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Norden ist, wo man trotzdem rausgeht: 5 Wanderungen auf Sylt

Westerland

Meine diesjährigen Wanderungen auf Sylt fanden bei Schnee statt, bei Nebel, bei Kälte, bei Regen; also ausschließlich unter grauem Himmel. An 9 von 14 Tagen schien die Sonne nicht. Das ist eine richtig schlechte Quote für Sylt. Aber was will man machen.

In Norddeutschland ist das Wetter nun mal so. Und zwar ziemlich oft. Um es überhaupt zu ertragen, muss man trotzdem rausgehen. Sich meinetwegen auch zwingen. Das Graue fühlt sich nämlich a) besser an, als es aussieht. Und ordnet sich b) schön geschmeidig den eigenen Gedanken unter.

Nur für den Fall, dass Du mal bei schlechtem Wetter auf Sylt sitzt, hier fünf Vorschläge zum trotzdem Rausgehen und la Paloma pfeifen.

 

Das Alljahreswetter zwischen Kampen und Braderup (ca. 10 km)

 

Wer nach Norddeutschland fährt, muss wissen: Hier gibt es  keine Jahreszeiten sondern eine Art Alljahreswetter. D.h.: Temperaturen zwischen 10 und 18 Grad plus bedeckter Himmel. Das ist im Januar genauso normal wie im Juli.

Das allerschlechteste Wetter hat (glaub ich) Hamburg. An den Küsten ist es gefühlt etwas besser. Das beste Wetter gibts auf den Inseln. Aber selbst da hat man mal Pech im Sinne einer kompletten Woche ohne Sonnenstrahl.

 

 

Man hat natürlich auch manchmal Glück. Dann sieht Norddeutschland wirklich so aus wie in Reisekatalogen oder auf Blogs. Aber das ist seltener. Es ist also keine schlechte Idee vor einem Trip nach Norddeutschland darüber nachzudenken, ob man damit klarkommt. So schwer wie es klingt, ist das gar nicht. Denn irgendeinen Grund muss es ja haben, warum die teuersten Grundstückspreise im Norden erreicht werden; konkret in Kampen.

 

Wanderung: Von der Springer-Burg in Kampen immer am Watt lang bis zur Braderuper Heide. Zurück über die Heide und die Kupferkanne. Ggf. Nusskuchen essen. Ca. 10 km.

 

Grau, grau, grau sind alle meine Farben: Wattwanderweg Braderup bis Keitum (5 km)

 

Ich hab mal in einem Verlag gearbeitet, der die beste Fernsehzeitschrift von allen herausbrachte. (Es war, als man noch Fernsehen sah.) Der Titel zeigte in der Regel eine Frau mit beeindruckendem Dekolleté vor blauem Hintergrund. Das ist heute noch so. Versuchten die GrafikerInnen nämlich etwas anderes, etwa einen hellgrünen Hintergrund oder einen Mann auf dem Titel, brachen die Auflagen sturzartig ein. Mit Landschaftsfotos ist es das Gleiche. Wie ich auf Facebook festgestellt habe. Grauer Himmel = wenig Likes.

 

 

Der strahlend blaue norddeutsche Himmel ist ein beeindruckendes Dekolleté. Von Touristikern fast immer mit Photoshop geschönt. Von Bloggern manchmal auch. Denn es ist ja so: Es tut einem in der Seele weh, wenn man nicht zeigen kann, wie wunder-wunder-wunder-wunderschön das Gezeigte eigentlich ist. Wenn die Sonne scheint.

So geht es mir mit einer meiner allerliebsten Wanderungen auf Sylt überhaupt, die ich wirklich jedem ans Herz lege (obwohl die Fotos keine Lust drauf machen).

Wanderung: Vom Weißen Kliff der Braderuper-Heide über Munkmarsch nach Keitum. Die Wanderung setzt dort ein, wo die vorherige aufhörte. Könnte also gut kombiniert werden. Für sich genommen ist sie ca. 5 km lang bzw 10 km, wenn man den gleichen Weg zurücknimmt. Was ok ist, weil man eigentlich gar nicht genug von diesem Teil der Insel kriegen kann. (Aber ich muss das echt mal bei besserem Wetter zeigen).

 

La Blidselbucht est grise et triste (7 km)

 

Il pleut. La Rue est grise et triste. Das ist ungefähr das Einzige, was ich vom Französischunterricht noch weiß und ebenso motivierend wie ein Spaziergang bei Regen und Kälte. Genau deswegen muss man wandern. Wandern ist nämlich einen Tick schneller als Spazieren. So 5 – 6 km pro Stunde. Wobei es am Strand natürlich manchmal langsamer zugeht.

 

 

Das Beste am Wandern: Man friert nicht. Man kann sogar die Grautöne ganz schön finden. Überhaupt macht ja wenig so zufrieden wie eine Wanderung bei Schmuddelwetter. Man hat den Elementen getrotzt. Alle Achtung! (Wichtig allerdings ist ein Gasthaus am Ziel. Zur Belohnung.)

Wanderung: Ob man von der Kampener Vogelkoje zu Gosch am Lister Hafen läuft oder andersherum, kann man ja nach seinen gastronomischen Wünschen ausrichten. Bushaltestellen gibts an beiden Endpunkten. Von der Vogelkoje aus läuft man gute 4 km am Meeressaum und wechselt für den Rest auf die Lister Promenade. Insgesamt 7 km.

 

Grieselgrauer Ellenbogen (ca. 20 km)

 

Manchmal (selten) ist grauer Himmel genau das Richtige. Als David Bowie starb zum Beispiel. Da wanderte ich um den Ellenbogen und hörte, was mein I-Pod Bowie-mäßig so hergab.

 

 

Ich habe viele wirklich wunderbare Nachrufe auf David Bowie gelesen. Aber seine Musik in Kombination mit Worlds-End-Gefühl ist doch noch mal was anderes. Intensiveres.

 

Wanderung: Die Wanderung um den Ellenbogen kann man so lang oder kurz gestalten wie man will. Ich starte immer an der Weststrandhalle (wo auch ein Bus hält). Dabei kommt man ungefähr auf 20 km (in etwa 4 Stunden zu erledigen). 

 

Eine geht noch: Wanderung durch das Klappholttal

 

Glücklicherweise habe ich meine fünfte Wanderung auf Sylt bereits beschrieben, so dass ich sie nur noch verlinken muss: Klick.

Vor meinem Fenster ist nämlich gerade ein weiterer, bleigrauer Morgen über Hamburg aufgezogen. Das Ganze fühlt sich jetzt schon an wie 17.00 Uhr. Grau macht müde. Tranig. Rammdösig. Jedenfalls wenn man drinnen bleibt und auf einen Bildschirm starrt.

Dagegen hilft nur: Trotzdem rausgehen. Und das mache ich jetzt mal.

Komm gut in die Woche!

19 Kommentare

  1. Ein wunderbarer Post an einem bleigrauen Montagmorgen, liebe Stefanie! Da ich die beschriebenen Orte kenne und gerade auch im Winter liebe, fühle ich mich gleich ein bisschen weniger müde, tranig, rammdösig. Aber zur Sicherheit gehe ich lieber auch noch ein bisschen vor die Tür. Jetzt. Hab eine gute Woche!

  2. Hi Stefanie, Nebel ist doch der absolute Renner, was Postings angeht, dagegen kommt kein Sonnenuntergang an. Aber ich bin da sowieso zu stark Instagram-fixiert, Facebook verwirrt mich auch nach Jahren extensiver Nutzung noch. 🙂 Findest du wirklich, dass Blogger wie Bildredaktionen stylen? Der Aufmacher ist wichtig und sollte emotional sein, ja. Aber letztendlich kommt es aufs Thema an, fällt mir immer wieder auf. Und ich glaube, wir haben in Nordfriesland mehr Regen als in Hamburg. 🙂 Der Beweis: Eiderstedt droht gerade zu versinken! Liebe Grüße, Elke

    • Hej Elke, wahrscheinlich regnets immer am meisten, wo man gerade ist 🙂 Eiderstedt passt gut zum Thema Fotostyling. Es gibt ja enorm viele Blogbeiträge über SPO bei strahlendem Sonnenschein. Falls der Himmel in SPO an 320 Tagen blau ist, will ich nix gesagt haben. Ansonsten würde ich vermuten, da wird bei Einigen an schönen Tagen noch ein bisschen zusätzlich getuned und die grauen Tage lässt man unter den Tisch fallen. Dich meine ich natürlich ausdrücklich NICHT. Du hast das Wetter bei Euch ja schon in allen Facetten beschrieben. Und ich meins insgesamt auch gar nicht naserümpfend. Ich wollte es nur mal gesagt haben, weils ein Süddeutscher mitliest. Nicht dass die nachher ganz enttäuscht sind von der Realität. 🙂 Schönen Abend; Regen ist gut für Tee auf dem Sofa, Stefanie

  3. Liebe Stefanie, ich like Dich trotz grauen Himmels. ? Wie immer ein toller Bericht!

    Liebe Grüße von den Kanaren (jetzt fühle ich mich fast wie eine Verräterin! ?) Aber hier ist der Himmel auch nicht durchgängig blau.

    Ahoi und liebe Grüße von den abtrünnigen Elbkindern. Wir sind zwar nicht in der Nähe geblieben, wohnen hier aber direkt an einem kleinen Yachthafen. ⚓️⛵️? So ist die Segel-Sehnsucht viel besser zu ertragen. Noch 3 Monate! ?

    PS: Wie geht es eigentlich Deiner Hand?

    • Hallo Martina, seit gestern trage ich keinen Verband mehr. Hand beinahe voll einsatzfähig; herrliches Gefühl. Fast so himmlisch wie ich mir jetzt die Kanaren vorstelle. Ganz schöne Sonnentage wünsche ich Euch noch, Stefanie (Hamburg heute: 8 Grad, überwiegend bewölkt, böiger Wind).

  4. Ja, das stimmt, liebe Stefanie! Aber Julchen und ich träumen ja immer noch von den genialen fünf Tagen mit Schnee!! 🙂 Schönen Abend!!!

  5. Liebe Stefanie, “Grau, das sich bei unserem Alljahreswetter geschmeidig den Gedanken unterordnet…“ Einfach großartig! Ich könnte anfangen, den grauen Himmel zu mögen. Wenn Du uns jetzt noch den Sturm ans Herz legen könntest… LG Ulrike

  6. Tja, Sturm ist so ne Sache… da hilft ja meistens nur gemütlich drinnenbleiben. Mal sehen, was der Februar so an guten indoor-Sachen bereit hält. Halt die Ohren fest im Wesselburenkoog, Stefanie

  7. Liebe Stefanie,

    so schlecht wie der Ruf ist, ist das Wetter in Norddeutschland eigentlich gar nicht. Auch wenn ich den Spruch „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung“ eigentlich nicht mehr hören kann, ist er trotzdem so wahr. Es gibt kaum etwas Schöneres, als sich bei solchem Schmuddelwetter (vorausgesetzt es regnet nicht ununterbrochen) an den Strand zu wagen und einen ausgiebigen Spaziergang zu machen. Ein Glücksgefühl stellt sich auf alle Fälle ein, wenn auch manchmal erst im Nachhinein, wenn man wieder in die warme Stube darf. (Ich glaube du weißt was ich meine) 😉

    Herzliche Grüße,
    Claudia

    • Hej Claudia, das finde ich eigentlich auch. Aber dieses Mal war´s mir echt ein bisschen viel grauer Himmel. (Kann auch sein, der eher schlechter Sommer 2015 sitzt mir noch im Gemüt). Jedenfalls: das muss viel besser werden dieses Jahr. Liebe Grüße, Stefanie

  8. Danke für die Tipps, Stefanie. Ich fahre am Freitag rüber, zum ersten Mal in meinem Leben, und bin schon richtig gespannt. Das Radio sagt ja, dass der Himmel dann wieder grau ist 🙂

    • Du kannst Dich trotzdem freuen, Roswitha. Auch bei grauem Himmel. Gerade zum Biikebrennen. (Und sowieso: Eigentlich muss man dänisches Radio hören. Das deutsche irrt sich meistens.) Wünsche Dir einen tolle Reise, Stefanie

  9. Liebe Stefanie, ich persönlich finde ja, dass es nichts erholsameres und erfrischenderes gibt, als eine Wanderung bei grauem Himmel und schön Wind an einem leeren Strand an der Küste! Schön dick eingepackt fühlt man regelrecht, wie der Wind einem die Gehirnwindungen freipustet! Ich liebe das! VG Peggy

    • Ich auch. Meistens. Aber gegen Winterende nimmt meine Begeisterung immer drastisch ab. Dann will ich Frühling. Liebe Grüße und Danke fürs Lesen; Stefanie

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