Einmal im Jahr, irgendwann zwischen Mitte April und Anfang Mai, verwandelt sich das Junkernfeld in Schachbrettblumenwiesen. Oder Schachblumenwiesen. Ich weiß nicht genau, ob die eine Begrifflichkeit „richtiger“ ist als die andere, wie ich überhaupt wenig über Blumen weiß. Aber über das Naturschutzgebiet Untere Seeveniederung kann ich seit gestern aus eigener Erfahrung sagen, dass ein wirklich schöner Rundwanderweg um das Junkernfeld führt. Er ist 11 km lang, wenn man am Bahnhof Maschen startet. Und 8 km, wenn man sein Auto am Parkplatz bei Hörsten am Junkernfeldsee parkt.
Direkt am See steht auf einer Infotafel geschrieben, dass auf dem Junkernfeld die größten Schachblumenbestände der Bundesrepublik Deutschland zu finden sind. Wikipedia allerdings verweist diesbzüglich auf die Sinnwiesen bei Obersinn in Franken. Das Land Niedersachsen wiederum sagt, in Seevetal befindet sich „wahrscheinlich das größte Vorkommen in Mitteleuropa“.
Der Weg führt zunächst entlang der Seeve bis zur Elbe. Die Seeve hat es mir ziemlich angetan, so dass mir möglicherweise ohne Vorabinformationen die Schachblumen gar nicht weiter aufgefallen wären. So zart sind sie und auch weitläufig gestreut.
Klickt man sich Junkernfeld-mässig durch´s Netz, stößt man immer wieder auf die Worte „Farbrausch“ und „Blütenmeer“. Deswegen hatte ich mir das Ganze irgendwie krasser vorgestellt. Aber mag natürlich auch sein, dass die Zeit gestern noch gar nicht reif war. Oder dass die Schachblumen sich 2017 insgesamt eher schüchtern geben. Niemand weiß, warum Fritillaria meleagris auf ein und derselben Fläche in einem Jahr in großer Anzahl auftritt und im nächsten nur wenige Exemplare Blüten ausbilden.
Die kleine Geheimniskrämerin ist stark bedroht und wird daher rund ums Junkernfeld von Gräben und Zäunen vor Freizeitfotografen geschützt. Es hält nicht alle davon ab, trotzdem über die Wiesen zu latschen. Dabei stehen sie a) unter Naturschutz und sind b) ein wichtiges Brutgebiet. Ich habe mich schon häufig gefragt, was Menschen in Naturschutzgebieten suchen, wenn ihnen Natur im Prinzip schnurz ist. Vielleicht spreche ich demnächst mal einen Banausen drauf an)! Kurz vorm Örtchen Over führt übrigens extra ein kleiner Steg ins Feld. Nicht weit; vielleicht 20, 30 Meter. Aber immerhin.
In Over fließt die Seeve in die Elbe. Spätestens jetzt freut sich, wer ein Getränk und/oder Butterbrot eingesteckt hat. Es gibt auf der Wanderung keinerlei Einkehrmöglichkeit, dafür aber versteckte Ecken am Elbufer und Bänke auf dem Deich.
Nach einigen hundert Metern geht es vom vom Elbdeich wieder landeinwärts auf den Herrendeich. Im ersten Moment dachte ich, der Rückweg sei schlechter als der Hinweg, da man sich den Deich mit Autos teilen muss. Doch dann ist mir gar keines entgegengekommen. Und auch viel weniger Spaziergänger als auf der anderen Seite. Der weite Blick über die Seeveniederung ist phantastisch. Die Schachblumen sieht von der Deichseite aus genauso gut; bzw. schlecht.
Wovon ich auf der ruhigeren Seite nun sehr viel mehr sah als zuvor gegenüber, waren Feldhasen. Sie rasten über die Wiesen und schlugen die heftigsten Haken zwischen den Schachblumen. Oder Schachbrettblumen. Oder Kiebitzeiern. So ein weiterer Name des kleinen Liliengewäches. Der passendste wie ich finde. Das Bild, das ich vom Junkernfeld mitnehme, ist eine überdimensionale Osterwiese, auf der die Osterhasen Überstunden schieben. Vielleicht noch eine Woche oder zwei oder drei.
Die Wanderung mag ich übrigens auch ohne Schachbrettblumenblüte sehr empfehlen. Ich stelle sie mir zu jeder Jahreszeit schön vor.
Die Blüten sind wirklich hübsch anzusehen. Man sagt mancherorts übrigens auch noch „Perlhuhn“ dazu. Das Gefieder irgendeiner Art ähnelt wohl im Muster ebenfalls dem der Schachbrettblume.
Ich könnte mir vorstellen, dass die unterschiedlich intensiv (zahlreich) ausfallende Blüte sehr mit der im Jahresverlauf gerade vorherrschenden Witterung zu tun hat. Die Pflanze mag nicht sehr gern trockene Phasen, sondern liebt feuchte Wiesen, am liebsten sogar zwischendurch einmal überschwemmt. Eine zu trockene Periode und zu warmer Boden wirken sich während des gesamten Jahres in der Folge negativ aus. Einerseits im frühen Jahr auf die aktuelle Blütenbildung, als Konsequenz danach sorgt sie für zurückhaltendere Ausbildung der Fruchtkapseln. Auch die Brutzwiebeln im Boden, über die im Laufe der Zeit ebenfalls neue Pflanzen mit neuen Blüten heranwachsen würden, haben dann keine große Lust, sich großartig zu vermehren. Und frische Jungpflanzen, die nicht genug Feuchtigkeit bekämen, gingen ein. Sie sind anfangs sehr empfindlich.
Im Folgejahr fiele die Zahl der Blüten schon deutlich geringer aus. Kämen jetzt noch wenig Sonne (Lichtmangel), später Frost etc. im April und Mai hinzu, müsste man bereits genauer hinschauen, um zwischen den Lücken die kleinen wippenden Köpfe zu finden …
Mir hat die neue Wanderung samt Vorstellung des Junkernfelds sehr gefallen, Stefanie. Ich hatte bisher von diesem Areal noch nicht davon gehört. Vielen Dank!
LG Michèle
Liebe Michèle, es freut mich, dass Dir der Beitrag gefallen hat. Vielen Dank für die ausführlichen Infos. Wenn man sich wenig mit Gärtnern auskennt, ist einem immer gar nicht so klar, was alles klappen muss, damit es klappt. Die Natur ist mächtig stark und gleichzeitig ungeheuer sensibel. Darüber denke ich viel nach. Ganz liebe Grüße zurück, Stefanie
Ich kenne das Seevetal von einer Kanutour und die war unvergesslich. Wild romantisch und irgendwie eine ganz eigene Welt. Nun kenne ich mich mit Blumen wenig aus, ich liebe einfach wilde Blumen und das Summen der Hummeln und Bienen. Wie schön, solche kleinen Paradise zu entdecken.
Moin Kai, ich bin auch ein großer Hummel-Fan. Und Hummeln wiederum lieben Schachbrettblumen (habe ich beim Wandern aufgeschnappt). Eine Tour auf der Seeve steht bei uns diesen Sommer auch unbedingt an. Sie hat ja Schwallstrecken und kleine Stromschnellen (auch das habe ich irgendwo aufgeschnappt). Grüße ins Hügelland, Stefanie
Liebe Stefanie, ich liebe diese Schachbrettblumen auch so sehr! Und, Duplizität der Ereignisse: auf dem Weg nach Dänemark lese ich Deinen Post, und dann entdecke ich bei unserer Ankunft im wunderhübschen Dyvig Badehotel auf allen Tischchen und Fensterbänken Schachbrettblumen in Gläsern und Töpfen als Frühlingsdeko! So eine schöne Idee. Es müssen gar nicht immer Primeln, Narzissen oder Hyazinthen sein. Die Dänen haben wirklich einen besonderen Geschmack und wissen, wie man mich happy machen kann. ?
Liebe Grüße, Martina
PS: morgen früh ist Krantermin. Es geht endlich wieder los, yay! ⛵️
Hej Martina, da seid Ihr also wieder in Eurem Element. Ich hoffe, es ist nicht ganz so kalt wie in Hamburg?!
Auf das Dyvig Badehotel werde ich immer gespannter (Badehotels sind ja sowieso eine tolle Erfindung). Liebe Grüße in den Norden, Stefanie
Sind die nicht zart, die hübschen Blüten? Ich bin ja stolz, dass ich auch einige Exemplare im Garten habe, die sind dieses Jahr wieder aufgetaucht. Aber die Wiese würde ich auch gerne mal sehen mit der Vielzahl von Blüten oder die Blomesche Wildnis.
Du meinst die Wiese in Hetlingen auf der nördlichen Elbseite, nicht wahr?!
Dein Beitrag kommt zur rechten Zeit, welch ein Glück – ich habe mich gleich aufgerafft und bin hingefahren. Das Junkernfeld kenne ich wirklich gut, da ist es zu jeder Jahreszeit schön. Aber ich habe leider immer die Blütezeit der Schachblumen verpasst. Heute habe ich es geschafft und es war wirklich toll. Danke für die Anregung.
Ach, das freut mich!
[…] Schachbrettblumen! Duplizität der Ereignisse, denn gerade hatte ich auf dem Weg nach Dänemark Stefanie’s Bericht über die Schachbrettblumenwiesen im Junkernfeld gelesen und mich sofort in diese besondere Blume […]
[…] bei den Schachblumenwiesen in Hetlingen vorbeigeschaut. Das Gelände ist sehr viel kleiner als das Junkernfeld in der Seevetalniederung. Dafür ist nichts eingezäunt. Also: auch […]