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Gastbeitrag: das Zollenspieker Pegelhäuschen

Zollenspieker

Das Alte Zollenspieker Pegelhäuschen liegt in den Vier- und Marschlanden, konkret am Elbstromkilometer 598,5 und somit am südlichsten Punkt Hamburgs. Unsere Gastautorin Verena, die als Stewardess um die Welt jettet und zum Ausgleich ein privates Restaurant in Ihrem Wintergarten führt, liebt es außergewöhnlich. Daher hat sie einfach mal das komplette Pegelhäuschen gemietet; für ein intimes Abendessen mit ihrem Mann.

Speisenkarten

 

Eat- Drink – Man – Woman oder das kleinste Restaurant der Welt

 

Aus einer Kleinstadt in Niedersachsen kommend bin ich nicht besonders verwöhnt durch eine herausragende Restaurantszene in meinem Umfeld. Nichtsdestotrotz (was für ein Wort!) liebe ich Essen und ich liebe Hamburg.

Für Hamburger mag es einfach sein, beides zu kombinieren, denn sie müssen sich ja nur für eine Location entscheiden, wenn sie gut essen gehen möchten. Für mich gestaltet sich diese Wahl schwieriger, weil ich mich nicht besonders gut auskenne.

Da kam ein Zeitschriftenartikel über das Zollenspieker Pegelhäuschen – nach eigenen Aussagen das kleinste Restaurant der Welt – gerade richtig. Super, dachte ich. Da will ich hin. Und mein Gemahl Timo sollte mit, denn hinein passen zwei bis vier Personen.

 

Das Zollenspieker Pegelhäuschen beim Zollenspieker Fährhaus

 

Nach meinem Telefonat mit dem Zollenspieker Fährhaus war ich etwas ernüchtert, da das Pegelhäuschen auf Monate an den Wochenenden ausgebucht ist. Darum entschied ich mich für einen Termin in der Woche und musste nur zwei Monate auf die Umsetzung warten. Übernachten wollten wir dort auch.

Zollspieker„Aha“, meinte meine Schwester, die in Hamburg lebt, „das ist aber nicht mehr Hamburg, oder?“

Wie-nicht mehr Hamburg? Die Adresse ist doch Hauptdeich 141, Hamburg? Und es soll direkt an der Elbe liegen…

 

Nun ja…theoretisch ist es Hamburg, wie wir bei der Anfahrt bemerken. Zumindest teilt uns das Ortsschild mit, dass wir in Hamburg sind. Praktisch handelt es sich hier eher um ein Dorf am Deich.
Was auch der Friseur direkt gegenüber dem Hotel beweist. De Hoorsnieder wirkt irgendwie nicht so kosmopolitisch wie sich Niedersachsen Hamburg vorstellen.

 

Friseur

 

Als wir am Hotel ankommen bei grauestem Herbstwetter, überlege ich auch kurz, was mich geritten hat, extra hierherzufahren um essen zu gehen. Denn außer dem Hotel am Deich und einer Häuseransammlung dahinter gibt es nichts… wie in der Unendlichen Geschichte, wo das Nichts kommt und alles verschlingt…

Ich erkenne im Gesicht meines Mannes die Frage, ob ich da nicht was verwechselt habe, was die Location angeht. Er wusste nur, das wir nach Hamburg fahren, um essen zu gehen.

In der Hotelhalle allerdings bin ich sofort versöhnt. Sie geht in die Kaminbar über mit Blick auf die Elbe und ist saugemütlich eingerichtet; mit dicken Kissen zum molschen (wie die Schleswig-Holsteiner sagen). Auch unser Zimmer hat vollen Elbblick und ist sehr hübsch renoviert.

 

 

Um kurz vor sieben finden wir uns im Restaurant ein. Unser persönlicher Kellner steht schon bereit, um uns ins Pegelhäuschen zu bringen. Wir werden an den anderen Gästen vorbeigeführt und stehen plötzlich wieder draußen am Elbdeich. Über einen Steg geht es zum Pegelhäuschen. Die kleine Holzlaube thront auf einem Sockel hoch über der Elbe. Nachdem wir Platz genommen haben, strahlt Timo und ich fühle mich jetzt schon so zufrieden wie eine satte Katze.

 

Zollenspieker Pegelhaeuschen

 

Menue mit Aussicht im Zollenspieker Pegelhäuschen

 

Uns erwarten 4 Gänge eines wirklich fantasievollen Kochs. Nachdem der Kellner uns mit dem Aperitif und dem Gruß aus der Küche versorgt hat, lässt er uns allein mit dem Sonnenuntergang und der Abendstimmung am Fluss. Jedesmal, wenn er wiederkommt, klopft er kurz an, um unsere Intimsphäre zu wahren.
Herbst
Die Vorspeise Herbstgarten ist köstlich: Rote Beete, Karotten, Mais, Rettich und Pilze auf Kichererbsencreme mit Pumpernickel. Ebenso gut der zweite Gang: eine Maronensuppe mit Kalbsbäckchen, Schnittlauchöl und Radicchio.

Als Hauptgang gibt es gebratenen Rehrücken an getrüffeltem Pastinakenpüree mit Kronsbeeren, Rosmarinspitzen und Morcheljus. Wie man an den mit Püree gefüllten Quinoakugeln sehen kann, haben auch hier Superfoods Einzug in die Küche gehalten. HauptspeiseDas Zollenspieker Fährhaus liegt zwar hinterm Deich, aber nicht hinterm Mond.

Zum Dessert wird ein typisches 70er Jahre Gericht serviert, allerdings modisch aufbereitet. Birne Helene mit Pralinencreme auf Valrhona Schokoladenchips mit Popcornschnee.

 

So langsam geht der Wein zur Neige. Übrigens sind alle Getränke im Preis von € 109,– p.P. enthalten. Deshalb wechseln wir nach einem Digestiv in die Kaminbar des Zollenspieker Fährhauses. Dort ist für einen Mittwochabend bemerkenswert viel los. Die Stimmung lädt zum Bleiben ein.

Am prasselnden Kaminfeuer lassen wir den Abend Revue passieren und kommen zu dem Schluss, dass ein Besuch im Zollenspieker Pegelhäuschen etwas ganz Besonderes ist. Wir kommen gerne wieder! Falls jemals wieder ein Platz frei ist.

 

Verena Kleffner

 

Anmerkung der Redaktion: Bei Verena zu essen, ist übrigens auch was ganz Besonderes. An Ihrem Flying Table geht es weniger intim zu als im Zollenspieker Pegelhäuschen. Aber lecker ist es auch. Hoch zehn. Mehr über Verenas „Flying Table“  findest Du hier.

4 Kommentare

  1. Da jettet man um die ganze Welt und landet doch mit seinem Herzen oftmals vor der eigenen Haustüre. Alles andere als groß und ausgefallen, sondern einfach herzlich und einladend. Genau das ist das Besondere, was man entdecken darf. Ich fühle mich erinnert an ein Café im Siegerland mit dem Namen „Apfelbäumchen“. Das hatte auch nur zwei Tische und war immer besetzt.
    Solche Beiträge wie dieser, die schafft keine Werbeagentur, kein PR-Texter, sie kommen aus dem Herzen von Menschen, die das lieben, was sie tun.
    Vielen Dank für diesen tollen Artikel.

    Kai

  2. Heimat!!! Die Frage „Das ist aber nicht mehr Hamburg, oder?“ kenne ich nur zu gut. Sie wurde mir in meiner Schulzeit unzählige Male gestellt, wenn ich erzählte, dass ich aus den Vier- und Marschlanden kam. Zu Deiner Beobachtung, außer ein paar Häusern am Deich gäbe es da nichts, verlinke ich hier mal meine Liebeserklärung an dieses ländliche und ungewöhnliche Stückchen Hamburg: http://kindamtellerrand.de/abstecher-in-hamburg-die-vier-und-marschlande/
    Liebe Grüße,
    Maria

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