Mecklenburg-Vorpommern, Norddeutschland, Ostsee
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Von verbotenen Inseln und Wildwestmanieren

Deutschlands kleinstes Haff, das Salzhaff, soll ein beliebtes Wassersportgebiet sein. Jetzt, Anfang März, treffen wir mehr (viel mehr!) Schwäne als Menschen. Genau genommen haben wir selten so wenig Menschen gesehen – und noch nie so viele Schwäne.

Im Südwesten wird die Nehrung vom Boiensdorfer Werder abgegrenzt. Vermutlich wird es alptraumartig, wenn im April der Campingplatz der Halbinsel öffnet. Außerhalb der Saison ist man allerdings allein auf dem Rundweg entlang der Steilküste und kann prima nach Wismar, Poel, Kieler Ort, Wustrow und natürlich über das gesamte Salzhaff schauen.

Rerik liegt am nordöstlichen Ende des Haffs. Ziemlich laid-back, beinahe dänisch, kommt es uns vor. Links das Haff, rechts die Ostsee, geradeaus die Halbinsel Wustrow mit ihrer Geisterstadt.

Auf dem Schmiedeberg in Rerik

Auf dem Schmiedeberg in Rerik

Reriker Strand

Reriker Strand

Die verbotene Insel: Wustrow

Wie so oft in Mecklenburg fühle ich mich aus der Zeit gefallen. Vieles erinnert mich an meine Kindheit, ist nicht so glattgebügelt wie in Schleswig-Holstein. Besonders gilt das für die Insel Wustrow, auch die „verbotene Insel“ genannt.  Sie ist über einen Damm mit Rerik verbunden, darf aber nicht betreten werden. Gerade deshalb will man natürlich unbedingt rauf. Zumal sich auf Wustrow verlassene Kasernenanlagen und eine komplette Gartenstadt aus den 30er befinden.

Wustrow

Wustrow

Wustrow ist schon ewig verbotenes Terrain. Erst durch die Nazis, dann die sowjetische Armee und nun liegt es am neuen Besitzer – wieder die Fundus-Gruppe, die wir ja schon aus Heiligendamm kennen.

Ob Lebensgefahr besteht kann man zumindest bezweifeln. Nach Abzug der Sowjets, so lese ich, wurde auf Wustrow tüchtig aufgeräumt und bis zu 3 m Erdreich abgetragen.  Zeitweise durfte die Insel auch wieder betreten werden. Aber dann gab´s Zwist zwischen Jagdfeld und der Gemeinde Rerik. Jagdfeld wollte Kasernenanlagen und Gartenstadt zu einem Ferienparadies miteinander verbinden. Rerik sorgte sich um den fließenden Verkehr, denn die angepeilte 2.200  Gäste hätten nur über den Damm anreisen können. Rerik verbot also den Verkehr über den Damm und Jagdfeld verbot daraufhin das Betreten der Insel.

Und nun ist das so. Die Geisterstadt von Wustrow schlummert einen Dornröschenschlaf und wird allmählich vom Urwald überwuchert. Ist ja auch nicht schlecht, zumindest für die Natur und die Tiere. Aber dass Jagdfeld selbst die geführten Wanderungen auf der Insel verboten hat, empfinde ich als ausgemachte Schweinerei. Und wenn ich mir vorstelle, dass Menschen, die auf Wustrow einmal gelebt haben, noch heute ausgesperrt werden, dann zieht sich mein Magen zusammen.

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Die ersten paar hundert Meter der Insel kann man am Strand noch entlang des Zaunes spazieren und wenigstens die Kasernen sehen. Seltsamerweise ist die Stimmung ausgesprochen friedlich. Eine Ziegenherde stapft durch das hohe Gras und im Hintergrund rauscht die Ostsee.

Dann entscheidet der Wachmann vorn am Tor offenbar, dass wir lange genug am Zaun gestanden haben. Er schwingt sich in sein Auto und fährt zu uns. Er steigt aber nicht aus. Sondern fährt ab sofort im Schritttempo immer schön auf unserer Höhe die Straße entlang. Bleiben wir stehen, bleibt er auch stehen. Gehen wir weiter, fährt er wieder los.

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Volko lässt das vollkommen kalt. Ist doch nur ein armes Würstchen, sagt er. Aber ich bin richtig wütend. Wildwest-Manieren, hätte mein Opa das genannt. Genau so stelle ich mir ja die Stasi vor. Und das ist  schon zynisch, dass die inzwischen von einem Wessi-Investor initiiert und honoriert wird. Ekelhaft.

Hier übrigens ein nettes Filmchen über 2, die Wustrow ganz gut kennen und viel gelassener als ich reagieren: Insel Wustrow

PS.: Volko sagt, ich soll unbedingt noch erwähnen, dass man vom Salzhaff in 20 Minuten in Wismar ist. Und dass Wismar super ist, die schwedischste aller deutschen Städte. Und apropos Schweden: Im Alten Schweden auf dem Rathausmarkt gibts eine richtig gute Pizza. Und wenn man Zeit hat auf seiner Rückreise von der Ostsee, dann sollte man unbedingt einen letzten Stopp in Wismar machen.

Aber andererseits ist Wismar eine eigene Nahreise wert. Darum gibts jetzt auch keine Fotos mehr. Sondern erst wenn wir mal mehr Zeit in Wismar verbringen.

4 Kommentare

  1. […] Schwestern, wäre Heiligendamm die kühle Blonde. Kühlungsborn wäre das lebhafte Zwilingspaar. Rerik die sanfte Bodenständige und die kleine Verträumte versteckt sich 4 km östlich hinter dem […]

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