man sich um fast nichts Gedanken machen muss. Man fährt geradeaus und sonst nichts. Vorschlagen möchten wir nur drei Dinge.

Unbedingt mitnehmen: Badesachen.

Strandzugang

 

An irgendeinem der vielen Elbstrände will man vermutlich mal rein, um sich abzukühlen. Besonders die längeren Strandabschnitte sind ganz gut besucht. Und nicht überall ist Baden erlaubt. Aber je weiter man sich von Hamburg entfernt, desto öfter entdeckt man kleine, versteckte Badestellen.

 

Strand Hetlinger Schanze

Strand an der Hetlinger Schanze

 

Unbedingt zuhause lassen: Proviant.

 

Imbiss Haseldorfer Hafen

Empfehlenswert: Im Imbiss am Haseldorfer Hafen wird der Fisch ganz frisch geraeuchert.

 

Hofcafes, Fischbrötchenbuden, Restaurants, Beachbar (in Bielenburg kurz vor Glückstadt; ganz toll!) … schön reduziert aber regelmäßig taucht irgendwas am Wegesrand auf, das die Einkehr lohnt.

 

 

Unbedingt einplanen: die Öffnungszeiten der Sperrwerke.

 

Kate

 

Gegenüber der Elbinsel Pagensand liegen Pinnau- und  Krückausperrwerk. Am Wochenende kommt man hier zwischen 13.00 und 14.00 Uhr nicht rüber; nach 18.00 Uhr sogar gar nicht mehr. Und in der Woche lediglich zu bestimmten Zeiten. Das Ganze sowieso nur zwischen Mai und September. Wenn nicht gerade irgendwelche Bauarbeiten anstehen. Also ggf. vorher auschecken.

 

Boot

 

Nicht nur wegen der Sperrwerke ist die Radtour von Wedel nach Glückstadt ein Sommerweg. Total empfehlenswert für überraschend sonnige Sonntage, an denen man erst nach dem Ausschlafen entscheidet, dass man raus möchte. Eigentlich gerade. Die träge Stimmung am späten Nachmittag und frühen Abend hat uns besonders gefallen.

 

Sommer

 

Die Züge von Glückstadt nach Hamburg fahren stündlich, so dass man sich wegen der Rückreise nicht stressen muss. Sollte man auch nicht; passt nämlich nicht zu Glückstadt. Passt auch nicht zum Elberadweg. Und zum Sommer ja sowieso nicht.

 

Hafenbar Nettchen

Besser als Hektik: Ein Drink in der Hafenbar Nettchen

 

‚Cause I love to live so pleasantly
Live this life of luxury
Lazing on a sunny afternoon
In the summertime …

(The Kinks)

 

Moewe

Der absolut Schlimmste von allen: Weißenhäuser Strand

Ich glaube, wir haben ihn gefunden, unseren absoluten Alptraumstrand; nämlich Weißenhäuser Strand, eine Ferienanlage mit der Anmutung eines sozialen Brennpunkts in der Hohwachter Bucht. Wobei das natürlich nur unsere persönliche Meinung ist.

 

WeissenhaeuserStrand

 

Kant sagte: „Über Geschmack lässt sich nicht disputieren“. Geschmacksurteile sind subjektiv und empirisch auf einen Einzelfall, eine Landschaft, ein Kunstwerk bezogen: „Das Geschmacksurteil ist also kein Erkenntnisurteil, mithin nicht logisch, sondern ästhetisch.“ Aber trotzdem… Oder gerade…

 

Weissenhaeuser Strand

 

Weißenhäuser Strand, das sind 1.200 Ferienwohnungen direkt aus der Siebziger-Architekturhölle, ein Hotel, ein Spaßbad und anderen Remmi-Demmi-Sachen, über die wir nichts sagen können, weil wir es nicht lange genug in der Anlage aushielten, um uns alles anzusehen.

 

Duenenheide

 

Der Freizeit- und Ferienpark wurde mitten in die Dünenheide des Naturschutzgebietes Weißenhäuser Brök geklotzt. Wie sah er wohl aus, der Mensch, der die Genehmigung erteilte?

 

Ostseestrand

 

Selbst der Strand hat was Trauriges; und das muss man erst mal hinkriegen. Denn die Hohwachter Bucht ist von Natur aus eigentlich wunderbar. Weißenhäuser Strand grenzt allerdings östlich an den Truppenübungsplatz Putlos; ist also mit einem Zaun versehen, hinter dem ab und zu rumgeballert wird. Und ich finde, das verträgt sich schlecht – denn ans Meer will man doch wegen der Freiheit.

 

Strandkorb

 

Urlaub am Weißenhäuser Strand ist gar nicht günstig

 

Der größte Witz ist eigentlich, dass das Parkticket am Weißenhäuser Strand 10 Euro pro Tag kostet. Was ihn vermutlich zum teuersten Parkplatz der Ostseeküste macht. Sowieso ist der Urlaub am Weißenhäuser Strand nicht günstig.

 

Buggy

 

Das billigste 1-Zimmer-Appartement kostet 75 Euro (max. 2 Personen, 20 m im Quadrat, Blick auf den „Dorfplatz“ mit Animationsbühne, der eigentlich Betonplatz heißen sollte und wo schon morgens schlimmste Eurobeat-Mucke  dudelt.) Für den Preis bekommt man fast überall an der Ostsee viel, viel Schöneres. Also etwas, das wir schöner fänden – aber das heißt natürlich nichts. Aber trotzdem…

 

Weissenhaeuser Strand

 

How bizarre (how bizarre, how bizarre): im Juli ist kaum mehr was zu kriegen am Weißenhäuser Strand. Auch im August weist die Internetseite nur noch geringe Kapazitäten auf. Auf den üblichen Bewertungsportalen bekommt die Anlage im Schnitt 4 von 5 Sternen. Womit wir wieder bei Kant wären: Schönheit liegt eben im Auge des Betrachters.

 

Tristesse

 

Ich sage wundervoll!
Und ich sag buäh.
Ich sage einfach toll!
Und ich sag buäh.
Und wenn ich denk, da ist was fantastisch…
Dann scheints mir hässlich und grässlich zu sein.

(Im Duett zu singen; Sesamstrassenversion von Kants Kritik der Urteilskraft)

 

Wasserrutsche

 

Ich frag mich, wie die PR-Leute vom Weißenhäuser Strand ihre Anlage so finden?! Interessanterweise gibt es nämlich überhaupt keine Fotos von den Appartementhäusern auf der Internetseite. Aber das haben wir jetzt ja nachgeholt.

 

Strandbashing: Der absolute Höllenstrand

 

Und wo wir nun schon gerade beim Strandbashing sind: Welcher ist denn Dein Höllenstrand? (In Deutschland versteht sich, denn man soll ja immer schön vor der eigenen Haustür kehren.) Und ich meine nicht einen „nicht so schönen“ Strand. Ich rede von der absoluten und 100%igen Katastrophe?! Gibt es etwas noch Schlimmeres als Weißenhäuser Strand? Wir sind gespannt.

 

Seebruecke

 

Dieser Tag ein Leben: 24 h am Dieksee

Sonntags in Malente, einem kleinen Kurort gelegen zwischen Kellersee und Dieksee. Es hat sich nichts verändert, seit unserem letzten Besuch vor zwei Jahren. Genau genommen scheint sich seit 50, 60 Jahren nichts zu verändern. Einerseits ist uns das schleierhaft. Andererseits gerade Recht. Malente wirkt ein wenig müde, aus der Zeit gefallen, einen Tick zu leer. Und eben das löst eine bestimmte Unbeschwertheit in uns aus. So als wäre die echte, die ernste Welt weit weg. Alles ist sanft. Selbst der Landregen.

 

11.00 Uhr: Holsteiner Schinken statt Hamburger Brunch

Im Räucherofen vor Petersens Schlachterei in der Bahnhofsstraße räuchert irgendwas extrem Leckeres vor sich hin. Gut, dass wir uns heute das Frühstück geschenkt haben. Jeder Ausflug, der was auf sich hält, beginnt mit einer landestypischen Speise. In Petersens historischer Kate baumeln die berühmten Holsteiner Schinken zu Hunderten unter der Balkendecke.

 

 

Das Brot zum Schinken wird in einem historischen Ofen gebacken; beheizt mit Buchenholz. Seit 100 Jahren stehen die Petersens für Katenrauchspezialitäten und „Eingewecktem nach Oma Ernas Rezepten.“ Alles selbstgemacht, alles aus der Region, versteht sich.

 

Holsteinische Schweiz

Ausblick (leider bei Regen) vom Holzbergturm in Neversfelde

 

12.30 Uhr Die Holsteinische Schweiz: Überblick

 

Vor 10.000 Jahren schoben Gletscher aus Skandinavien tonnenschwere Eismassen in den Osten Schleswig-Holsteins. Die Kräfte des Eises zermalmten Felsbrocken, stapelten Gesteinsbrocken zu hohen Kuppen und gruben tiefe Senken. So entstand die Holsteinische Schweiz, eine hügelige Landschaft mit mehr als 200 Seen; schön wie das Auenland.

 

Holsteinische Schweiz

Das ist er, der Dieksee

 

Kaum sind wir zurück beim Auto, fegt der Wind die Wolken davon. Das ist eine Art kosmisches Gesetz in Norddeutschland. Man sollte es nicht bedauern, sondern sich wie die Einheimischen über die feuchten, smaragdgrünen Weiden freuen…

 

 

…und den Blick vom Seeufer auf den Holzbergturm genießen.

 

Holzbergturm Malente

 

14.00 Uhr Uhr: Einchecken im Fährhaus

Das Fährhaus Niederkleveez liegt direkt am Dieksee; einen Waldspaziergang von Malente entfernt. Die Zimmer sind nicht wirklich der Rede wert. Der Aufpreis für den Seeblick in unserem Fall nur bedingt berechtigt, weil minimal. Aber die Lage ist ein Kracher.

 

 

Im Garten warten Sonnenliegen, Strandkörbe, ein Pavillon für Regen oder Hitze, Bootsstege und sogar ein kleiner Sandstrand. Durch Rosenhecken kann man sich zum Diekseefischer Johannes Schmidt durchschlängeln.

 

 

Das Fährhaus Niederkleveez ist bekannt für wunderbaren Kuchen. (Hat man allerdings ein Schinkenbrot bei Petersen gegessen, geht höchstens ein Kaffee.) Nähert sich ein Ausflugsschiff der weißen Flotte, bleibt genügend Zeit, um die Rechnung zu begleichen und entspannt zum Anleger zu schlendern.

 

15.30 Uhr: Ein echter Klassiker – die 5-Seen-Fahrt

 

 

Dieksee

 

2 Stunden taucht man in die höchst unterschiedlichen Wasserwelten von Dieksee, Langensee, Behlersee, Höftsee und Edebergsee ein. Vom Sonnendeck träumt man sich an jedes Ufer, vor jedes Badehäuschen, auf jede Insel. Wir konkretisieren das demnächst noch mal in aller Ausführlichkeit.

 

Dieksee

 

18.00 Uhr: Vom Suchen und Finden

 

Sommerabende haben ja die Eigenschaft, längst Vergangenes in uns anzuticken. Leichter als ein gutes Abendessen findet man in und um Malente das Gefühl von großen Ferien und andere Kindheitsträume.

 

Holsteinische Schweiz

 

Schon als kleiner Junge interessierte sich Volko für die Sportschule Malente. Er verortete sie irgendwo zwischen Mallorca und Marbella. Erstens aus auditiven Gründen und zweitens schien es logisch, dass die Nationalmannschaft ihr Trainingslager in Spanien absolviert. Der Geist von Malente wirkt bis heute (besonders bei meinem Freund – und ganz besonders auf sein Humorzentrum). Sogar Beckmanns EM-Sendung (und ganz besonders Tim Wiese) findet er (als Einziger auf der Welt) urkomisch. Und dass man durch den Uwe Seeler Park streunern darf… einfach großartig.

 

 

Vom Uwe-Seeler-Park hat man einen tollen Blick auf den zweiten See Malentes; den Kellersee. Dort liegt der Immenhof von Dick & Dalli. Jochens Reiterparadies, das Dodauer Forsthaus, findet sich – nahezu unverändert – nur einige Alleen entfernt.

 

Allee

 

Die große Attraktion im Dodauer Forst ist die Bräutigamseiche. Sie funktioniert in etwa wie Tinder. Bloß nicht so brutal. Seit 1927 senden Beziehungswillige ihre Kontaktgesuche zur Bräutigamseiche. Der Postbote deponiert sie in einem Astloch. Oder man kommt persönlich vorbei. Das Postgeheimnis gilt hier nicht. Jeder darf die Briefe lesen und/oder mitnehmen. Über 100 Ehen hat die Bräutigamseiche schon auf dem Kerbholz. Anschrift: Bräutigamseiche, Dodauer Forst, 23701 Eutin.

 

Dodau

 

21.00 Uhr: Sundowner

 

Abends geht nicht mehr viel rund um den Dieksee. Aber ein Sundowner ist natürlich noch drin. Am besten auf einer Bank am Anleger; da hat man am längsten Sonne. Zum Beispiel im Fährhaus Niederkleveez.

 

Abendsonne

 

06.00 Uhr: Wanderung um den Dieksee

 

Die Sonne geht auf. Und ich um den See. 12, 13 oder 14 km lang ist der Rundweg um den Dieksee (es streiten sich die Quellen).  Aber das ist ja auch nicht das Wichtigste. Das Wichtigste ist das unglaubliche Gepiepse und Geschnatter am Seeufer. Und das Licht, dass sich minütlich ändert. Und das Wiedererkennen – ich kann kaum glauben, was wir gestern alles gesehen und gemacht haben. War das wirklich nur ein Tag?

 

 

Als junges Mädchen entdeckte Astrid Lindgren an der Haustür der Autorin Ellen Key ein Zitat, das sie über Jahre beschäftigte. Es stammt aus der Feder des Schriftstellers Thomas Thorild. Lindgren legte die Worte später auf  Saltkrokan in Melchersons Mund: „Dieser Tag ein Leben. Ja, aber das ist ganz ausgezeichnet.“

Und so ist das am Dieksee auch.

St. Peter-Ording

St. Peter-Ording für Newbies (alle Wetter, Strände, Pfahlbauten)

Als ich letzte Woche für drei Tage mit drei Frauen in St. Peter-Ording war, habe ich mich natürlich weniger auf mögliche Bloginhalte konzentriert als auf die Frauen. Ich glaubte auch nicht, viel Neues mitbringen zu können; denn über SPO haben wir schon mehrmals berichtet. Als Hamburger bildet man sich ja gern ein, die Nordsee läge ums Eck, so dass man regelmäßig hinfährt. Allerdings machen wir das nur bei stabiler Wetterlage. Und das war letzte Woche anders.

Weil der Sommer derzeit etwas ruckelt, hatte ich zuvor das Netz nach Tipps für Regenwetter in SPO befragt. Und war erstaunt, als ich auf Sandras Blog Wortkonfetti einen entsprechenden Beitrag fand.

 

Nordseestrand

07.00 Uhr. SPO Bad. Es ist windstill und warm. Die Frisur sitzt.

 

Nicht, dass es grundsätzlich seltsam wäre, bei Sandra zu landen, wenn man was über die Nordsee wissen möchte. Im Gegenteil; wäre die Bremerin nicht schon mit Mann und Maus versorgt, würde sie die Nordsee vermutlich entweder heiraten oder adoptieren. Aber was mich ein paar Gedankengänge lang verblüffte: Sandras erster Besuch in St. Peter-Ording ist noch gar nicht so lange her. Nach ein, zwei Minuten fiel mir auf, wie unsinnig meine Verblüffung über Sandras frische Freundschaft mit St. Peter-Ording ist.

Es passiert mir immer wieder: Wenn ich etwas gut kenne, denke ich, alle anderen kennen es auch. Das ist natürlich nicht so. Also mal von Anfang an das Wichtigste über St. Peter-Ording für Leute, die noch nie da waren. Als da wären: Wetter, Strände, Pfahlbauten.

 

Was ist Was: St. Peter-Ording

 

St. Peter-Ording liegt in Nordfriesland; genauer auf der Halbinsel Eiderstedt. Hier befinden sich die einzigen Sandstrände der Nordseeküste von Schleswig-Holstein. Und was für welche!

 

Boje

 

Eigentlich sind es Sandbänke, geschaffen von der Nordsee. Wenn Sandbänke so weit über dem mittleren Tidehochwasser liegen, dass sie höchstens noch bei Sturmfluten überspült werden, spricht man von Hochsänden.

Und der Wind bringt neuen Sand und die Sandbänke wachsen zu Stränden und der Wind bringt neuen Sand und erste Pflanzen siedeln sich an und der Wind bringt neuen Sand und die Strände wachsen zu Dünenlandschaften.

 

Duene

 

So ist der Strand von St. Peter-Ording geworden, was er heute ist: 12 km lang und bis zu 2 km breit. Der Ort selbst hat beinahe die gleichen Ausmaße. Und das sieht etwa so aus:

 

 

Bzw in der Kartenansicht so:

 

Karte Eiderstedt

 

Ording, Bad, Dorf, Boehl: An allen Stränden finden sich die typischen Pfahlbauten. Meistens sind es 3: Badeaufsicht, sanitäre Anlagen, Restaurant (ursprünglich Giftbude; plattdeutsch für: dor gift dat watt. Nämlich Schnaps.)

 

Pfahlbauten SPO

 

In der Mitte liegt das Zentrum: St. Peter-Ording Bad

 

Als touristisches Zentrum könnte man St. Peter-Ording Bad sehen. Bad muss früher mal wirklich schön gewesen sein, doch seit den 60ern bekleckern sich die Architekten hier nicht gerade mit Ruhm – und gedenken auch nicht, das zukünftig zu ändern. Wenn man öfter in SPO ist, nimmt man das einfach so hin. Grinst höchstens mal drüber. Aber ich könnte mir vorstellen, dass der erste Eindruck für Ästheten ziemlich schockierend ist.

 

Seebruecke SPO

 

Allerdings ist die Hauptsache an SPO ja der Strand. Und dem Strand kann man Gott sei Dank wenig anhaben. Man erreicht ihn über eine Seebrücke – die gar keine Seebrücke ist sondern ein Steg durch die Salzwiesen.

 

Salzwiesen

 

Der Gesang der Lerchen in den Salzwiesen, das ist so ist ein ganz typisches St. Peter-Ording-Geräusch. Die Salzwiesen werden nicht beweidet und überfluten nur noch sehr, sehr selten. Daher haben sich Amphibien angesiedelt, die normalerweise nichts mit der Nordsee am Hut haben. An ihrem Ende laufen die Wiesen in Dünen aus und gehen in den Strand über.

 

St. Peter-Ording

 

Die Seebrücke ist über 1.000 Meter lang. Hat man die hinter sich gebracht, ist man noch immer weit vom Wasser entfernt. Insofern ist St. Peter-Ording der ideale Urlaubsort für alle, die sich schon lange mal ein bisschen mehr bewegen wollten.

 

Strandgym

 

Schwer zu fassen: trotz der gewaltigen Entfernung ist das Pfahlbauten-Restaurant von Bad, das Restaurant Arche Noah, schneller zu erreichen, als die Restaurants der anderen Strände.

 

 

Mittags in St. Peter-Ording. Das Wetter zeigt sich veränderlich. Und was das gastronmische Angebot und den Service im Arche Noah angeht, sag ich´s mal so: Beschränkt man sich auf ein Getränk im Selbstbedienungsbereich, kann man nicht viel falsch machen.

 

Arche Noah

 

Wenn man was Leckeres essen will, geht man einen Strand weiter (egal in welche Richtung).

Ein guter Aufhänger, um meinen letzten Beitrag zu ergänzen. Ich schrieb vor einigen Tagen, es sei unmöglich, ein Reiseziel zu finden, dass meine kleine Tante (passionierte Köchin) genauso glücklich machen würde wie mich (passionierte Spaziergängerin).  Aber das stimmt gar nicht.

In St. Peter-Ording muss man nämlich grundsätzlich spazierengehen, bevor man etwas zu essen bekommt. Und zwar weit. Klarer Fall von WIN-WIN. Kann schon mal passieren, dass man in Bad bei sommerlichem Klima losstiefelt und Ording im Herbst erreicht.

Ording

54 Grad Nord: Am Horizont die Pfahlbauten von Ording

 

Surfer, Kiter, Groupies: Ording

 

Die Strandbar 54 Grad Nord  am Strand von Ording liegt näher am Wasser als alle anderen Restaurants. Bei Flut sogar im Wasser. Kiter und Surfer treiben sich direkt vor der Nase herum, so dass man da Stunden sitzen könnte. Oder auf Liegen liegen. Die Karte vom 54 Grad Nord unterscheidet sich gar nicht so großartig von der Karte im Arche Noah. Küche und Ambiente aber um Längen. (Ich würde es nicht so absolut schreiben, wenn ich nicht mit drei Küchenfeen unterwegs gewesen wäre, deren Urteil ich mehr traue, als meinem eigenen.)

 

 

Ording hat als einziger Strand noch ein zweites Restaurant: die Silbermöwe. Sie ist die rustikalste (also ursprünglichste) Location unter den Pfahlbauten. Manche erinnern sich vielleicht noch an sie aus der Serie „Gegen den Wind“. Außerdem gibts noch eine kleine Bar im Wassersportcenter X-H2O. Dort ist man ziemlich entspannt – es ist ausdrücklich ok, mit eigenen Getränken zum Chill-Out anzutanzen.

 

Das Keitum von St. Peter-Ording: Ortsteil Dorf

 

Friesenkaten, rosenumrankt, Styler-Shops und schnuckelige Gastro. Im Dorf wirds schicker und schicker, so dass man befürchten muss, es könnte bald etwas Kulissenhaftes bekommen. Noch gehts und sowieso bleibt dies der schönste Ortsteil von St. Peter-Ording.

 

Salzwiesen

Ganz dahinten am Ende der Welt: Axels Strandhuette

 

Quasi als ausgleichende Gerechtigkeit gibt´s im Dorf keinen richtigen Strand. Am Ende der Salzwiesen wartet das Watt. Und Axels Strandhütte. Beides ist ziemlich großartig. Von Bad kann man ganz toll auf Trampelpfaden durch die Salzwiesen laufen. Bei verändlicherlichem Wetter nimmt man vielleicht lieber den Bus, damit man nicht (wie wir) auf halber Strecke von einem Irrsinnsregen überrascht wird.

Axels Strandhütte hat die spannendste Küche von allen Strandrestaurants. Abends allerdings sehr hochpreisig; also eher was für besondere Anlässe. Die Mittagskarte geht auch alltags in Ordnung.

 

Seekiste

 

Das Beste zum Schluss am Strand von Böhl

 

Böhl liegt im Süden; ein bisschen ab vom Schuss und bietet außer dem Leuchtturm nicht viel Charmantes. Aaaaber es gibt einen wunderbaren Strand und das beste Pfahlbauten-Restaurant von allen.

Die Seekiste sieht innen aus wie vor 50 Jahren. Ich vermute, seitdem konzentriert (und perfektioniert) man sich in der Seekiste auf die immer gleichen Klassiker. Vor allem Fisch, Labskaus, Sauerfleisch und (wenn die Fangquoten es zulassen) Krabben. Wenn man nur einen Pfahlbauten-Restaurant-Besuch einplant, dann unbedingt die Seekiste!

 

Sonnenuntergang

 

In St.-Peter Ording sollte man übrigens nicht zu spät essen gehen. Die Seekiste etwa schließt um 22.00 Uhr und ist damit schon eins der Restaurants, das lang geöffnet hat. Sollte man ja nicht glauben im Seebad mit den höchsten Übernachtungszahlen von ganz Schleswig-Holstein. Aber so ist es. Und danach geht fast gar nichts mehr.

Was trinken können Sie jetzt nur noch im „Schnorpicon“, erzählte uns die Taxifahrerin, „oder bei Omi.“

Das ist allerdings was für Insider. Davon ein anderes Mal mehr in St. Peter-Ording für Fortgeschrittene.

 

Wind

Das Katinger Watt, meine Familie und ich

Normalerweise wäre ich nicht um halb sieben in Hamburg aufgebrochen, um bei einer Regenwahrscheinlichkeit von 80% im Katinger Watt zu spazieren. Aber heute ist nicht normalerweise. Heute ist Familienurlaub angesagt.

Kein Familienurlaub mit kleinen Kindern (wo man als Elternteil schön bestimmen kann, was passiert und was nicht). Sondern der jährliche Kurztrip mit meiner Mutter und ihren beiden Schwestern. Also insgesamt vier äußerst erwachsenen Frauen.

Und daher spaziere ich präventiv. Ich bin extra zwei Stunden vor den anderen angereist. Man kann nämlich nie wissen, ob man überhaupt noch zum Spazieren kommt, wenn die drei Damen erst mal eintrudeln.

Genau wie man nie wissen kann, ob es in Schleswig-Holstein bei einer Regenwahrscheinlichkeit von 80% regnen wird. Besonders wenn ein ordentlicher Wind geht, könnte der Tag genauso gut mit strahlendem Sonnenschein enden. Das Wetter ändert sich im Minutentakt. Was eine hübsche Analogie auf die Atmosphäre in (vielen) Familien ist.

 

Aussichtsturm Katinger Watt

Aussichtsturm Katinger Watt mit Blick auf den Eiderdamm

 

Das Katinger Watt ist in seiner heutigen Form etwa so alt wie ich. Und längst kein Watt mehr sondern trockengelegt und durch den Eiderdamm vor Überflutungen geschützt. Heute wird es zu einem Drittel landwirtschaftlich genutzt, der Rest ist bewaldet oder wird von Wasser- und Grünlandflächen eingenommen, die vorrangig dem Naturschutz dienen.

 

Eiderpril

 

Und da sieht man mal, dass die Natur viel flexibler ist als der Mensch. Während sich eine Landschaft offensichtlich ändern kann, werde ich in meiner Familie seit Urzeiten auf die Rolle der leicht waldschratigen Person festgenagelt. Alles aufgrund einer unbedachten Äußerung, die ich vor Jahrzehnten getätigt habe.

Damals sagte ich, mir würde es reichen, wenn man sich einmal im Jahr trifft. Was zugegeben nicht besonders nett klingt. Aber ich meinte damit 1.) nur Feste. Und 2.) genieße ich inzwischen vielleicht von allen am meisten, wenn wir zusammen sind. Aber ich kriegs natürlich trotzdem regelmäßig aufs Butterbrot geschmiert. Gern auf plattdeusch. Eenmol in´t Johr, sagen sie dann und Hehehe.

 

Eidersperrwerk

 

Zurück zum Katinger Watt. Seit ich vor etwa eineinhalb Jahren vom Eidersperrwerk aus den schmalen Damm links der Eider gesehen habe, wollte ich unbedingt mal drauf laufen. Ich hab´s bisher nicht hingekriegt. Wie man ja die meisten Dinge nicht hinkriegt, wenn man sie „irgendwann mal“ machen will.

„Irgendwann mal“ never happens, man. Umso toller finde ich, dass wir dieses Jahr zum dritten Mal unsere gemeinsame Reise hinkriegen. Bei 3 Malen kann man schon von Tradition sprechen. Und ich freu mich schon auf die anderen.

Aber erst mal muss ich meine Waldschratigkeit ausleben. Man erreicht den Damm über einen kleinen Stichweg kurz hinter dem Hafen. Von einem Mini-Parkplatz (für ca. 5 Autos) schlängelt sich ein Pfad vorbei an einem See bis zur Eider.

 

Eidersperrwerk

 

Der dazugehörige Parkplatz ist nicht ausgeschildert, aber leicht zu finden: er liegt direkt gegenüber der Zufahrt zum Restaurant Mahre. Es wäre das Einzige, womit man meine kleine Tante (im Gegensatz zur Großen) zu einem Besuch im Katinger Watt überreden könnte. Besonders weil man im Mahre ein Picknick ordern kann. Sowas liebt sie; während sie Spazierengehen hasst. Bei mir liegt die Sache genau anders herum.

Aktualisierung 2019: Das Mahre hat leider seine Pforten für immer geschlossen. Mir bleibt nur die Hoffnung, das irgendwann ein ähnlich gute Gastronomin wie die bisherige etwas Neues an gleicher Stelle wagt. 

 

 

Eigentlich ist es also völlig unmöglich, dass wir auf Reisen etwas finden, das uns gleichermaßen gefällt. Wären wir Freundinnen, kämen wir bestimmt nicht auf die Idee, zusammen wegzufahren. Unsere Interessen sind einfach zu unterschiedlich. Weil wir mehr als Freunde sind, machen wir´s trotzdem; ziemlich oft sogar.

 

Eiderdamm

 

Nicht, dass das immer voll easy wäre und ohne kleinere Situationen abginge. Schließlich ist man mit seiner Familie häufig nicht gerade zimperlich und gleichzeitig extrem zart besaitet. Und man ertappt sich immer mal wieder dabei, in pubertäre Verhaltensweisen abzugleiten. Etwa dass man urplötzlich zornig wird wie eine Fünfzehnjährige. Weil da bestimmte Knöpfe gedrückt oder Sachen gesagt werden, auf die man schon immer allergisch reagiert hat.

 

Blumen am Deich

 

Dennoch – oder gerade deshalb – bin ich gern en famille unterwegs. Unter dem Strich kann man nämlich feststellen, dass das Verständnis füreinander mit den Jahren besser und besser wird. Genau wie das Katinger Watt.

Mehr Infos gibts beim Nabu und bei Watt & Meer.