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Wandern wie auf Wellen: die Hüttener Berge & andere seltsame Dinge

Huettener Berge

Aufgrund von Sören Espersens trumpesquen Äußerungen sind wir schnell noch mal in die Hüttener Berge gedüst. Der dänische Rechtspopulist gab neulich in einem Interview zum Besten: „Ein Dänemark bis zur Eider ist Hoffnung und Traum zugleich. Selbstverständlich.“  Espersen muss das wissen – er ist immerhin Vorsitzender des aussenpolitischen Ausschusses des Folketing. Zwar will er ausdrücklich keine Panzer rollen lassen, um das nördliche Schleswig-Holstein heim ins Kongelige Danmark zu holen. Aber sicher ist sicher. Dieser Tage passieren ja die seltsamsten Dinge. Man könnte meinen, die Welt ist verrückt geworden. Nehmen wir nur mal das Outlet Neumünster.

 

das Outlet ist riesig, komplett kuenstlich und sehr seltsam

 

Das ist jetzt ein krasser Themenwechsel, ich weiß. Aber das Outlet war der eigentliche Grund, warum wir uns vergangenen Freitag trotz Hamburger Ferienbeginn die A7 angetan haben. Ich brauchte neue Wanderschuhe. So was stellt für mich eine extreme Herausforderung dar, seit ich vor ca. 10 Jahren aufgehört habe, über den Bedarf hinaus zu konsumieren. Aber nun hatte ich ja einen Bedarf. Und einen Gutschein (in Gestalt meiner Ma) für´s Outlet Neumünster.

 

Danes have more fun (beim Shoppen im Outlet Neumünster)

 

Ich glaube, als ich das Konsumieren einstellte, gab´s bei uns im Norden noch keine Outlets. Das war früher eher eine süddeutsche Spezialität. Jedenfalls habe ich noch nie ein Outlet besucht und war dementsprechend unvorbereitet auf das, was mich in Neumünster erwartete. Ich hatte mir irgendwas Hallenartiges vorgestellt. Wie bei einem Lagerverkauf. Doch das Outlet ist eine Art stilisierte Kleinstadt. Volko amüsierte sich hoch zehn. Er hat nämlich eine Schwäche für künstliche Orte (eine Schwäche, wie ich sie etwa für Natürliches habe). Schon als die ersten Disney-Türmchen am Horizont auftauchten, begann er zu lachen und hörte im Grunde bis zum Ende unseres Besuchs nicht mehr damit auf.

 

ladenstrasse

„Eine heile Welt mit funktionierendem Einzelhandel“, sagte ich zu meiner Ma. „Und dazu noch diese huebsche Esprit-Kirche“, pflichtete sie mir bei.

 

Erstaunlicherweise lief das mit den Wanderschuhen wie geschmiert. Beim Schnellcheck aller Outdoor/Sportläden hatte ich exakt ein Paar Wanderschuhe in meiner Größe entdeckt. Und so musste ich nichts entscheiden sondern nur nehmen. Besser kann es für mich ja gar nicht laufen. Grundsätzlich würde ich die Lage im Outlet Neumünster so einschätzen: Hat man einen konkreten Wunsch, ist es Glückssache, ob man fündig wird. Das Konzept richtet sich eher an Menschen, die nichts brauchen. Denn Dinge, die man nicht braucht, gibt es en masse. Teilweise zu Spottpreisen.

 

outlet

Neulich erfuhr ich im TV: Das Outlet gehoert zum Programm der Busreise „Perlen der Ostsee“ eines chinesischen Reiseveranstalters. (Bereist werden von HH aus Luebeck, Kopenhagen, Stockholm, Helsinki und Tallinn. In 5 Tagen.)

 

Mein Gutschein war nach dem Blitzkauf längst nicht ausgeschöpft. Inzwischen waren jede Menge andere Kauflustige eingetroffen – unter ihnen enorm viele Dänen für die das Preis-Leistungs-Verhältnis ja noch mal eine ganz andere Dimension hat. Der dänische Arbeitsmarkt ist leergefegt, so dass der Stundenlohn bei Mc Donalds mittlerweile 21 Euro beträgt.

In Deutschland hingegen gab Mc Donalds seinen Mitarbeitern mal Tipps, wie man mit Hungerlohn über die Runden kommt. Etwa seinen Hausrat bei ebay verkaufen oder sehr langsam essen, damit sich das Sättigungsgefühl schneller einstellt. Kein Quatsch.

Jedenfalls: Im Outlet wurde es mir zu voll. Weil alles so schnell gegangen und der Himmel überraschend hellblau war, konnte ich nun die Wanderschuhe einlaufen. Und wo ginge das besser als in den Bergen?! Wenn man schon mal in der Nähe ist.

 

Dass Espersen uns bloß nicht den Bismarck stiehlt: die Hüttener Berge

 

Die Hüttener Berge liegen 107 km nördlich von Hamburg die A7 hinauf (Ausfahrt Owschlag); also in etwa dort, wo eingangs erwähnter Espersen gern die Grenze zwischen Dänemark und Deutschland ziehen würde. Der Witz an den Hüttener Bergen ist, dass es keine Berge sind, weil es in Schleswig-Holstein nun mal keine Berge gibt. Es gibt nur bewaldete Wellen, aufgetürmt von Gletschern während der letzten Eiszeit. Auf einem der höchsten Gipfel, dem Aschberg (schwindelerregende 98 Meter ü NN), steht ein Aussichtsturm, für den man nicht besonders gut zu Fuß sein muss, denn es fährt ein Fahrstuhl hinauf.

 

Huettener Berge

Unten – etwa mittig – steht der olle Bismarck und bewacht die Berge

 

Der Blick von da oben ist echt famos. Winzig wirkt das Bismarck-Denkmal. Dabei ist es 7 m hoch. Geschaffen wurde die Statue in der Nähe von Apenrade. Noch vor der Abstimmung zur deutsch-dänischen Grenzfrage im Jahr 1920, brachte man den Bismarck mit der Eisenbahn nach Rendsburg (sicher ist sicher, ich sagte es ja schon). Dann wusste man nicht so recht, wohin mit dem Koloss und verstaute ihn in einer Scheune in Ascheffel. Erst seit 1930 fand er einen Platz auf dem Aschberg und wacht seitdem über die Hüttener Berge. Entweder für ewige Zeiten oder bis jemand wie Espersen eine neue Grenzziehung erwirkt. Wohin der Bismarck dann wohl zieht? Vielleicht ja ins Outlet Neumünster? (Ich glaube, die fänden das gut.)

 

Bismarck

 

Direkt beim Bismarck startet ein hübscher, kleiner Auf-und-Ab-Rundweg um den Aschberg von etwa 5 km Länge. Genau das Richtige, um Wanderschuhe einzulaufen. Falls man in Begleitung einer Person ist, die keine Lust zum Wandern hat, darf man sie mit gutem Gewissen bei der Globetrotter Lodge zurücklassen (zu der auch der Aussichtsturm gehört). Dort ist für genügend Zerstreuung gesorgt.

 

Dinge, die man in der Globetrotter Lodge machen kann

 

Die Globetrotter Lodge gehört zum Globetrotter Outdoor Ausrüster und möchte „Lust auf draußen“ machen. Insbesondere Leuten, die keine freaky Outdoor-Typen sind, sondern es ganz gern ein bisschen nett haben. Alles auf dem Aschberg ist schlicht-schick. Selbst die „Nordisk-Glamping„-Zelte, die ab Mai wieder aufgestellt werden, sind nett eingerichtet – leider sieht man das nicht auf der Homepage der Lodge (aber ich habe vergangenen Sommer mal reingelinst und konnte mich durchaus begeistern für ein Doppelzelt mit Betten für 69 Euro inkl. feinem Frühstück.)

 

 

Nicht jeder kann was mit der Globetrotter Lodge anfangen. Im Restaurant Campfire hörte ich, wie eine Frau um die 80 zu ihrem Mann sagte:

„Heidi gefällt es hier ja nicht. Es ist ihr zu modern.

„So ein Quatsch“, antwortete ihr Mann entrüstet. „Ist doch gut, wenn mal was anders ist.“

Dann schwieg er, bis die Bedienung den Raum betrat.

„Was soll das jetzt bedeuten?“, fragte er seine Frau, immer noch schwer empört. „Essen die Leute jetzt zu Mittag oder wie? Es ist 3 Uhr durch!“

Ich weiß nicht, ob es ihm grundsätzlich gegen den Strich ging. Oder ob ihn nur die Tatsache irritierte, dass wir etwas zu essen bekamen, obwohl die Küche eigentlich zwischen 14.30 Uhr und 17.30 Uhr geschlossen hat. Es ist nämlich absolut unüblich für Schleswig-Holstein, in dieser Frage Ausnahmen zu machen. 

 

Gut essen (mit Aussicht)


 

Ganz wie es sich für die Berge gehört, aßen wir Damwildkeule (vom örtlichen Jäger) mit Rothkohl und Serviettenknödeln zum schlanken Kurs von 14.50 Euro. Es schmeckte ausgesprochen gut.

 

 

Ich wäre ja zu und zu gern noch viel länger auf dem Aschberg geblieben. Am liebsten über Nacht. Weil die Stimmung da „oben“ so herrlich ruhig war. So wunderbar weg von allem. Aber wir hatten noch einen Termin. Und irgendwie war das kleine Bedauern beim Aufbruch auch passend. Der Vorfrühling ist ja ohnehin portionsweise Glück. Eine kleine Weile Sonne. Eine Blüte hier und da. Und ein ganz leichter Schimmer Grün.

 

Baum

22 Kommentare

  1. Und wenn wir Norddeutschen es denn mit dem Regional-Nationalgefühl mal genau nehmen, muss als erstes dieses Outlet Neumünster weg – so ein US-amerikanisch-künstliches Etwas brauchen wir hier nicht. Disney kann im Trumpland bleiben, hihihi lalala.
    Zugegeben, ein etwas skuriller Kommentar zu einem aber auch etwas skurillen Blog, liebe Stefanie, 😉
    Hamburgische Grüße
    Marianne

  2. Bei Hüttener Berge, denke ich immer nur an die Raststätte 😀 .

    Ein Outletcenter habe ich hierzulande noch nicht besucht – ich wusste wohl, dass ich nichts verpassen würde 😉 . Interessante Details erfährt man hier: Das Teil soll wahrhaftig Teil der Busreise „Perlen der Ostsee“ eines chinesischen Reiseveranstalters sein?!

    Liebe Grüße,
    Heike

    • Ein Ding, was? Chinesen konsumieren wohl auch sehr gern. Und im Outlet hat man alles konzentriert – das spart Zeit. 5 Tage sind ja nicht viel für Lübeck, Kopenhagen, Stockholm, Helsinki und Tallinn. Da zählt jede Minute. Der Fotostop „Schleswig-Holsteinisches Hügelland“ wird z.B. mit der Pi-Pause an einer Autobahnraststätte kombiniert. Sie liegt kurz vor Lübeck. Da muss ich jetzt immer dran denken, wenn ich dort vorbeifahre 🙂

  3. Skuriler Blog?? Ganz und gar nicht!

    Liebe Stefanie,
    wieder was Neues an dir kennengelernt: du hast das Konsumieren eingestellt und warst noch nie in einem Outlet. Das macht dich zu einer besonderen Spezies. 🙂

    Hüttener Berge: wie oft haben wir da vor 2 Jahrzehnten unseren jüngsten Sohn hingefahren und abgeholt – er war und ist aktives Waldjugendmitglied und da haben die ihre Landesverbands-Hütte.
    Leider sind wir da nie gewandert und ich kenne daher weder diesen Turm noch die Globetrotter Lodge.
    Sollte ich wohl mal nachholen?!

    Und – keine Blasen an den Füßen geholt?? Mir graust heute schon vor dem Tag, an dem ich meine schwierigen Füße an neue Wanderschuhe gewöhnen muss. 🙂

    Liebe Grüße
    Eva

    • Hej Eva, Waldjugend klingt ja klasse. Kenne ich gar nicht. Die Globetrotter Lodge ist bestimmt was für Euch. Schau mal in Erikas Kommentar – die kennt sich in der Gegend richtig aus und gibt gute Tipps, wann man am besten (nicht) hin sollte…

  4. Sehr interessant, sowohl als auch.
    An diesem quatschbunten Outlet-Center im Phantasiestil fahre ich ja ab und an mal vorbei und bislang dachte ich auch, dass es sich dabei eher um eine Halle handelt in der auf ewigen hundert Metern Kleiderständer aneinander gereiht stehen. Nun gut. Haben wir das geklärt und ich muss meine Nase da nicht reinstecken.
    Die Hüttener Berge habe ich mir hingegen deutlich unspektakulärer vorgestellt, da hast du mein Interesse geweckt.
    LG Oli

    • Die Hüttener Berge sind schon wirklich, wirklich schön und für Kanal-Anwohnerinnen auch so gut zu erreichen. Nächstes Mal möchte ich gern an einem heißen August-Tag in den Wäldern wandern. Gibt da viele ausgeschilderte Wanderwege. So was mag ich ja, weil es mich zwingt weiterzugehen 🙂

  5. erika Stumm sagt

    Man darf aber nicht in der „Lodge“ essen,wenn das Lokal sehr gut besetzt ist,es sei denn,man möchte ohnehin nicht mit seinen Tischnachbarn kommunizieren.Die Akustik ist suboptimal. Auch sollte man nicht zu spät,etwa nach einem ausgedehnten Spaziergang in
    den Hüttener Bergen, frühstücken wollen, dann muss man schon mit einem recht abgegrasten Buffet zu einem doch stattlichen Preis rechnen, zumindest für nicht Hamburger Preise.Aber die Hüttener Berge und besonders Osterby(am Rande des genannten Highlights gelegen) lohnen jeden Besuch,über den ich mich übrigens immer freue.Also auf bald.LGErika

    • Ja, ja, Osterby. Das Highlights unter den Highlights. Nee, ernsthaft – ich habe Dich natürlich immer im Kopf. Also: auf bald :-)! Und einen schönen Tag, Steffi

  6. Wandern wie auf Wellen! Was für ein schöner Titel für wieder einen sehr schönen Beitrag. Ich habe bei der Aussicht von meinem Fenster schon oft gedacht, ich wohne wie in Wellen – deine Fotos von den Hüttener Bergen hätten auch fast hier vom Osten der Insel Møn stammen können. Nun lebe ich hier schon drei Jahre, und als Kind wohnte ich um die Ecke von den Hüttener Bergen – aber mir war echt noch nie aufgefallen, wie schön (wellig) es auch dort ist. Dafür muss ich erst deinen Blog lesen – und wohl tatsächlich mal in Schleswig-Holstein Urlaub machen, um das Land meiner Kindheit neu zu entdecken. Vielen Dank dafür und liebe Grüße (von einer, die auch versucht, das Konsumieren bleiben zu lassen!!!)

  7. Juliane Jantosch sagt

    Zugegeben ist die Esprit-Kirche was sehr Skurriles, man glaubt, sie ist aus Pappe. Viel schöner dagegen Neumünsters Wahrzeichen, die Vicelinkirche. Die ist nun wirklich wunderbar und wurde von dem Dänen C.F. Hansen erbaut – wieder so was Dänisches – die mogeln sich aber auch tatsächlich durch ganz Schleswig-Holstein, vielleicht will Espersen sie einfach wieder unter dänischer Hoheit haben. Das Outlet nimmt er dann als Dreingabe, weil seine Landsleute es so lieben.
    Na ja, immerhin war es ein Schnapper mit den Wanderschuhen und wir hatten Spass und einen guten Kaffee in der Sonne.
    Die Fotos sehen übrigens aus, als wäre das alles total echt und nicht nur Fassade.

  8. Juliane Jantosch sagt

    Ach übrigens, Wandern in den Hüttener Bergen ist ja tatsächlich grandios. Vor zwei Jahren haben wir das an einem wunderschönen Frühlingstag auch gemacht. Die „Bergwelt“ war übersät mit Schneeglöckchen und anderen Frühjahrsblühern, die Sonne schien wunderschön, ein Tag für Genießer.

  9. Reni sagt

    Na Steffi, der Restgutschein hält jetzt bestimmt noch 10 Jahre ?, bis du die nächsten Schuhe brauchst. Die Globetrotter lodge fand ich als Nichtwanderer auch superschön!

  10. HannoverblickOst sagt

    Wenn ich all die Kommentare lese, kann ich als quasi „Südländerin“ nun gar nicht so mitreden 😉 Und dennoch, Dein Beitrag hat mir heute ein Grinsen ins Gesicht gezaubert 🙂 Das Glamping-Globetrotter-Dingens wäre schon allein ne Reise wert. Und dass mit den Wanderpuschen habe ich für mich als bekennende Kaufmuffelin ganz gut gelöst. Hab meinen alten Tretern einfach ne neue Besohlung spendiert. Denn nix geht über meine gut eingelaufenden Meindls 🙂

    • Neulich hat mir jemand (der sehr lange bei Globetrotter gejobbt hat, aber das ist Zufall) erzählt, Meindls wären überhaupt die einzigen Wanderschuhe, die noch richtig lange halten. Alle anderen hätten in den letzten Jahren auf Sollbruchstellen umgestellt. (Auch und gerade sehr teure Marken). Ahoi in die Süden, Stefanie

  11. Hab mich mal wieder königlich amüsiert, Stefanie. Und was den ollen Espersen angeht: Ich schlage vor, da setzen wir auf die Kampfkraft und Erfahrung der Dithmarscher Bauern im Zurückschlagen übergriffiger Dänen.

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