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Vom Fördesteig zum Ostseesteig (Tag 3 Geltinger Bucht)

Ostseesteig

Heute werden wir das Ende des Fördesteigs erreichen, der seit 2016 nahtlos auf den Ostseesteig übergeht. Die Etappe scheint eigentlich easy. 23 Kilometer direkt an der Wasserkante. Keine Möglichkeit, sich zu verlaufen. Keinerlei Steigungen. Das Wetter ideal. Wir müssen nicht einmal das Auto bemühen, sondern wandern direkt vom Ferienhaus los. Und doch. Schon als wir den Fördesteig am Strand von Steinberghaff erreichen, spüre ich: dieser Weg wird kein leichter sein.

 

Steinberghaff

 

Zunächst kann ich mich noch mit der unfassbar schönen Kulisse ablenken. Die seichte Geltinger Bucht ist so richtig was für Lichtliebhaber. Aber ich merke, dass mit mir nicht alles in Butter ist, da mir viele Dinge verführerischer scheinen als zu gehen (ein Gefühl, das ich eigentlich nicht kenne.)

 

Morgenlicht

 

Dinge, die mir heute z.B. verführerischer scheinen:

  • mich auf einem Boot von der ganz leichten Dünung wiegen lassen
  • in den großartigsten Ruhebänken ever schaukeln
  • ein Pferd spazieren führen (reiten wäre zu krass, selbst wenn ich´s könnte)
  • auf einem Stein sitzen und auf´s Meer starren

Oder anders gesagt: Ich bin schlapp.

 

 

Beim Skilaufen heißt es immer, der dritte Tag sei der Gefährlichste. Die Muskeln sind ermüdet. Zwar ist Wandern im Flachland nicht so anstregend, dass man Muskelkater bekäme. Aber vielleicht ist es ja doch so, dass die gestrige Etappe etwas zu lang war. Vielleicht war es auch nicht hilfreich, dass ich nur 5 Stunden geschlafen habe. Und ganz sicher wäre heute der gute, alte Witz angebracht: eins der Gläser Wein gestern abend war wohl schlecht. War halt so nett beim Sonnenuntergang im Strandkorb. Fällt aber eben auch in die Kategorie: Wie bescheuert kann man eigentlich sein?!

 

Keine gute Idee: Alkohol beim Wandern

 

Es heißt, hinterher wäre man immer schlauer. Bei mir ist es aber auch häufig so, dass ich es eigentlich vorher schon besser weiß. Etwa, wenn ich etwas Zerbrechliches an einem heiklen Punkt abstelle (wo es folgerichtig irgendwann runterfällt). Und dass Alkohol zu den NO-NO´s beim Wandern gehört, ist mir genauso wenig neu wie die Tatsache, dass ich während des Wanderns viel mehr Wasser trinken und häufiger pausieren sollte.

 

 

Ich habe heute genügend Gelegenheit, mein Fehlverhalten zu überdenken. Landschaftlich ist die Geltinger Bucht ganz anders als die Flensburger Förde. Flach. Weit. Über lange Strecken baumlos. Abgesehen von 5 Häusern in Traumlage  und dem relativ verwaisten Seglerhafen in Gelting Mole lenkt nichts den Blick ab. Da wird das Gehen meditativ. Wer tagelang wandert, muss anders pausieren als auf einem Spaziergang. Wanderratgeber empfehlen alle 30 Minuten eine kurze Trinkpause; alle 90 Minuten eine längere Pause + Snack, z.B. eine kleine Banane, ein paar Nüsse oder einen Riegel.

 

Keine Pausen sind auch keine Lösung

 

Unerfahrene Wanderer trinken zu wenig, weil sie glauben, es wäre nicht nötig. Oder weil es ihrer Meinung nach zu sehr aufs Tempo drückt. Oder weil sie nicht ständig nach einer Toilette Ausschau halten mögen. (Letzteres war auf der ersten Hälfte des Fördesteigs übrigens kein Problem. Seit Langballigau aber schon.) Besonders weil heute Montag ist. Kurze Saison hin oder her – in Angeln ziehen echt viele Gastronomen den guten, alten Ruhetag knallhart durch. Einige haben sogar montags und dienstags geschlossen. Dat Strandhuus in Wackerballig zum Glück nicht.

 

 

Die oben erwähnten 90 Minuten haben wir längst rum. Aber ich nehme natürlich keinen Snack zu mir. Genauso wie ich vorher keine Trinkpause eingelegt habe. Ich habe nämlich keinen Durst, denke ich, ich habe Fuß. Vielmehr Füße. Sie sind ganz schwer. Es läuft sich nicht so super. Dass das eine mit dem anderen zusammenhängt, ahne ich (superunwissende Wanderin) nicht.

 

Grahlenstein

 

Jetzt sind es noch gute 5 km bis zu meinem Lieblingsnaturschutzgebiet. Weil die  Geltinger Birk nicht nur mein Lieblingsnaturschutzgebiet ist – und  der Weg von Wackerballig  zur Birk so nett  – wird es deutlich belebter. Es sind jede Menge Radfahrer unterwegs. Nachdem ich das xte Mal auf ein Klingeln hin zur Seite getreten und stehengeblieben bin, um Radler passieren zu lassen, frage ich mich: Warum ist das eigentlich so? Warum müssen Radfahrer nie anhalten – Spaziergänger aber immer? Ist doch eigentlich seltsam.

 

Wo der Fördesteig zum Ostseesteig wird: die Geltinger Birk

 

Der Fördesteig umläuft die Landzunge der Birk an der Wasserkante. Beim „Eingang“ empfiehlt sich hier immer eine Suppe im Birk-Kiosk (heute Erbsen-Minz-Süppchen). Suppe soll sowieso das ideale Mittagessen für Wanderer sein. Besser als Pommes mit C-Wurst. Und der Birk-Kiosk ist die letzte Einkehrmöglichkeit für viele Kilometer.

 

 

Die Birk ist der vielfältigste Abschnitt der heutigen Tour. Auch wenn wir keine Wildpferde oder Robustrinder treffen, die hier zur Landschaftspflege eingesetzt werden. Wir sehen „nur“ einen schwarzen Schwan, Ziegen mit gewaltigen Hörnern, die eher in die Alpen passen würden und die Kinderstube einer Schafsherde. Und natürlich jede Menge Vögel. Schon an den vorherigen Tagen ist mir der vielstimmige Gesang aufgefallen. Wie still dagegen die Naturschutzgebiete im Hamburger Raum scheinen.

 

Am offenen Meer beginnt der Ostseesteig

 

Bei „Birk Nack“, der Spitze der Birk, endet der Fördesteig, bzw. geht nahtlos in den Ostseesteig über. Jetzt laufen wir richtig, richtig am Meer. Offene Ostsee, sagt man hier. Man spürts. Der Wind ist kühl; im Schatten sogar kalt. Dafür hören wir die Wellen rauschen. Im Duett mit Vogelgesang die allerschönste Klangkulisse. Nach 20 Kilometern kündigt der Leuchtturm von Falshöft die Kaffeepause an. Das Café hat zwar – klar – Ruhetag. Aber wir kriegen einen aus der Thermoskanne beim Campingplatz.

 

Falshoeft

 

Was jenseits des Strandes von Falshöft liegt, wollte ich schon immer mal wissen. Und kanns dann gar nichts fassen. Da ist nichts als Strand und Strand und Strand. Über Kilometer. Feiner, weißer, menschenleerer Ostseestrand. (Nur am FKK-Abschnitt entdecken wir zwei nackte Herren.)

 

Goldsmaas

 

Die Verblüffung hilft mir auf den letzten Metern von insg. 23 km nach Hasselberg. Auf der heutige Etappe gab es nur wenige Teilstücke, die ich nicht kannte. Und das waren dann die besten. Wandern ist doch irgendwie interessanter, wenn man Neues entdeckt. Oder man müsste im Sommer den Ostseesteig wandern. Dann könnte man zwischendurch baden.

 

Pottloch

 

Körperlich bin ich heute drüber. Meine Füße schmerzen; sind total geschwollen. Ich lese auf einer Seite für Pilger, dass sich zu viel Salz im Gewebe sammelt, wenn man nicht genügend trinkt. Der Körper hält bei wenig Flüssigkeit so viel wie möglich davon im Gewebe fest, was unter anderem zu geschwollenen Füßen führt. Das Prinzip ist ähnlich wie bei sehr salzreichem Essen.

Wenn ich also weiterhin Spaß am Wandern haben will (und das will ich), lautet die Formel ab sofort: minus Wein plus Wasser = Wanderlust.

Morgen dann also hoffentlich fitter weiter: auf dem Ostseesteig zum Schleisteig.

8 Kommentare

  1. erika stumm sagt

    Und da hätten wir uns doch fast getroffen-ich war in der Birk und auch in Hasselberg-einfach nur schön.Über den Juni reden wir nochmal, aber ganz ohne Wein ist auch nicht lustig.In diesem Sinne ein schönes Restwochenende.

  2. Oh ja, trinken, trinken trinken. Man merkt es sogar an den dicken und unbeweglichen Fingern. Und eigentlich ist die Folge von Trinken eine echte Entspannungsübung :-).
    leider macht unser Hund nicht mehr so mit, auf Gotland hatte er vor drei Jahren noch 40km geschafft. Aber weite Strecken zu laufen ist einfach besonders. Mitunter sogar, wenn man alleine ist und Selbstgespräche führen kann.
    Auf solchen Touren träume ich auch oft vor mich hin oder geistere in ganz neuen Gedanken und Ideen.
    Wenn Ihr also am Abend zuvor beim Wein hängen geblieben und entsprechend lange wach geblieben ward, seid Ihr wohl eben tags zuvor nicht ausreichend gelaufen, das rächt sich 🙂

    Zur Tour, Ihr kennt sie ja nun ausführlich, die Geltinger Birk. Aber jedem, der den Fördestieg bis Falshöft geht, empfehle ich, sich Zeit für die Geltinger Birk zu nehmen. Läuft man hier kreuz und quer über die vielseitigen Wege und Koppeln, kommt man hier schon alleine auf etwa 15 Kilometer.

    Und wenn ein Paar mit unterschiedlicher Heiratswilligkeit an der Zukunftsgestaltung nicht weiterkommt, empfehle ich ebenso den Fördestieg mit Ziel Trauzimmer im Leuchtturm Falshöft: Nach dieser Tour gibts dann keine Widerrede mehr, da sagt man freiwillig nur noch „Ja“…:_)

    Lieber Gruß in die augenblickliche Nachbarschaft.
    Kai

    • Ach, das mit den Finger kommt auch daher?! (Ich dachte, es liegt daran, dass sie immer irgendwie unten hängen :-)) Allein bin ich noch nie über mehrere Tage gewandert. Ich möchte das aber diesen Sommer einmal ausprobieren. Deswegen gucke ich auch so genau hin, was für mich beim Wandern gut ist. (Wobei der Wein im Strandkorb auch gut war. Nur eben nicht hilfreich.) Aber grundsätzlich finde ich, dass man nirgends so gut sprechen kann, wie auf einer mehrtägigen Wanderung. Es ist einfach so schön viel Zeit, die man miteinander verbringt. Liebe Grüße nach Angeln, Stefanie

  3. Liebe Stefanie, da muss ich jetzt grinsen. 🙂 Ja, die dicken Finger kenne ich auch und auch ich dachte immer, das kommt, weil sie runterhängen. Da habe ich jetzt echt was Sinnvolles gelernt! Danke! Ulrike

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