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Vom Suchen und Finden der Liebe zwischen Kalifornien und Brasilien

Kalifornien und Brasilien

Manchmal sind die Eckdaten perfekt, dachte ich neulich irgendwo zwischen Kalifornien und Brasilien, und doch will der Funke nicht überspringen. Es war bereits unser zweiter Versuch mit dem Schönberger Strand und wie schon beim Besuch zuvor, fühlte ich im Großen und Ganzen: GAR NICHTS. Dabei stimmte eigentlich: ALLES.

 

schoenberger strand

 

Andersherum kenne ich das auch. Man nehme nur mal Timmendorfer Strand, das Ostseebad, das in fast allen objektiven Kriterien am aller-aller-allerwenigsten meinen persönlichen Vorlieben entspricht und dem ich trotzdem tiefe Zuneigung entgegenbringe. Vielleicht ist das mit den Stränden also ähnlich wie mit den Männern (oder für Männer eben: mit den Frauen)?!

 

Schoenberg

 

Es braucht ein bestimmtes „Irgendwas“, damit es KLICKKLACK macht. Es hat wenig mit rationalen Überlegungen zu tun. Andererseits führen irrationale Entscheidungen auch gern mal in die Irre – emotional gesehen. Ein Dilemma, das jeder kennt, der mal ein paar Jahre als Single verbracht hat. Oder einen Urlaub am falschen Strand.

 

Der Schönberger Strand in der Probstei

 

In meinen wilderen Jahren tauschte ich mich über solche Themen eine Zeitlang mit einer Therapeutin aus. Sie hieß Bärbel, was mir – aus irrationalen Gründen – eine gewisse Distanz verschaffte. Ich fand den Namen einfach nicht so richtig Therapeutinnen-mäßig. Albern von mir. Ich weiß. Und ein Zeichen dafür, dass ich mich nie wirklich auf die Sache einließ. So konnte ich auch Bärbels Beziehungsratschlag Nummer 1 sorglos in den Wind schießen, der da lautete:
Man muss auch mal anderen Männern eine Chance geben. Zum Beispiel dem Martin aus der Buchhaltung.
Ich sagte: Tja.
Und dachte: Also bitte!!!
(Womit ich nichts gegen Martins oder Buchhalter gesagt haben will. Schon gar nichts gegen Buchhalter namens Martin. Aber die meinte Bärbel ja auch gar nicht. Es war nur eine Metapher.)

 

Kalifornien Ostsee

 

Zurück nach Kalifornien und Brasilien und dem Schönberger Strand, wo objektiv gesehen alles „en beurre“ ist. Die Ostsee läuft flach auf feinen, weißen Sand zu. Das ausgedehnte Deichvorland schützt den Strand vor Verkehrslärm und fungiert als endlose Spielwiese. Beim Spaziergang auf der Deichkrone kommt sogar fast ein bisschen Nordseefeeling auf. Und jede Menge Leute, deren Geschmack ich in anderen Fragen teile, schwören auf diesen Küstenabschnitt, an dem vor beinahe 300 Jahren das gute, alte place-dropping erfunden wurde.

 

Kalifornien und Brasilien in 5 Minuten

 

Etwa dort, wo heute das Beach Hotel California steht, strandete 1735 eine amerikanische Schonerbark gleichen Namens. Ein Fischer fand die Holzplanke mit dem Schriftzug am Strand und nagelte sie an seine Hütte. Das erweckte Begehrlichkeiten bei einem Kollegen, der etwas weiter östlich fischte. Da gerade kein zweites Schiffswrack zur Hand war, pinselte er „Brasilien“ auf ein Stück Brennholz, was sich ebenso gut an einer Hüttenwand ausmachte wie echte Planken.

 

Kalifornien

 

Im Laufe der Jahre wurden aus wenigen Hütten erst viele und dann Siedlungen. Und so können Urlauber heute ein Beweisfoto aus Kalifornien in die Welt hinausposten – fünf Minuten nachdem sie Liebesgrüße aus Brasilien verschickten. Feine Sache das.

Es war in unserem Fall nur so, dass sich bei der Anreise nach Kalifornien gewisse Erwartungen aufbauten. Nicht, dass wir glaubten, der Weg würde durch Venice Beach führen oder entlang der Copacabana. Aber es hätte auch nicht unbedingt die Feriensiedlung Holm sein müssen.

 

Holm

 

Beim Anblick des Appartementkomplexes aus der 70er-Jahre-Hölle war ich mir auf einmal sicher: Hier macht er also Urlaub. Der Martin aus der Buchhaltung. Und das war, als wäre eben noch „the girl from Ipanema“ durch die Luft gewabert und nun quietschte die Nadel abrupt über den Plattenteller und das nächste was ich hörte war: Dieter Krebs. Ich bin der Martin, ne (Falls jemand den Song noch kennt). Das Strandgefühl war dahin und kam auch nicht mehr zurück oder um´s mal mit den Sparks zu sagen: Martin, this beach ain´t big enough for both of us.

 

Edeka

 

Allerdings: die breite Meerblickpiste zwischen Dünenbewuchs und Deichgrün am Schönberger Strand ist schon ziemlich prima und kilometerlang. Wir müssen mit dem Rad wiederkommen, ist mir jetzt klar. Und auf gar keinen Fall über Holm. Denn wenn ich eines – ganz ohne Bärbel – gelernt habe: Eine dritte Chance kann sich durchaus lohnen.

 

Ostseeradweg

 

Eine dritte Chance kann natürlich auch genauso gut gar nichts bringen. Dann hilft nur noch der beste Beziehungsratschlag von allen. Eine Jugendfreundin vor mir erhielt ihn mal von der extrem weisen Büroreinigungskraft ihres Arbeitgebers. Er lautet: Lass zischen, gibt nen Frischen.

In diesem Sinne: Schönes Wochenende allerseits – auf dass Ihr den perfekten Strand findet (real oder gedanklich).

21 Kommentare

  1. Liebe Stefanie,

    Gibt es den perfekten Ort? Ist Perfektion nicht der Tod aller Emotionen? Was die Strände betrifft, so geht es mir mit dem Schwedeneck und Strande.

    Dem von Euch beschriebenen kann ich persönlich ( und ich heiße weder Martin noch Bärbel und bin auch kein Buchhalter 🙂 ) einiges abgewinnen. Beispielsweise im Winter.

    Und ja, ich habe in meinen wilderen Zeiten sogar mal Urlaub in dieser Betonanlage gemacht. Das schöne ist, wenn man drinnen ist, sieht man sie nicht mehr:-)

    Aber es gibt sie immer, die Menschen, die Orte, die einen berühren oder die man dann eher das nächste Mal lässt.

    In diesem Sinne Euch ein schönes Wochenende.

    Kai

    • Der Blick aus der Betonburg ist vermutlich eine Wucht?! (Wir haben z.B. mal in den Wohnsilos auf Fehmarn logiert; fanden wir großartig – obwohl nun wirklich objektiv nicht schön.) Ich bin ganz sicher, dass Schönberg toll sein kann. Wie gesagt: nächsten Sommer oder so kommt dann die Stakendorf-Schönberg-Stein-Radtour. Das ist das Schlechte an der Ostsee: Es gibt einfach viel mehr Strände als Sommertage.

  2. Stefanie, ganz furchtbar an deinen Artikel ist, dass sie so wahnsinnig bildhaft sind! Ich habe mir also gerade den Mann aus der Buchhaltung vorgestellt, den, dem man auch mal eine Chance geben solle. Ich habe mir also DEN Mann aus DER Buchhaltung von der Arbeit … also meiner … vorgestellt. Ganz ehrlich Stefanie, die Bärbel, ne, die und ihre Ratschläge … geht ja gar nicht! Puh, hab jetzt noch eine Gänsehaut : )
    Genial geschrieben, sonnige Grüße, JUtta

  3. Juliane Jantosch sagt

    Haha Steffi, das hast du uns wieder toll und witzig vermittelt. Wie du weißt, kann ich sowohl Buchhaltern, als auch Martins und Betonburgen von innen wegen des Blicks nach außen was abgewinnen. Insofern diesem Strandabschnitten auch sehr viel und wir fahren immer wieder gerne hin. Mit dem Fahrrad am allerschönsten – und im übrigen gibt es ja außer Holm auch noch sehr nette kleine Feriensiedlungen hier. Die Küste in Schleswig-Holstein ist einfach total unterschiedlich, aber immer irgendwie schön in ihrer Unterschiedlichkeit. Vielleicht komme ich ja nochmal dazu, von Flensburg bis Usedom zu radeln..

    • Verena Kleffner sagt

      Also Julia, meinen Martin fandest du gar nicht so schlimm ?. War ja auch kein Buchhalter.

      • Juliane Jantosch sagt

        Hab‘ ich doch gesagt, dass auch Martins vor meinen Augen Gnade finden, genauso wie Buchhalter und Betonburgen. Bin ja nicht so einseitig veranlagt und finde überall was Positives.

    • Ich habe auch nicht perse was gegen Martins, Buchhalter oder Betonburgen – die Kombi war einfach nichts das Richtige für mich. Ist schon irre, wie unterschiedlich die Ostsee im Gegensatz zur Nordsee ist. (Streckenweise mit dem Rad auch ganz schön anstrengend zu befahren, denke ich mir). Schönen Tag für Dich!

  4. Super geschrieben! Meine Nachbarn (ältere Herrschaften) waren im Juni in DEM Kalifornien im Urlaub. Hat ihnen nicht so gefallen „Nee, da war ja gar nichts los auf dem Campingplatz keine Menschen, keine geöffneten Restaurants…“. Für mich klang das ganz nett :). Aber beim Anblick des 70er Jahre Plattenbaukolosses mit dem trostlosen EDEKA weiß ich wieder, warum ich doch lieber den Osten oder die nordischen Nachbarn bevorzuge…

    • Die Enttäuschung Deiner Nachbarn kann ich zumindest in einem Punkt nachvollziehen – da gibts ein Eiscafé direkt am Strand mit den verrücktesten Öffnungszeiten, die ich je gesehen habe: 15.00 – 17.30 Uhr. Fand ich sowas von schräg in der Ferienzeit. Danke für Deinen Kommentar und liebe Grüße, Stefanie

      • erika stumm sagt

        Na,so schlimm fand ich die Strände aber nicht, und die Fotos schon gar nicht. Es kann ja nicht immer Oehe oder Drecht sein. Da haben Margrit und ich gestern sogar gebadet.Und Martins, gibt es die nicht überall? Übrigens sollten wir nicht mal gemeinsam vonFlensburg nach Usedom radeln? Kann ja auf ein paar Jahre erteilt werden. Ganz liebe Grüße Erika

        • Erika, wie witzig: ich habe intensiv an Dich gedacht in den letzten Tagen. (Wobei es vielleicht auch nicht so witzig ist; ich war an Omas Geburtstag in Dresden und als da mittags die Glocken läuteten, habe ich mir vorgestellt, was sie schon alles gesehen hat in ihrem Leben – und was sie wohl gerade macht). Flensburg – Usedom ist eine super Idee. Allerdings habe ich nur ein Hollandrad. Da muss ich mal drüber nachdenken. Ganz liebe Grüße, Steffi

  5. Luise Sindhu Schauenburg sagt

    Hallo Stephanie, gerade habe ich deinen Blog entdeckt. Schreib weiter so über die Probstei (rund um Schönberg). Wir sind nämlich gerade hierher gezogen und lieben unseren unberührten Strand von Stein bis Hohenfelde. Von mir sind es 4 km durch Felder zum Meer, und dann ist da nichts außer Meer und Sand. Idyllisch! In Schönberg würde ich auch nicht unbedingt Essen gehen; dafür ist die Tapas Bar am Strand von Laboe eine Wucht. … nur falls du nochmal in der Nähe bist.
    Danke für all die zusätzlichen Tipps; wir entdecken täglich neue schöne Ecken in S-H. Liebe Grüße, Sindhu

    • Liebe Sindhu, da hast Du´s aber fein getroffen. Hohenfelde habe ich hier ja auch schon mal (als Steinparadies :-)) beschrieben. Lass es Dir gut gehen da oben und vielen Dank für Deinen Kommentar, Stefanie

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