Drumrum, Niedersachsen, Norddeutschland, Wandern
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Draußen vor der Tür: Auf dem Heidschnuckenweg

Ob sich einer als Wanderpartner auf dem Heidschnuckenweg Etappe 3 und 4 eignet, lässt sich durch die Frage „Und was, wenn´s regnet?“ herausfinden. „Ja, dann regnet´s“, muss die Antwort lauten. Jammern is nämlich nich auf Fernwanderwegen. Wer wandert, muss die Dinge hinnehmen und sich darüber im Klaren sein, dass er bisweilen vom Rest der Welt abgeschnitten ist. Wie abgeschnitten man so nah an Hamburg sein kann, haben Tamara und ich allerdings nicht für möglich gehalten, als wir uns auf den Heidschnuckenweg machen. 

 

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Von den offiziellen 13 Etappen des Heidschnuckenweges haben wir uns für heute die Etappen 3 bis 4 Dreiviertel vorgenommen. Etwa 27 km führt uns der Weg von Handeloh über Wesel und Undeloh nach Wilsede. Unser Auto lassen wir am Bahnhof von Handeloh stehen. Weil wir ein und die selbe Strecke nicht gern zweimal gehen, werden wir mit der Bahn zurückkehren.

 

Heidschnuckenweg Etappe 3: Handeloh bis Undeloh

 

Der Weg läuft ein kurzes Stück direkt am Bahngleis entlang, führt dann aber ruckzuck auf freie Wiesen. Vom ersten Schritt an ist alles perfekt ausgeschildert und es sieht ein bisschen so aus, als wäre die Natur extra ausstaffiert. Ist aber wohl echt.

 

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Über fünf Kilometer schlängelt sich der Weg durch den Wald. Wir hören Frösche quaken, Vögel zwitschern und ansonsten: nichts. Nach etwa einer Stunde sehen wir zwei Waldarbeiter. Kurz darauf eine Wanderin. Das war´s bis Wesel.

 

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In Wesel wohnen vermutlich Menschen. Wir sehen zwar keine, während wir den Ort durchqueren, können sie aber deutlich hören, als wir kurz hinter dem Hexenhaus wieder in die Wildnis abbiegen. Ein verwaistes Kinderkarussell, ein geschlossener Bierstand, eine lange Reihe leerer Stühle in Gelsenkirchener Barock auf einem Sportplatz und großes Gemurmel irgendwo in einer Scheune: In Wesel wird Schützenfest gefeiert.

 

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Am Pastorenteich treffen wir noch einmal auf die Wanderin von vorhin. Dann öffnet sich die Weseler Heide. Jetzt wirds wirklich wie im Heimatfilm. Auch wenn im Mai natürlich nichts lila blüht. Alles ist Heide, Birken, Kiefern und Tannen. So weit man gucken kann. In jeder Richtung. Und das alles gehört uns für die nächsten 8 km allein. Wieso ist hier eigentlich keiner? Wir könnens weder glauben noch verstehen.

 

 

Nach 17 km erreichen wir Undeloh. Hier endet die 3. Etappe des Heidschnuckenwegs. Zunächst präsentiert sich das Drehkreuz nach Wilsede ausgestorben. Dann entdecken wir aber doch eine geöffnete und entzückende Teestube, wo wir uns einen ganz feinen Erdbeerkuchen teilen. (Wir hätten lieber etwas Vernünftiges essen sollen, das kann ich jetzt schon mal sagen. Denn hinterher ist man ja immer schlauer).

 

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Nach der Pause laufen wir eine Weile in die falsche Richtung und entdecken, dass Undeloh eben doch allmählich aus dem Winterschlaf erwacht. Sogar die Touristeninformation hat geöffnet. Nur ist die nette Dame ganz irritiert, als ich nach dem Heidschnuckenweg frage. Es braucht einige Zeit und mehrere Karten bis sie ihn mir zeigen kann. Noch ist eben Vorsaison.

 

Heidschnuckenweg Etappe 4

 

Von Juli bis September aber, wenn die Heide blüht,  geht´s hier zur Sache. In Undeloh starten die Kutschen ins Heidedorf Wilsede. Es liegt mitten im Naturschutzgebiet und kann nicht mit dem Auto angefahren werden. Nur mit Pferd, Fahrrad oder zu Fuß gelangt man dorthin. Hier läuft der Heidschnuckenweg gemeinsam mit dem Pastor-Bode-Weg. Für mich der schönste Teil der Strecke. Es ist genau so wie ich es mir vorgestellt habe. Genau so wie Friedrich Hebbel dichtete:

„Und alles so still, und alles so stumm
Man sieht sich umsonst nach Lebendigem um,
Nur hungrige Vögel schießen
Aus Wolken, um Würmer zu spießen.“

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9 km geht es auf sandigen Wegen zunächst leicht bergab, dann bergauf. Die Landschaft verändert sich kaum. Es ist ziemlich heiß. Einmal sehen wir ein Reh. Ein anderes Mal einen Fahrradfahrer. Unsere Gespräche werden spärlicher und etwas monothematisch.

„Ein Wetter wie im August“, sage ich, wenn ich etwas sage. Tamara wirft hin und wieder ein: „Ach, ist das herrlich, wenn der Wind weht.“

Ansonsten geht es höchstens mal ums Abendbrot. Der Rucksack wird immer schwerer. Wie gehen eher schneller als langsamer. Allmählich will man nämlich Ankommen. Tamaras Schrittzähler steht auf 28 km, als uns doch noch zwei Spaziergänger begegnen und wir den Tag nach 8,5 Stunden mit folgender Statistik schließen können:

Spaziergänger: 3

Fahrradfahrer: 1

Wanderer: 0

Heidschnucken: 0

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Der letzte Kilometer führt über eine kopfsteingepflasterte Allee. Weit verstreut liegen die eindrucksvollen Heidehäuser zwischen mächtigen Buchen. Der Wind rauscht in den Blättern; malt Sonnentupfen auf unsere Gesichter. Vor unserer Unterkunft, dem Gasthof „Zum Heidemuseum“, steht auf einem Schild geschrieben:

„Das Essen ist fertig.“

 

 

Weiterlesen:

Heidschnuckenweg Etappe 1

Heidschnuckenweg Etappe 2

Offizielle Hompeage Heidschnuckenweg Etappe 3

Heidschnuckenweg Etappe (letztes Viertel) von 4 und 5

14 Kommentare

  1. Liebe Stefanie,
    was für ein süßer Bericht. Du scheint ja echt genauso verrückt zu sein wie wir… lange Touren, Schrittzähler an Bord und einfach nur die Natur genießen. Wir lieben das ebenfalls, ernten aber oft nur Verwunderung, dass uns überhaupt in den Sinn kommt so lange Strecken zu gehen. Aber genauso kann man der Natur nah sein und alles in sich aufsaugen.
    Herzliche Grüße,
    Claudia

  2. Vielen Dank für Deinen Kommentar, Claudia. Was das Gehen betrifft habe ich gerade gestern wieder gelesen, dass der Mensch zum Gehen konstruiert ist. Es ist viel besser für uns als stehen, sitzen, laufen, verrenken, liegen (oder Auto fahren 🙂 ). Ich bin immer ganz verwundert, wenn einer nicht gern geht. Soll mir aber Recht sein, dann haben wir die Natur ein bisschen mehr für uns, nä?! Liebe Grüße, Stefanie

  3. Hallo Stefanie, dein Bericht macht Lust zu Wandern! Unsere Wanderungen sind meist wesentlich kürzer, dafür etwas (hmmmm) steiler, in den Alpen oder im Jura.

    Liebe Grüße

    Paonia

    • Hallo Panonia, Alpen oder Jura ist natürlich ein anderer Schnack (wie der Hamburger sagt). Aber letztlich: Hauptsache man wandert. Liebe Grüße, Stefnaie

  4. Hallo Stefanie, wir fahren Anfang Mai von Oldenburg nach Berlin, wahrscheinlich durch die Lüneburger Heide.
    Kannst du uns eine kleine Rundwanderung (2-3 Stunden) um Bissingen/Wilswede herum empfehlen?
    Liebe Grüße aus dem völlig verregneten Jura
    Paonia

    • Oh wie schön, Paonia, eine Rundwanderung weiß ich leider nicht. Aber für 2 – 3 Stunden bietet es sich an, von Undeloh nach Wilsede zu laufen. Es geht auf dem Pastor-Bode-Weg etwa 7 km durch Bilderbuch-Heidelandschaft (die im Mai natürlich nicht blüht). In Wilsede läuft man dann ja auch noch so ein bisschen; auf den Wilseder Berg und den Totengrund. Und dann könnt Ihr Euch entscheiden, ob Ihr den Rückweg mit der Kutsche antretet oder wieder geht. Das ist eine schöne Sache. Wirklich. Liebe Grüße, Stefanie (Anfang Mai, hmmmhmmmm, vielleicht fragt Ihr in Undeloh mal nach, ob überhaupt Kutschen von Wilsede fahren. Die Saison fängt da gerade erst an. Wenn nicht, läuft ihr noch 4 km weiter nach Niederhavebeck. Da führt ein Bus.)

    • Denke ich in letzter Zeit auch oft. (Ist aber toll, zum ersten Mal im Leben habe ich tatsächlich alle Fotos immer hübsch geordnet).

  5. Liebe Stefanie, ich stöbere gerade ein wenig in deinen fast schon „historischen“ Berichten über die Lüneburger Heide, da wir mal wieder einen Ausflug dorthin planen. Und es ist erstaunlich, wie ähnlich meine Empfindungen und Erfahrungen sind, was (nicht nur) diese Region angeht: Die Enttäuschung über die Ödnis einiger Gebiete und dann wieder die Faszination über diese ganz besondere Landschaft (manchmal erst auf den zweiten Blick), das Wandern im Allgemeinen und das Erleben der Natur im Besonderen.

    Echt toll, wie sich dein Blog weiterentwickelt hat. Aber ich lese deine alten Artikel genau so gerne wie die aktuellen, weil man einfach immer gerne dabei ist, auf deinen Unternehmungen. Liebe Grüße hoch in den Norden! Andrea

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