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Wechselhaft bis veränderlich: Radtour auf dem Fördewanderweg

Laboe

Der Fördewanderweg ist super für Tage, an denen man nicht sagen kann, ob die Welt untergehen wird oder die Sonne doch noch rauskommt. In beiden Fällen ist man am Ostufer der Kieler Förde fein raus. Kurze Schauer lassen sich jederzeit indoor überbrücken, bei unverhofftem Sonnenschein ist der nächste Strand nie weit und falls es mal wieder zu Unwettern kommt, nimmt man einfach die nächste Fähre zurück zum Ausgangspunkt. Der liegt an der Hafenspitze von Kiel, der Hörn.

 

Hörn Kiel

 

Praktischerweise befindet sich in unmittelbarer Nähe – auf der Rückseite des Hauptbahnhofs – ein Fahrradverleih. Dann braucht Ihr nur noch die Hörnbrücke zu überqueren und Euch auf den anschließenden 30 km immer so dicht wie möglich am Wasser zu halten. Ihr könnt aber auch gleich nach der Brücke einen ersten Stopp einlegen, um am Norwegenterminal die „Skyline“ von Kiel zu bewundern – oder die alten Segelschiffe am Germaniahafen.

 

Auf dem Fördewanderweg sind Sidekicks die Hauptsache

 

Die ersten 5 km scheinen nicht so wahnsinnig spannend. Der Hafenrand ist industriell geprägt. Radfahrer müssen daher über Werftstraße und Schönberger Straße erst einmal durch Wohngebiete düsen, bis es an der alten Schwentinebrücke wieder ans Wasser geht. Spätestens hier wird klar, dass Abstecher auf dieser Tour mindestens das halbe Vergnügen sind.

 

Schwentine

Das Tor zur Schwentine

 

Spazieren und Wandern an der Schwentine hat in Kiel Tradition. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts strömten Ausflügler am Flussufer nach Oppendorf. Wer verstehen will, warum, kann dem Fußweg noch heute folgen, der sich „windet mit sanften Wellenlinien… überall malerisch bis zur Mündung“. Ein Spaziergang zum Ausflugslokal Oppendorfer Mühle ist nicht länger als 1,5 Std. Noch besser wäre eine Kanufahrt; ein Verleih befindet sich direkt neben der Brücke.

 

Der Fördewanderweg: 30 km an der Wasserkante

 

Nur eine kurze (ach, viel zu kurze) Promenadenfahrt weiter gelangt Ihr auf den vielleicht coolsten Campus von allen. Nicht nur weil die Fachhochschule Kiel spitzenmäßig auf einem verlotterten Werftgelände integriert wurde. Sondern auch weil Künstler von Anfang an zur Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes eingeladen waren/ sind. Für Freunde der Kunst im öffentlichen Raum gibts den (kostenlos) Audioguide „CampusKulTour“.

 

 

Hinter dem Campus verlasst Ihr die Förde ein letztes Mal für einen kurzen Schlenker um das Kraftwerk. Dahinter liegt der erste Strand – Hasselfeld – und eigentlich geht der Fördewanderweg nun erst so richtig los.

 

 

Witzigerweise ist er nun auch richtig ausgeschildert, obwohl man ihn jetzt gar nicht mehr verlieren kann. Was man hingegen von nun an gut kann: einkehren.

 

Strandversorgung

 

Eines des ersten Strandlokale ist das Kiekut in Kitzeberg. Ein wunderbar relaxter Ort. Es folgen noch viele charmante Locations – aber diese ist unserer Meinung nach die Schönste.

 

Kiekut Kiel

 

Schönheit liegt natürlich im Auge des Betrachters. Aber egal, ob man architektonisch mehr auf Jugenstilvillen, Reetdachanwesen oder kleine Kapitänshäuschen fliegt, ab Kitzeberg wird man garantiert sein Traumhaus entdecken. Unseres steht in Altheikendorf: Wem das Strandhaus Schröder bekannt vorkommt, hat es vielleicht mal als Wohnhaus einer TV-Kommissarin (Anna Maria Mühe) gesehen.

 

Strandhaus Schröder

Altheikendorf

 

Gebaut wurde das Haus von einem Kieler Architekten namens Schröder. Leider finde ich über den Mann, der nur knapp dem KZ entging, keine Infos im Netz. Dabei ist er für Kiel nicht ganz unwichtig. Zu seinem Portfolio gehört u.a. die Jugendherberge, die sich als erste in Deutschland vom Konzept riesenhafter Schlafsäle verabschiedete. So erzählte es der sehr (sehr, sehr) nette Besitzer des Strandhauses. Er kaufte es vor einigen Jahren erst – nicht gerade im Top-Zustand – und hat es zu einem echten Diamanten poliert.

 

Strandhaus

 

Nur ein kurzes Stück weiter findet Ihr etwas, von dem ich dachte, dass es so etwas in Schleswig-Holstein gar nicht mehr gibt. Die Seebadeanstalt von 1904.

 

 

Leider passierten wir sie eine halbe Stunde vor Öffnung, so dass wir nur ein bisschen durch Schlitze hineinspähen konnten. Aber das reichte, um die Seebadeanstalt herrlich zu finden. Geöffnet ist sie im Sommer täglich von 13.00 – 18.00 Uhr, Kinder zahlen 60 Cent Eintritt (ist das nicht süß!), Erwachsene 1,80). Mehr Bilder: Klick.

 

Baden am Fördewanderweg

 

In Möltenort versucht die Beschilderung Radfahrer von der Förde wegzulocken. Ihr solltet ihr aber auf keinen Fall folgen, sondern das Rad lieber ein kurzes Stück schieben und das Marine-Ehrenmal besichtigen, von dem ich neulich ja schon berichtet hatte. Genau wie von dem folgenden Strand in Heikendorf.

 

 

Wo am Vorabend das Leben getobt hatte, war am nächsten Mittag kein Mensch. Gar keiner. Dabei war es warm; etwa um die 25 Grad. Vermutlich sind Kieler zu verwöhnt, um bei bedecktem Himmel ins Wasser zu gehen.

 

DLRG

Es gibt stressigere Jobs

 

Ich persönlich fand die Ruhe ja gerade herrlich. Und der bedeckte Himmel war mir auch ganz recht. Der Mann vom Radverleih hatte uns vor Menschenmassen gewarnt – aber davon konnte nun wirklich gar keine Rede sein. Erst ab Laboe wurde es voll. Bis dahin geht es noch durch Wald und ein Militärgebiet. Das klingt zwar nicht besonders schön, ist es aber. Nur kann diese Teilstrecke manchmal gesperrt sein, so dass ein 6 km langer Umweg nötig ist. (Ihr könnt das bei der Info-Hotline der Marine vorher checken: 04343-494 307 200).

 

Laboe: Gefühltes Ende des Fördewanderwegs

 

Bei Laboe öffnet sich die Kieler Förde weit der Ostsee. Gefühlt ist das eigentlich schon Meer. Und weil das ja nicht der einzige Vorzug von Laboe ist, ist es hier auch immer richtig voll. Uns persönlich zu voll. Mit Ausnahme der Lagune. Der Naturerlebnisraum am Ortsausgang ist ein ganz besonderer Platz, für den Ihr Euch Zeit nehmen solltet (falls Ihr auf Natur steht).

 

Lagune Laboe

 
Falls Ihr nicht auf Natur steht, werden Euch die kommenden Kilometer missfallen. Denn davon gibts jetzt reichlich. In dem Fall wäre es also besser, die Sache gut sein zu lassen. Das gilt auch, wenn die Unwetterwahrscheinlichkeit im Laufe der Radtour gleichgeblieben oder sogar gestiegen ist. Laboe ist der letzte Strand am Ostufer, der von der Fördefährlinie angefahren wird; die letzte Möglichkeit also, bei Regen trocken zurückzukommen. So war das bei uns. Und daher haben wir uns erst am nächsten Tag weiter hinausgewagt. (Davon demnächst mehr).

 

Laboe

 

Fazit: Von der Kieler Innenstadt bis zur kleinen Steilküste in Laboe sind es etwa 19 vergnügliche km. Der Fördewanderweg schlängelt sich noch bis zum Schönberger Strand. Wem die insg. 30 km dann noch immer zu wenig sind, kann im Grunde viele Hunderte weiterfahren. Oder er steigt einfach vorher ein – etwa in Holtenau; am anderen Fördeufer. Von dort beschreibt Kai von weites.land die gesamte Strecke sehr schön: Klick.

13 Kommentare

  1. Liebe Stefanie,

    Mercie für diesen schönen Bericht und die Verlinkung:-) Ich bin immer wieder fasziniert, wie Du mit Worten Bilder malst. Und mitunter auch ein wenig neidisch darauf 🙂

    Liebe Grüße von der anderen, etwas nördlicheren Förde. Die sind wir gerade entlang gelaufen und sitzen am Bericht.

    Kai

    • Ach, danke, Kai (zu viel der Ehre natürlich:-) Dann gibts bei Euch jetzt ja bald das Rundrum-Flensburg-Paket. Euren Output finde ich ja gewaltig. Schönes Wochenende, Stefanie

  2. Kai spricht mir aus der Seele, liebe Stefanie. Das mit den Worten und den damit gemalten Bildern bringt es genau auf den Punkt. Ein schöner Bericht, besonders mag ich die Seebadeanstalt und den Eintrittspreis für Kinder. Echt süß, wie aus der Zeit gefallen…?

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende, Martina

    • Vielen Dank auch Dir, Martina. In Skandinavien sind Seebadeanstalten ja sehr normal und ich finde das Konzept auch so schön (habe aber noch nie eine besucht – Du schon mal?), Grüße, Grüße, Stefanie

  3. Vor über zehn Jahren war ich mal ein paar Tage in Kiel und fand es … na ja, nicht soooo attraktiv. Mit Deinen Rad/Wandertips wäre das mit Sicherheit anders gewesen!!
    Das Tollste, was ich in Kiel gemacht habe, war, zwei Stunden auf der Aussichtsplattform der Schleuse Kiel-Holtenau am Nord-Ostsee-Kanal zu sitzen. Irgendwie hatte ich mir den meistbefahrenen Kanal der Welt hektisch und betriebsam vorgestellt. Es war aber ganz anders: es wurden in der Zeit zwei oder drei Schiffe durchgeschleust, von außen betrachtet passierte alles seeehr gemächlich, man hatte fast das Gefühl, die Zeit vergehe viel langsamer als sonst. Nach den zwei Stunden war ich jedenfalls tiefenentspannt 🙂 Kann ich nur empfehlen!

    • Liebe Lotte, ich glaub, Kiel hat sich verändert in den letzten Jahren. Wobei es nach wie vor so ist: Im Grunde braucht man nur die erste Reihe zur Förde ins Visier zu nehmen. Hab grad einen diesbezüglichen Beitrag veröffentlicht. Holtenau allerdings ist mittlerweile richtig schön. Und der Kanal sowieso. Da kann ich sehr empfehlen, ihn mal in voller Länge mit dem Rad abzufahren. Das ist wunderbar. Vielen Dank für Deinen Kommentar, Stefanie

  4. Dirk sagt

    Hallo Stefanie,
    für Radtouren bin ich normalerweise nicht zu begeistern. Du hast es aber geschafft, falls ich mal dort oben bin, mir die Sache noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen.
    Viele Grüße
    Dirk

    • Hej Dirk – Denken ist ja immer ein guter Ansatz. 🙂 (Falls Du Dich gegen das Rad entscheidest, kannst Du aber auch prima mit der Fähre alle Stationen anlaufen). Liebe Grüße, Stefanie

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