Das Schönste im Wendland ist die Uferstraße an der Elbe. Subjektiv jetzt. Denn als Hamburger haben wir natürlich eine besondere Beziehung zum achtundsiebziglängsten Fluss der Welt.
(Auch wenn Wikipedia behauptet „die Elbe hat nie eine bedeutende bzw. herausgestellte Rezeption in der Kunst, Literatur oder der Volkskunst erfahren“, ist Hark Bohms Elbmovie „Nordsee ist Mordsee“ für eine bestimmte Art von Leuten ebenso konstituierend wie Tom Sawyer für die Anwohner des Mississippi.)
Wir sind knapp 30 km auf der Uferstraße gecruist. Wofür wir einen halben Tag brauchten. Aber Novembertage sind ja auch kurz. Und wir können echt lange irgendwo rumstehen oder schlendern, wenn es einsam, still und wunderschön ist.
Los gings in Hitzacker. Das Inselstädtchen kennen viele ja zumindest aus Fernsehberichten, wenn es mal wieder überschwemmt wird. Hitzacker ist richtig niedlich. Aber wir hatten hauptsächlich Augen für die Elbe.
Bei niedrigem Wasserstand kann man sich kaum vorstellen, dass Hitzacker jemals in Bedrängnis geraten könnte. Zwischen den letzten Fachwerkhäusern und der Elbe liegen einige Hundert Meter Wiesen. Und der Fluss wirkt sanft – ganz anders als unsere mächtige und geschäftige Hamburger Version.
Die Mittlere Elbe stellt eine der wenigen weitgehend unverbauten Flusslandschaften Mitteleuropas dar. Unter anderem weil sie hier innerdeutsche Grenze war. In weiten Schleifen darf sie sich durch ausgedehnte Auen und Weiden winden. Die Uferstraße schwingt mit ihr mit und bietet die tollsten Panoramablicke, so dass man ständig anhalten muss, um zu gucken. Und nur sehr, sehr langsam vorankommt.
Wir hätten der Elbe sowieso lieber mit dem Fahrrad folgen sollen. Auf dem Deich. Denn erstens ist das schöner. Und zweitens macht es weniger Dreck. Immerhin gehört die Elbe zwischen Lauenburg und Schnackenburg zum Biosphärenreservat niedersächsische Elbtalaue.
Biosphärenreservate sind Modellregionen. In ihnen werden Konzepte für ein Miteinander von Mensch, Tier und Natur umgesetzt. Also Naturschutz, Entwicklung nachhaltiger Nutzungsformen sowie Umweltforschung- und –bildung.
(Ich schreibe es mir hinter die Löffel: Biosphärenreservate mit dem Auto erkunden, ist wie Bio-Obst in Plastik eingeschweißt.)
Nachdem über Jahrzehnte sämtlicher Mist in der Elbe verklappt wurde, hat sie sich seit den 1990er Jahren wieder ganz gut erholt (jedenfalls in Deutschland). Weißstörche nisten in fast jedem Ort. Kraniche brüten in abgelegenen Feuchtwiesen. Bieber – vor Jahrzehnten beinahe ausgestorben – haben sich den Strom zurück erobert. Tausende Gänse und Schwäne nutzen die Auen im Winterhalbjahr zur Rast.
Kurz hinter Damnatz liegt mitten im Nirgendwo eine Brückenruine. Atmosphärisch fühlten wir uns an Irland erinnert. Was auch daran liegen mag, dass nichts und niemand in der Nähe war. Nur wir und das Kulturdenkmal Elbbrücke Dömitz.
Erbaut in den 1870er Jahren querte die einst längste Eisenbahnbrücke Deutschlands die Elbe und verband Niedersachsen mit Mecklenburg-Vorpommern. Fast 1.000 Meter überspannte sie mit 24 Brückenbögen den Fluss und sein weites Vorland.
Die Brücke wurde in den letzten Kriegstagen zerstört. Da die deutsch-deutsche Grenze hier direkt an der Elbe lag, wurde die Brücke nie wieder aufgebaut. Somit ist sie auch ein Symbol für die innerdeutsche Teilung.
Heute existiert nur noch der westliche Brückenkopf und das Teilstück des linken Elbufers. Entlang der 16 Brückenpfeiler führt ein Plattenweg an den Fluss. Jedenfalls wenn die Elbe sich sanft gibt. Das kann hier nämlich auch ganz anders aussehen. Zeitweise sind die Auen vollkommen überflutet. Man kann es sich nur schlecht vorstellen. Aber das sagte ich schon.
Genau wie ich schon sagte, dass die Uferstraße das Beste am Wendland ist. Subjektiv jetzt. Zumindest wenn man einen Schuss Elbwasser in den Adern hat.
Unser Aufenthalt im Wendland wurde vom Kartoffel-Hotel unterstützt. Herzlichen Dank!
Hej Stefanie,
was für ein schöner Bericht – und erst die Fotos! Am besten gefallen mir die von der Brücke, und Volko’s Landschaftsbilder wirken fast wie Gemälde. Wahnsinn.
Elbwasser hab‘ ich auch im Blut. Vielleicht schauen wir demnächst mal in Hitzacker vorbei. Das scheint mal ein nettes Kontrastprogramm zur Elbe in Hamburg zu sein. Aber nur bei gutem Wetter, damit unsere Füße trocken bleiben… ?
Euch einen schönen Sonntag!
Martina
Liebe Martina, vielen Dank für das Kompliment! Das freut uns. Und das mit dem guten Wetter ist ja gar kein Problem. Dauert jetzt höchstens noch 6 Monate! Komm gut in die Woche, Stefanie
A propos Kunst: Einige der Aufnahmen erinnern mich total an die Gemälde von Caspar David Friedrich! Ein schönes Fleckchen Erde habt ihr da wieder besucht. Sonnige Grüße, Jutta
Liebe Jutta, das ist ja ein Wahnsinns-Vergleich. Ein Fall von Kunstsehen beim Fotografen und der Berachterin, würde ich sagen. Denn das stimmt: Die Elbtalauen sind sehr romantisch. (Die sonnigen Grüße können wir gebrauchen. Hier hats gestern wie blöde geschneit.) Dir einen guten Wochenstart, Stefanie
Liebe Stefanie, tatsächlich, zwei der Fotos sind echte Caspar David Friedrich Motive. Super schön!! Die Elbuferstrasse war für uns früher ein beliebtes Ziel für ne Motorradtour. Weil sie so schön schwingt… 🙂 LG Ulrike
Gut, mit dem Motorrad ward Ihr sicher schneller 🙂