Seit 1733 hoffen eine Handvoll Hamburger jeden Winter wieder, die Alster möge zufrieren, damit das Alstereisvergnügen zelebriert werden kann. 1929 war das für 100 Tage der Fall. 1986 knackte man die Marke von mehr als 300 Ständen auf dem Eis. 1997 wurden erstmals mehr als 1 Mio Menschen gezählt. Im Winter zuvor war die Alster drei Mal hintereinander zugefroren. Das letzte Mal wurde sie 2012 offiziell freigegeben.
Als ich Anfang der Woche in einer Winterkulisse erwachte, dachte ich, es könne nicht schaden mal nachzuschauen, was das Eis so macht. Durch die verschneiten Wallanlagen von Planten & Blomen stiefelte ich exakt 23 Minuten in die Innenstadt. Es war aber zu seltsam. Jenseits des Dammtor-Bahnhofs lag beinahe gar kein Schnee mehr. Und ich dachte, es muss wahrscheinlich noch viel, viel Kälter werden – und zwar sehr lange – bevor die Alster zufriert. (Dabei fror ich ohnehin. Seit Tagen.)
Die Alster ist der Alster(see)
Nur kurz zur Definition vorab: Wenn Hamburger sich an der Alster verabreden, meinen sie die Außenalster. Soll es die Binnenalster sein, sagt man „in der Stadt“. Meint man tatsächlich den Fluss, ist es der Alsterlauf. Soweit ich weiß, sprechen lediglich Touristen – oder Publikationen, die sich an Touristen wenden – vom Alstersee. Das war aber nicht immer so. Einst war die Begrifflichkeit der Alster absolut geläufig.
Der Alstersee entstand 1190 durch Anstauung des Flusses Alster. Was damals als Teich für eine Kornmühle gedacht war, ist heute so etwas wie das blaue Herz von Hamburg. Die klassische Alsterrunde ist 7,4 km lang. Schön ist sie eigentlich bei jedem Wetter. Und ein Glühwein in der Alsterperle schmeckt derzeit natürlich besser als im August. Aber trotzdem. Während der Winter mir grundsätzlich zu lang wird, sind die besseren 3 Jahreszeiten immer zu kurz, um alles zu tun, was die Alster an Vergnügen bereithält.
Dinge, die ich besser finde, als einen Winterspaziergang um die Alster:
- An einem Sommerabend mit einem Treetboot auf die Alster hinaus strampeln. Dorthin, wo die Sonne am längsten scheint. (Wer über´s Dammtor anreist, startet bei Bodo´s Bootssteg. Vom Haupbahnhof ist das Barca am schnellsten erreicht. Kaltgetränk nicht vergessen. Die Boote haben extra Getränkehalter).
- Kanus leihe ich am liebsten in Winterhude bei Dornheim. Mit der Wasserstraßenkarten findet man leicht durch die Kanäle zum Stadtpark. Auf dem Stadtparksee im Boot zu picknicken ist eine schaukelige, große Sache.
- SUP und Picknick vertragen sich hingegen nicht so gut. Aber es gibt ja McBoat. Den Paddel-In einer Fastfoodkette. Ohne Quatsch.
- Zu Fuß ist ein Nachtspaziergang um die Alster eine tolle Erfahrung. Fotografen warten auf windstille Vollmondnächte. Dann spiegelt sich die Stadt besonders schön im Wasser.
- Der Alsterwanderweg ist gut für zwei Tageswanderungen. Wer nur einen Nachmittag oder Abend Zeit hat, genießt die km zwischen den U-Bahn-Stationen Ohlsdorf und Kellinghusenstraße. Kurz vor Schluss ist ein Schlenker ins Café Leinpfad empfehlenswert (nicht unbedingt zum Essen, sondern für ein Getränk am ehemaligen Anleger vom Winterhuder Fährhaus.)
- Auf dem Alsterwanderweg lässt sich auch Radfahren. Nicht überall ist genügend Platz. Erst ab Ohlsdorf nervt man den Rest der Welt nicht, wenn man stadtauswärts – durchs Alstertal – bis zur Alsterquelle in Schleswig-Holstein karjuckelt. (Nicht jedoch am Wochenende. Massenalarm!).
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- Immer wieder eine Freude: Mit dem ICE vom Hauptbahnof zum Dammtor fahren und sich nicht entscheiden können, ob man links oder rechts rausgucken möchte.
Die Trennung von Außen- und Binnenalster existiert übrigens erst seit Errichtung der Hamburger Wallanlagen von 1616 – 1625. An der Stadtbefestigung entlang führte damals ein Kanal bis hinunter zur Elbe.
Der letzte Rest des Kanals ist das Gewässer bei den
- Mittelmeerterrassen von Planten & Blomen. Die geschichteten Schieferplatten der Anlage speichern die Wärme, so dass es gar nicht so hohe Temperaturen braucht, damit man sich in den Andirondack-Chairs wie im Urlaub fühlt.
- Im Winter kann man immerhin die Schaugewächshäuser besuchen. Alles voran das Tropenhaus, wo stehts eine feuchte Hitze herrscht.
Darauf ein Alster
Was ich mit alldem sagen will: meinetwegen müsste die Alster dieses Jahr nicht zufrieren. Aber ich weiß natürlich, dass andere das ganz anders sehen. Und deswegen ist es gut, dass kein Wettergott nach meiner Meinung fragt. (Es ist aber auch nicht immer die richtige Entscheidung. Denn hätte mich – das ist jetzt ein kleiner Themensprung – die Flensburger Brauerei nach einem Namen für ihr Bier-Limonaden-Mischgetränk gefragt, hätte ich ihnen „Alster“ vorgeschlagen. Das hätte sehr gut zu einer Marke gepasst, die sich ja gern als super-duper-norddeutsch darstellt. Stattdessen haben sie es Radler genannt. Und mal ehrlich, ist das nicht total absurd?)
Im Münsterland heißt Bier mit Orangenlimo Wurstwassser. Dann ist Radler doch noch der bessere Begriff , wenn es schon nicht Alster heißt ?
Iiiiihhhhh
Schöne Jahreszeiten-Erinnerungen!
Wer sich das Alstergeschehen (oder / und Elbe-) hinsichtlich Eis (betreten?!?) oder „blaugrünem Riechen“ vorab oder danach zu Gemüte führen möchte, kann das mit simpler Anmeldung tun: https://gateway.hamburg.de/HamburgGateway/Account/RegisterBasicUserData. Dann „Wassergütemessnetz“ auswählen – und schon kommen etliche automatische Messstationen an Alster und Elbe in den Zugriff, unter anderem auch die Wassertemperatur.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn es nicht (lange) ordentlich „knackt“, wird das nichts mehr mit dem „Alstervergnügen“. Z.Z. 1 Grad (Lombardsbrücke) ist zu warm. Von den Zuflüssen (Ammersbek) fliesst gegenwärtig „warmer Regen“ und Grundwasser entsprechend zu – z.Z. 5 Grad.
Gut, dann bin ich beruhigt….. (Und Danke für den Link – aber er funktioniert leider nicht).
Wenn schon Winter, dann büdde auch mit Alster zu.
Ich bin auch dafür. Die Alster darf gern mal wieder zufrieren. ?
Liebe Grüße, Martina
Moin Stefanie. Also, wenn das eine Umfrage ist, dann stimme ich für “Alster zu“. In 1986 habe ich noch in Hamburg gewohnt und war dabei, bei dem Alstervergnügen auf dem Eis. Es ist schon cool, so von Schwanenwik Richtung Dammtor zu laufen. Eigentlich ist kein richtiger Winter, wenn die Alster nicht wenigstens einmal zugefroren ist. Auch ohne „Vergnügen“ auf dem Eis, denn die Auflagen (Eisstärke) werden ja immer höher geschraubt. Aber wenn es schon einen Jahrhundertsommer gab, warum nicht auch irgendwann mal einen Jahrhundertwinter?
Und warum man Bier und Brause schon in der Flasche mischt, wird mir ein ewiges Rätzel bleiben. Egal wie es heißt (aber Radler aus Flensburg geht echt nicht!) Ulrike
Janne, Ulrike, Martina …. Ihr habt mich leider überstimmt 🙁 (Dann gehe ich aus Trotz aber auch auf´s Eis.)
Unsere Kids haben seit dem 14. Lebensjahr einen Segelschein (gibt’s günstig bei einem zweiwöchigen Kurs des Deutschen Jugendherbergswerks in Bad Zwischenahn). Wann immer wir im Sommer auf dem Weg nach Norden Hamburg passieren, verlangen sie, dass wir bei Käpt’n Prüsse (An der Alster 47) Halt machen. Dort kann man sich eine Jolle mieten und bei entsprechendem Wind ohne nennenswerten Kraftaufwand über die Alster gleiten. Wer nicht nass werden will, bleibt am Steg bei Kaffee & Kuchen. Echt nett.
Lieber Max – das ist ja ein toller Tipp mit dem zweiwöchigen Segelkurs. Vielen Dank und liebe Grüße, Stefanie
Meine Alster, deine Alster… uns‘ Alster! Aber schön wär’s doch, wenn sie mal wieder richtig zünftig zufriert! Oder er… 😉
Und noch eine. 4:0 für Alstereisvergnügen. 😉