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Vom Glück zwischen Mellhörn und dem Süderheidetal

Wir sollen alle immer so glücklich sein. Permanent und absolut. Aber das ist ja auch irgendwie stressig und ich glaube, man muss hin und wieder auch mal Pech haben. Sonst wird das Glück so schrecklich gewöhnlich.

Mellhörn Strandzugang

Zum Beispiel: Das Wetter. Ich schätze, die Leute in Dubai oder Kalifornien sehen das mit dem blauen Himmel relativ gelassen. Als Norddeutscher aber rastet man quasi aus, wenn der Wetterbericht nach zwei, drei Regentagen zwei, drei Sonnenstunden verspricht. Selbst Nachteulen (wie Volko) können sich dann bereit erklären, noch vor Sonnenaufgang mit mir an den Strand zu gehen.

Mond am Morgen

Kurz vor List markieren an der Wattseite zwei Schlumpfsiedlungen meine aller-aller-allerliebste Joggingstrecke (der Welt. Echt jetzt.) Wenn die Gezeiten es zulassen, starte ich am Strand von Mellhörn in Richtung Süderheidetal.

Mellhörn am Morgen

Doch dieses Jahr habe ich meine Laufklamotten mit größtmöglichem Bedauern zuhause lassen müssen. (Man kennt das: Wenn man richtig viel gearbeitet und den Urlaub ganz besonders nötig hat, erwischt einen garantiert kurz vorher noch eine blöde Erkältung.)

Interessant fand ich, dass gerade der Mangel (an Sonne und Gesundheit) mir einen der besten Urlaubsmomente überhaupt beschert hat. Weil ich nämlich ausnahmsweise ganz langsam gehen musste. Und ausnahmsweise den Augenblick teilen konnte.

Manchmal erweist sich eine Pechsache als das Allerbeste. Und manchmal findet man hilfreiche  Lebensweisheiten, wo man sie nie vermutet hätte. Vor Jahren und Jahren habe ich zwei ganz wichtige Erkenntnisse in der Zeitschrift Fit for Fun entdeckt:

  1. Im Durchschnitt wünschen sich deutsche Frauen (unabhängig von ihrem Gewicht!)  3 kg weniger auf den Rippen. (Es lohnt sich also offenbar nicht, 3 kg abzunehmen. Weil man dann ja wieder 3 kg weniger wiegen will. Wobei ich das Gewicht natürlich nur als Metapher sehe.)
  2. Glück liegt im Kontrast. Es sind die Wolken, die den Sonnenaufgang an diesem Morgen zu etwas ganz Besonderem machen.

Strand Süderheide

Apropos Kontrast: An der Wattseite weiß man nie, ob der Blick zum Meer besser ist oder der zu den Dünen. Schade, dass Ihr nicht hören könnt, wie still es ist. Nichts als die Schreie der Knutts, die in regelrechten Vogelwolken in den Himmel aufsteigen. Die Brutvögel aus Grönland sparen sich in milden Wintern den weiten Weg nach Süden und bleiben im Wattenmeer. Die geselligen Strandläufer sind dermaßen drollig, dass es sich schon allein ihretwegen lohnt, im Winter nach Sylt zu fahren.

Morgenrot Süderheide

Nach knapp 3 km ist man im Süderheidetal angekommen. Kaum zu glauben, aber auch unter den Besitzerinnen dieser Häuser gibt es solche, deren Gedanken darum kreisen, wie sie 3 kg abnehmen können. Oder sich eben andere (teils profane) Dinge wünschen und ganz normale Sorgen haben. Und wer weiß: Würde ich hier leben, würde ich vielleicht ab und zu ein Wochenende in Hamburg verbringen und denken: Is ja doll hier. Muss großartig sein, mittendrin zu wohnen.

Süderheidetal

Zurück geht es über die alte Inseltrasse. Auf den früheren Schienen der „rasenden Emma“ verlaufen über die gesamte Insel 1a-Radwege. Manchmal mitten in den Dünen, manchmal parallel zur Straße – doch der Verkehr ist jetzt im Januar absolut auszuhalten (im Sinne von: da rauscht alle 5 Minuten mal einer vorbei.)

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Blick auf Mellhörn

Kurz bevor wir den Ausgangspunkt wieder erreichen, kommen wir noch an etwas Einmaligem vorbei. Die einzige Wanderdüne Deutschlands, die letzte ihrer Art, bewegt sich mit 10 Meter pro Jahr ostwärts. Wenn ich sie sehe, bewegt sich auch in mir etwas. Sie macht mich glücklich. Das kann ich ganz ohne Pathos sagen. Ich würde gern mitten in sie reinspringen und rumhüpfen und runterkugeln. Aber ich weiß auch, dass ich das nicht darf, weil sie empfindlich ist. Und ich muss sie auch nicht haben, um glücklich zu sein. Das unterscheidet sie von unwichtigen Dingen, die in der Regel ja sowieso nur dazu führen, dass man noch mehr haben will.

Wanderdüne Sylt

Das Gute am Älterwerden ist, dass man mit den Jahren ein Gespür dafür bekommt, was einen wirklich glücklich macht. Bei mir sind das Wanderdünen, Sonnenaufgänge, Natur ganz allgemein und (ich sage das auch auf die Gefahr hin für eine seltsame Katzenlady gehalten zu werden) Katzen.

Zum dritten Mal haben wir unsere Katzen jetzt mit nach Sylt genommen. Ein Prosit auf unsere entspannten Gastgeber. Jedenfalls lautet meine Definition vollkommenen Glücks: nach einem Morgenspaziergang zwischen Mellhörn und dem Süderheidetal von Skati und Pete erwartet zu werden. (Ok, ich bin eine seltsame Katzenlady).

PS.: Es muss auch seltsame Katzenladies geben. Es kann schließlich nicht jeder Angelina Jolie sein. Wäre ich ein Superstar, hätte ich mich bestimmt auch gar nicht so über Paulinas Interview-Anfrage gefreut. Sie gehört zum Autorenteam des tollen Blogs Nørdhæftii. Normalerweise stellen die Nørdhaeftiis in der Rubrik „Nørds meet Nørds“ Blogger mit skandinavischem Profil vor. Wir fühlen uns geehrt, dass Paulina uns (quasi als Bayern unter den Nørds) aufgenommen hat: Danke, Paulina!

21 Kommentare

  1. Wunderbar! Ich habe Tränen gelacht! Und wie toll mit dem Interview, wo kann man das nachlesen? Hab jetzt keine Zeit mehr, muß noch drei kg abnehmen 😉

  2. Äh… einfach im Text auf das grau unterlegte Wort Interview klicken. Gute Abnahme wünsche ich dann. Und ein schönes Wochenende.

  3. Stefanie: ich liebe es, wie du einem Glück und Zufriedenheit näher bringst = kurzum ich liebe eure Beiträge!!

    (normalerweise bin ich nicht so überschwänglich und eigentlich eher nüchtern, aber diesen Beitrag kann ich nur so kommentieren!)

  4. Hach, schön.
    Und ich hab heut nach dem Aufstehen noch überlegt, wohin ich an meinem Geburtstag kurz entschwinden kann…
    Hmm.
    Ist nur leider schon Morgen. (Wer hat denn bitte an einem Montag Geburtstag?! Tse.)

  5. Ich beneide jeden der so „in der Nähe bleiben kann“. Bitte jeden Moment genießen und danke für’s teilen der Gedanken und Bilder. Wunderschön! Liebe Grüße von Silvia

    • Liebe Silvia – so viel unterwegs zu sein wie Du (Ihr), scheint mir aber auch ganz lebenswert 🙂

      Abgesehen davon sehe ich es aber wie Du – wir haben ganz tolle Ort in der Nähe entdeckt (und die Liste mit neuen Zielen wird länger statt kürzer).

      Vielen Dank fürs Lesen und Deinen Kommentar; Steffi

      • Ja, da hast schon recht, aber um in den Norden (die nördl. Adria kann da nicht mithalten) zu kommen fahren wir doch sehr weit, und wenn dann nur einmal im Jahr für drei bis max. vier Wochen. Leider. Liebe Grüße

  6. Gerne. Ich freue mich, wenn Du aus dem ein oder anderen Beitrag ein bisschen Vorfreude auf Deinen nächsten Nord-Urlaub ziehen kannst.

  7. Wir nehmen unsere Katzen auch seit vielen Jahren nach Hiddensee mit. Beim ersten Mal hatten wir aufgrund eines schlechten Timings sogar vier Katzenbabys im zarten Alter von 3 Wochen dabei. Es war aber kein Problem. Eine autofreie Insel – kann es etwas Schöneres für Stadtkatzen geben? Witzigerweise findet man sie meistens trotz des freien Auslaufs nicht mehr als 5 oder 6 Meter vom Haus entfernt. Minouche wird zwar von Tag zu Tag mutiger und inspiziert besonders abends immer weiter entfernte Plätze, aber auch sie findet immer wieder zu uns zurück. – Mit wachsendem Alter der Kinder sage ich mir oft: das war jetzt sicher das letzte Mal Hiddensee, beim nächsten Mal würden wir nur der Katzen wegen hinfahren, damit sie auch einmal Ferien machen können, aber wenn wir dann alle wieder dort sind, merke ich, daß es auch für uns alle wieder einmal wunderbar ist.

  8. Liebe Dorothea,

    Deine Katzen dürfen im Urlaub raus? Das ist natürlich noch toller als bei uns. Sind sie denn in Berlin auch Freigänger? Jetzt hast Du mir voll den Floh ins Ohr gesetzt…. langer Sommerurlaub auf einer autofreien Insel mit Katzen … Das klingt ja herrlich.

    Liebe Grüße Stefanie

  9. Liebe Stefanie,

    Minos und Minouche sind in Berlin keine Freigänger. Wir haben eine Wohnung im 5. Stock mit 4 Balkonen – davon sind die beiden zur Straßenseite mit Katzennetzen geschützt (dort sitzen die Katzen oft im Blumenkasten, z. B. hier: https://textundsinn.wordpress.com/2014/08/08/weltkatzentag/), die beiden anderen zum Hof nicht. Hier laufen die Katzen auch übers Dach von einem Balkon zum anderen; Minouche sitzt auch oft auf dem Dach (der Schiefer wird so schön warm in der Sonne, und sie ist ja weiß, da wird das Fell nicht heiß). Da beide Katzen schon in unserer alten Wohnung (im 3. Stock) vom Balkon gefallen sind (gottseidank ohne sich zu verletzen), glaube ich nicht, daß ihnen das noch einmal passiert.

    In Hiddensee habe ich es darauf ankommen lassen. Es gibt ja keine Gefahr durch Autos, sehr weit wegrennen können sie auch nicht, und zu fressen bekommen sie auch von uns, außerdem haben sie im Haus warme und trockene Kuschelplätze – es gibt eigentlich keinen Grund, warum sie nicht zurückkommen sollten. Sie haben so viel Freude da draußen; und es ist so schön, ihnen dabei zuzusehen! Aber wenn sie einen mögen, kommen sie wieder.

    • Ach, das klingt traumhaft! Ich muss unbedingt über so einen Urlaub nachdenken. Danke, für diesen ausführlichen Kommentar. Und liebe Grüße, Stefanie

  10. Gern geschehen. Man versagt sich und anderen so viel, weil man Angst hat, und diese Angst ist so oft unbegründet. Die Katzen würden es Dir sicher danken.

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