Winter in Dänemark. Schnee, der auf Dünen fällt. Regenfinger, die ans Fenster klopfen. Wind und Sturm und die Stille danach. Kurze Tage, stundenlange Strandspaziergänge; ein Sommerhaus, in dem der Ofen bollert. Wer das für eine Traumvorstellung hält, muss nicht einmal weit in den Norden reisen. Es findet sich alles in Syddanmark, also Süddänemark, auf der Landkarte unten links.
Die Nordseestrände von Syddanmark stehen insbesondere bei Deutschen hoch im Kurs. Darum muss man sich im Sommer gut auskennen, um Ruhe zu finden. Im Winter braucht es zwischen Ho und Houstrup höchstens einen Spaziergang, um der Meute davon zu laufen.
Winter in Dänemark zwischen Ho und Henne
Am besten funktioniert es während der jährlich rund 90 Tage, in denen kein Bundesland Ferien hat. Sie verteilen sich auf die Zeit zwischen Mitte November und Ostern. Ausnahmen sind Weihnachten und Silvester.
Sechs Ferienhausgebiete schlumpfen sich in die Dünen Syddanmarks. Welches das Schönste ist? Es kommt darauf an, was man sucht. Wir beginnen im Süden, wo der Fluss Varde Å sich zur Ho Bucht weitet.
1. Waldversteckchen: Ho
In der Ho-Bucht trifft der Nationalpark Wattenmeer auf die brandende Nordsee. Hier hat man also beides: Ebbe und Flut im Süden, Wellen und Dünen im Norden. Ho bleibt selbst im Sommer entspannt. Im Winter ist Ho genau das Richtige, wenn man mal ganz für sich sein möchte. Viele Ferienhäuser kuscheln sich in Kiefernwälder. Vor Ort sorgt ein autonomer Supermarkt 24/7 für das Nötigste.
Must-see auf einem Tagesausflug nach Ho: Skallingen
Ho gilt als Tor zur Halbinsel Skallingen. Der unbewohnte Nehrungshaken zieht sich etwa sieben Kilometer in die Nordsee hinein. Die ersten Kilometer darf man noch auf einer alten Militärpiste durch die unter Schutz stehende Heide- und Salzwiesenlandschaft rollen. Bei einer ehemaligen Rettungsstation geht es dann nur noch zu Fuß weiter.
In der Rettungsstation informiert eine kleine Ausstellung über die Halbinsel mit Wildwest-Atmosphäre. Dort kann man sich ausruhen, sein Butterbrot verspeisen und sogar ein Feuer im Ofen entfachen. Ansonsten gibt es auf Skallingen nichts. Außer den Strand und die Möwen, manchmal Robben und den Rundweg um die Inselspitze, Sibirien genannt.
Hos Nachbarort Blåvand trägt den Beinamen „Ballermann des Nordens“. Tatsächlich ist Blåvand touristisch und im Sommer hoffnungslos überlaufen. Daneben meint Ballermann auch noch den Truppenübungsplatz, auf dem regelmäßig Schießübungen stattfinden. Das alles klingt sicher nicht für jede:n verführerisch. Aber …
2. Dänemark im Winter mit Kindern: Blåvand
Auf der Haben-Seite: Schwimmbäder, Trampolinhalle, Abenteuer-Golf; in Blåvand ist all das (und noch viel mehr) vorhanden und – ungewöhnlich für Dänemark im Winter – geöffnet. Das wissen vor allem Eltern zu schätzen, die mal einen verregneten Dänemark-Urlaub erlebt haben.
Must-sees auf einem Tagesausflug nach Blavand
Zwei Highlights darf man sich in Blåvand nicht entgehen lassen. Zunächst den Leuchtturm Blåvands Huk Fyr an spektakulärer Stelle hoch über dem Strand, dem westlichsten Punkt Dänemarks.
Als Zweites das Tirpitz Museum. Allein, was man architektonisch mit ollen Nazi-Bunkern anstellen kann, ist überwältigend. Die 4-D-Ausstellung schickt auf eine phantastische Zeitreise zurück in die letzten 20.000 Jahre.
Noch nicht ganz sicher, ob Blåvand das richtige Reiseziel ist? Dann hilft Gastautorin Birgit auf Marions Blog Meermond auf die Sprünge.
3. Winter in Vejers
Vejers hat nur 65 feste Einwohner:innen, 1.000 Ferienhäuser und drei große Campingplätze. Wenn das fahrende Volk, etwa zur Zeit der Vogelzüge im Herbst, den kleinen Ort am großen Strand verlässt, wird es deutlich ruhiger. Im überschaubaren Orstzentrum direkt am Meer hat sich noch eine Ahnung an die Anfänge des Badetourismus erhalten, etwa ein typisch dänisches Badehotel aus den 1920er Jahren.
Die schönsten Ferienhäuser liegen in Vejers strandnah, mitten in den Dünen. Wer nur für einen Ausflug kommt, fährt über die Hauptstraße einfach auf den Strand. Er darf hier auf einige Kilometer befahren werden und gleicht im Hochsommer daher einem Parkplatz.
Must-see auf einem Tagesausflug nach Vejers
Im Winter ist der Autostrand aber wirklich praktisch. Zum Beispiel um den Sonnenuntergang auch bei schlechtem Wetter zu zelebrieren. Oder für Winterschwimmer:innen. Solche Menschen gibts ja wirklich. Obwohl grundsätzlich kältunempfindlich, haben auch sie nichts dagegen, sich nach dem Bad ins windgeschützte Auto zu retten.
4. Einsiedelei: Grærup
Grærup gehört zu den winzigen Ferienhausgebieten, die auf den meisten Anbieterseiten nicht einmal erwähnt werden. Höchstens zufällig stolpert man über den kleinen Solitär, der abgeschieden in der Dünenheide liegt.
Grærup ist mein Favorit in Syddanmark für einen Urlaub zu Zweit. Das gilt im Sommer wie im Winter. Jedenfalls, wenn man sich ganz gut versteht und gern miteinander allein ist. Mehr dazu hier.
In Grærup gibt es nicht einmal den obligatorischen Kaufmann. Zum Brötchenholen darf man knappe vier Kilometer durch die Dünen (oder am Strand) nach Vejers stapfen. Im Sommer auch ebenso weit in die andere Richtung zum Campingplatz von Børsmose. Landeinwärts liegt der nächste Ort, Oksbøl, fast zwölf Kilometer entfernt.
Must-see auf einem Tagesausflug nach Grærup
In Oksbøl entstand 1945 ein gigantisches Flüchtlingslager. Fast 35.000 – zumeist deutsche – Geflüchtete machten das Lager für einige Jahre zur fünftgrößten Stadt Dänemarks. Auf dem alten Lagergelände befasst sich heute das Museum Flugt – Refugee Museum of Denmark mit allen Facetten des Themas Flucht.
5. Dünenparadies Henne Strand
Henne Strand ist nach Blåvand das am stärksten frequentierte Ferienhausgebiet Syddanmarks. Von Frühling bis Herbst stauen sich die Autos auf der Hauptsraße zum Strand. Im Winter, wenn höchstens die Hälfte der Läden und Restaurants geöffnet hat, wird es besser.
Henne Strand eignet sich im Winter bestens für einen Trip mit Freundinnen und Freunden. Hier kommen nämlich alle zum Zug: die, die ein bisschen Leben brauchen genauso wie die, die es am liebsten menschenleer haben – am Strand, auf Waldtrails und vor allem auf spektakulären Dünenpfaden. Henne ist die Dünenkönigin.
Wer direkt in den Dünen logieren möchte, sollte nicht in Henne Ost buchen – dieses Gebiet liegt recht weit im flachen Hinterland. Die besten Dünengrundstücke findet man in Henne Nord und Henne Syd. Allerdings: Schnäppchen wie in anderen Ferienhausgebieten findet man in Henne Strand selten.
Must-see auf einem Tagesausflug nach Henne Strand: Henne Mølle Å
Henne Syd wird vom Henne Mølle Å (Bach bei der Mühle von Henne) begrenzt. Er bahnt sich südlich der letzten Ferienhäuser seinen Weg durch die Dünen zum Meer. Je nach Wetter mal als Rinnsal, mal reißend und vor allem im Winter: hinreißend schön.
6. Houstrup: Wald vor den Wellen
Zwischen Dänemarks höchster Düne, dem Blåbjerg und Dänmarks schönster Kurve, in Holmsland Klit, liegt das Ferienhausgebiet Houstrup im Wald. Das ist gut gegen wilde Winterwinde und perfekt für Langläufer:innen. Zum Strand sind es mindestens fünf Kilometer; durch nichts als Natur.
Hat man den Strand von Houstrup erreicht, sieht die Sache ähnlich aus: Nichts als Natur ringsum. Der nächste Strandparkplatz in südlicher Richtung liegt fünf Kilometer entfernt in Henne Strand; in nördlicher Richtung sind es zehn bis Nymindegab.
Must-see auf einem Tagesausflug nach Houstrup: Dünentäler
Die Dünenlandschaft bei Houstrup ist durch einen gut 15 Kilometer langen Rundwanderpfad erschlossen, der sich um langgestreckte Dünenseen nach Nymindegab schlängelt. Dort endet die Region Syddanmark und es beginnt Midtjylland (Mitteljüttland). Die hebt man sich aber besser für´s Frühjahr auf; oder den Herbst: Klick
1. Winter in Dänemark ohne Auto: Fanø
Syddanmark eignet sich im Sommer ganz wunderbar, um ohne Auto zu verreisen. Im Winter ist die Lage hingegen kompliziert. Bahn und Bus sind dann spärlich getaktet, was bei rauem Klima lästig sein kann. Darüber tröstet Fanø hinweg. Die Insel liegt südlich der Ho Bucht, in Sichtweite von Skallingen.
Fanø bietet im Miniaturformat alles, was die Nordseeküste Syddanmarks ausmacht, selbst im Winter einen anständigen ÖPNV und dazu auch noch eine fast 100%ige Robbensichtungsgarantie. Dafür einfach in Esbjerg aus dem Zug steigen, runter zum Hafen und rauf auf die Fähre laufen. Einige Minuten später, wenn man in Nordby festmacht, winken einem die Raubtiere dann schon zu. In diesem Sinne und wie die Dänin sagt: Vi ses! (Bis bald!)
Schöner Bericht und schöne Bilder-wie immer !!
Ich persönlich fahre fast immer im Februar/März oder im November in Urlaub.
Die Nebensaison ist herrlich,weil viel ruhiger und zudem auch preiswerter,ich bin ohnehin kein Freund des Massentourismus.
Diese Gegend von Dänemark würde mir auch gefallen.
Grüße aus Duisburg
Ralf
Liebe Steffi, vor Jahren erzähltest Du mir bei einem Elbspaziergang von Deinem „Projekt“. Durch Zufall bin ich jetzt auf die Webside gestoßen und staune was daraus geworden ist. Großartige Berichte die sofort zum wandern einladen.
Freue mich ab sofort Deine
Abonnentin zu sein
Liebe Grüße
Barbara (Müller)
Na, sowas Barbara!
Schön, dass Du hier bist.
Und ganz liebe Grüße, Steffi