Wandern auf dem Fördesteig Tag 2 von 4. Stimmung: sehr gut. Zipperlein: keine. Himmel: pastellblau. Wolken: 0. Die Kombi „3 Frauen und 1 Ferienhaus“ erweist sich als ideal. (Eine macht Frühstück. Eine geht mit dem Hund. Eine holt Eier beim Bauern.)
Die Teilzeitwanderin hat heute andere Sachen zu erledigen. Vorher liefert sie uns in Holnis Drei ab. Die Anreise dauert bummelige 20 Minuten. Für den Rückweg haben wir 8 Stunden eingeplant. Wir werden schließlich nicht auf einer schnurgeraden Straße laufen, sondern Bucht um Bucht um Bucht umrunden.
Das ist heute quasi die Bergetappe des Fördesteigs. Es geht Auf und Ab. Das merken wir schon als wir nach 2 km Bockholm erreichen. Das Ausblicke in der Straße Berglyk sind so prächtig, dass man schon mal den Weg verlieren kann. „Falls Sie uns besuchen möchten, sind sie richtig“, ruft uns ein freundlicher Herr zu. Da stehen wir bereits in seinem Garten. Er ist das sicher schon gewohnt. Der tatsächliche Weg führt zwischen 2 Hecken hindurch, so schmal, dass man im Leben nicht von selbst drauf kommen kann.
Es ist nicht nur die geschwungene Landschaft, die uns bezaubert und die Flensburger Außenförde, die heute glitzert wie in Südfrankreich. Es sind auch die typischen Knicks, derzeit vor allem der strahlende Weißdorn, der hier mannshoch blüht.
Nunmehr ist wohl nicht leichtlich ein Land zu finden, welches ein so Gartenmäßiges Ansehen hat, als Angeln. … vielleicht wird ein Gartenliebhaber nach dem neusten Geschmack die krumme Wege und Hecken noch höher schätzen, weil das Wilde in dem Künstlichen durchschimmert, und dem Reisenden immer neue Gegenstände dargestellet werden.
(Wer mehr über Knicks wissen will, findet den ganzen tollen Text zu obigem Zitat auf dbrinkschultes Blog „Theorie der Gartenkunst“ )
Nach einer ausgiebigen Runde über den Glücksburger Golfclub leitet uns der Weg hinunter an den Strand und wieder hinauf nach Bockholmwik und wieder hinunter zum Strand und zumeist über Wege, die allein Fußgängern vorbehalten sind. Was super ist. Denn so können wir den Flügelschlag der Schwäne hören, die ganz dicht über uns hinwegfliegen. Das ist viel besser als auf den Straßen, wo am heutigen Sonntag die Motorradfahrer ausschwärmen.
Am Strand sind wir für einen Moment nicht mehr sicher, ob wir richtig sind. Die Beschilderung ist heute nicht ganz so üppig gestreut wie auf der gestrigen Etappe von Flensburg nach Holnis. Und es gibt nun auch gar keinen Weg mehr. Erst als wir den Wald erreichen, ist beides wieder da. Ganz verwunschen ist der Wald von Sigum, schwer gebeutelt von den Stürmen im letzten Jahr. Bei Hochwasser oder nach langen Regenfällen, muss ein Umweg genommen werden. Selbst bei prächtigem Wetter ist es hier und da ziemlich matschig. Und traumhaft schön. Nach nochmaligen Aufstieg erreichen wir Langballigau.
Wandern auf dem Fördesteig Tag 2: Halbzeit in Langballigau
Zwischen den ersten Ferienhöfen ist der Weg ein weiteres Mal so schmal wie in Bockholm. Nur, dass er hier nicht beidseitig von Hecken begrenzt wird, sondern auf einer Seite von einem Elektrozaun. Bisschen blöd bei Gegenverkehr. „Wir machen es jetzt wie im Theater“, schlägt die Mutter einer Familie vor. Weil Mütter ja immer alles besser wissen, ziehen wir alle auf Kommando die Bäuche ein – und so gehts.
Es ist doch immer wieder interessant, wie unterschiedlich der Blick auf Orte sein kann. Meine Wanderpartnerin ist eigentlich ein geselliger Mensch – und ich nicht. Aber Langballigau gefällt ihr gar nicht – und ich mag den quirligen Hafen total. So voll wie heute habe ich ihn allerdings auch noch nie gesehen. Und weil wir ohnehin noch etwas früh für´s Lunch sind, nehmen wir nur einen Soft-Drink und schlendern über die Promenade weiter nach Westerholz. Hier müssen wir jetzt aber etwas essen. Denn danach gehts in die Einsamkeit. Das Bistro Strandgut sieht aus der Ferne so verführerisch aus, dass ich mir mehr drunter vorgestellt habe als einen Imbiss, wo beinahe alle Gäste Curry-Wurst mit Pommes essen. Wobei ich zugeben muss: das sind extrem gute Pommes mit Curry-Wurst (und günstig dazu; 5 Euro mit Meerblick, das gibts wahrscheinlich auch nur noch in Angeln.)
Ver-Wandern auf dem Fördesteig: Achtung in Westerholz
Die Wegbeschilderung führt an den Strand. Einen Weg gibt es nicht. Dafür Wackersteine. Alle Treppen die Steilküste hinauf sind als privat gekennzeichnet. Die Karte in meinem sehr unzureichenden Wanderführer ist zu grob, um weiterzuhelfen. Der Text spricht von 3 Alternativrouten. Einer müsste über die Haffstraße führen – oben angekommen, entdecken wir aber keine weitere Beschilderung. Das Handy will uns zurück nach Langballigau schicken, was nun wirklich ganz verkehrt ist und von uns auch schnell – naja, relativ schnell – erkannt wird. Also wieder an den Strand. Nochmal über Wackersteine balancieren. Nochmal alle Treppe checken. Wirklich privat. Einheimische fragen. Schulterzucken. („Ne-Treppe-nö-glaub-nich„) Zurück zum Imbiss. Noch mehr Einheimische fragen. Beide Wegen sollen möglich sein. Es kommt sehr wohl noch eine öffentliche Treppe („büschn versteckt, nech„). Oder man hünert wieder die Haffstraße hinauf, hält sich links bis „Zu den Lücken“; dort setzt die Beschilderung wieder ein. Auf diese Art ist eine – nicht unanstrengende – Dreiviertelstunde vergangen. Jetzt sind wird zum ersten Mal etwas platt.
Aber wie ist es nur herrlich auf den versteckten Pfaden nach Osterholz. Hier haben verschiedene Vereine Obstbäume gepflanzt. Im Herbst darf man sich an den Früchten sattessen. Jetzt im Frühling blühen sie um die Wette mit den Gärten des Dörfchens hoch über der Steilküste. Ein Grundstück hat eine ganz besondere Ausstrahlung. Es ist die frühere Sommerresidenz des Brücke-Malers Erich Heckel.
Auf den folgenden 5 km treffen wir keine Menschenseele. Als wir die (wie mein Wanderführer behauptet) „vielbefahrene Fördestraße“ erreichen, warten wir spaßeshalber ab, bis ein Auto kommt. Es dauert einige Minuten. Wir beten, dass die empfohlene Einkehrmöglichkeit (die einzige auf 15 km) nicht der Phantasie des Autoren entsprungen ist.
Ist sie nicht! Auch wenn das Jagdschloß Friedrichstal so aussieht, als sei es 1974 in einen Dornröschenschlaf gefallen. Die Begrüßung ist herzlich und wir kommen beim Kaffee (Kännchen, versteht sich) ins Plaudern.
Ob wir passionierte Wanderinnen seien? (Leider nein) Aber ob wir vielleicht dennoch wüßten, ob Wanderer üblicherweise Mehrwegbecher mit sich führten? (Keine Ahnung, leider). Sie (die Wirtin) überlege nämlich, ins Coffee-to-go-Geschäft einzusteigen. Aber das mit dem vielen Müll wolle sie nicht.
Und auch wenn ich nicht sicher bin, dass im Jagdschloss Friedrichtal nun wirklich viele, viele Pappbecher über den Tresen gehen würden, von so viel Haltung könnte sich so mancher Hot Spot eine Scheibe abschneiden.
Auf den kommenden 5 Kilometern wird der Schritt nun langsam schwer. Für´s Auge ist das auch die erste Durstrecke, denn es geht ab Kalleby durch nackte, braune Felder. Da reißt auch Gut Philipstal nichts mehr raus (zumal es ein Recycling-Hof ist). Erst als wir ins Moor von Habernis eintauchen, ist das Wandern auf dem Fördesteig wieder ein Vergnügen. (Ein sehr rasantes allerdings. Meine Wanderpartnerin zündet auf den Bohlenwegen ein letztes Mal den Warp-Antrieb, denn sie trägt kurze Hosen und in so einem Angeliter Moor scheint die Insektenwelt noch in Ordnung.) Danach sind wir eigentlich im Eimer.
Nach 9 Stunden und 4 Minuten erreichen wir die Seebadeanstalt von Norgaardholz. Eigentlich wollte uns die Teilzeitwanderin entgegenspaziert kommen, aber auf unsere inständige Bitte, hat sie das Auto mitgebracht. Wir können uns einfach nicht vorstellen, die letzten 2,5 km zum Ferienhaus noch zu Fuß zu gehen.
Was ich beim Wandern auf dem Fördesteig gelernt habe
1. Zu den KM-Angaben einer längeren Wanderung sollte man immer in Gedanken hinzuzählen, dass man vor Ort hier und da einige Schritte zusätzlich macht (sich was anguckt oder sich mal verläuft). Eigentlich standen heute 25 km an – der Schrittzähler zeigt aber 31,2. (Unbedingt bei der Planung einer Langstreckenwanderung beachten.)
2. Man kann gar nicht so viel essen, wie man gehen kann. Auch diese herrliche Tatsache verrät der Schrittzähler: wir haben heute 4.500 Kalorien verbraucht.
3. Um die Bilanz jedenfalls ein bisschen auszugleichen, bietet sich eine sehr leckere gebratene Scholle im Schwarzen Raben in Nordgaardholz an. Mit Bratkartoffeln. Selbstverständlich.
4. Das Schönste ist Angeln im Mai – aber das wusste ich vorher schon. Und ich freue mich auf den dritten Tag auf dem Fördesteig (mit der Überschrift Geltinger Bucht & Birk).
In Habernis gibt es auch noch eine sehr gute Möglichkeit zur Einkehr: das Südwesterhaus (http://suedwesterhaus.vpweb.de).
Hallo Frank, vielen Dank für den Tipp. Ich mag das Südwesterhaus auch sehr (es ist sogar in diesem Beitrag verlinkt; beim Klick aufs Habernis Moor). Nur liegt Habernis Au nicht direkt am Fördesteig. Obwohl der Umweg nur kurz gewesen wäre, wäre er uns nach 30 km zu schwer gefallen :-). Liebe Grüße, Stefanie
Trotz Andenkenläden,trotz Pommesbuden-ich liebe den Hafen von Langballig auch.So schöne Bilder-ja Angeln im Mai ist wirklich einTraum und du schaffst es wieder einmal, alles lebendig werden zu lassen. Ich freue mich schon auf Teil 3. LG Erika
Hallo Erika, im Juni ist Angeln ja auch nicht schlecht. Vielleicht schaffst Du´s zwischen 12. und 17. mal über die Schlei? (Ich bin mit Julia bei Verena.) Würde mich freuen! Komm gut ins Wochenende, Steffi
Dass man den Hafen von Langballigau nicht mag, kann ich mir gar nicht vorstellen!
Ein schöner Bericht, liebe Stefanie. Die Fotos bestätigen, dass der Mai wohl tatsächlich der beste Monat ist, um Angeln zu besuchen. Wenn man dabei dann noch 4.500 kcal verbraucht, umso besser. Ich glaube, ich könnte locker so viel essen wie wandern! ?
Schönes Wochenende!
Martina
Lol. Es ist aber echt gar nicht so leicht, 4.500 kcal zu verbrauchen (z.B. fast 5 Portionen Curry-Wurst & Pommes)
Hallo Stefanie,
ich folge euch virtuell den Fördesteig entlang und freue mich u.a über die dort blühenden Knicks. Vielleicht hast du Weissdorn mit Schlehenblüte (ca 4 Wo. früher) verwechselt?
Viele Grüße
Christian
Lieber Christian, da könntest Du Recht haben (ich habe es ehrlich gesagt, nur irgendwo auf dem Weg aufgeschnappt und so übernommen). Aber als ich gerade die Bildersuche bemühte, sahen die Schlehen meinem „Weissdorn“ doch erstaunlich ähnlich. 🙂 Vielen Dank für den Hinweis und liebe Grüße, Stefanie
Da habe ich beim Lesen tatsächlich selbst gemerkt, wie die Kiometer zusammenkamen und langsam die Puste weniger wurde. ^^
Eine schöne Wanderung, Stefanie! Auch die Info über die Knicks oder Tipps am Rande!
Komisch, aber wahr, es ist streckenmäßig wirklich immer mehr als geplant. Oder Schrittzähler tüdeln extrem, auch wenn man vorher alles kalibriert hat bzgl. Schrittlänge etc.
Die Beschreibung der Auskunft gebenden Einheimischen bei der Suche, wie es wegmäßig weitergeht (die Bemerkungen in Klammern), war absolut herrlich und kam mir teilweise aus eigenen Dialogen der eher wortärmeren Art, sehr bekannt vor, nech.
Schönes Wochenende!
LG Michèle
Liebe Michèle, da kannst Du recht haben mit den Schrittzählern. Nur frage ich mich dann: wie sind die Strecken denn ausgemessen worden? Da müsste doch auch ein Schrittzähler im Spiel gewesen sein?! Ein Mysterium 🙂 Schönen Sonntag! Und liebe Grüße.
Herrlich! Es macht so viel Spaß, euch auf eurer Wanderung zu begleiten. Genau diese unvorhergesehenen Anstrengungen und zusätzlichen Kilometer, aber auch neuen Blicke und Perspektiven, sowie die Begegnungen mit den Menschen, all das kenne (und liebe) ich auch auf Mehrtageswanderungen. Und ich kann sehr gut nachvollziehen, dass ihr an diesem Tag die Extrakilometer zum Ferienhaus nicht mehr gehen wolltet 😉 Liebe Grüße von Andrea
Liebe Andrea – und ich kann jetzt noch besser verstehen, wie schön es ist, einen Hund dabei zu haben. Unsere Ferienhündin ist teilweise dabei gewesen. Da freut man sich ja immer gleich doppelt, wenn man sieht, welche Freude die Hunde haben. Danke für Deinen Kommentar und einen schönen Sonntag, Stefanie
[…] Morgen früh wird die Teilzeitwanderin uns genau hier wieder absetzen, wo jetzt einige Ponys ihren jugendlichen Reiterinnen durchgehen. Ich bin so angenehm erschöpft. Das mag ich besonders am Wandern. Und ich freue mich schon auf die nächste Etappe. Obwohl es schöner ja gar nicht werden kann. Sagt meine Wanderpartnerin. Aber das wollen wir erst einmal sehen. Wenn wir weiter auf dem Fördesteig wandern; an Tag 2 von Holnis nach Norgaardholz. […]
[…] Fördesteig Tag 2 von Holnis nach Norgaardholz […]
[…] dann folge ich dem Wegweiser zum Strand. Das wollte ich schon tun, seit ich vor drei Jahren auf dem Fördesteig vorbeiwanderte. Da hatte ich für Abstecher keine Puste […]